„Ich werde nie wieder Alkohol trinken", stöhnte ich, meinen Kopf gegen die angenehm kühle Scheibe von Emmas Truck lehnend. Die Schmerztablette, die ich eingeworfen hatte, wirkte nur bedingt gegen die Kopfschmerzen und gegen die Müdigkeit war sie sowieso machtlos.
„Ja, genau", Emma lachte auf. „Aber Mal im Ernst, du hast ja absolut nichts anbrennen lassen."
„Ich weiß", brummte ich. „War ich sehr peinlich?"
„Eher amüsant. Du konntest dich nicht mehr so super auf den Beinen halten und hast irgendwann auf dem Boden gelegen. Ich weiß nicht, ob freiwillig oder ob du hingefallen bist, jedenfalls hat Nate dich dann nach Hause gebracht."
„Mhm", machte ich wenig begeistert, „Da klingelt was."
Eine Weile herrschte Stille zwischen uns. Emma konzentrierte sich auf die Straße und ich versuchte wieder einmal vergebens, Nate aus meinem Kopf zu verbannen.
Er stand auf mich. Und das löste eine wahnsinnige Angst in mir aus. Und Überforderung. Dabei war ich ihm heute noch nicht einmal begegnet, wie sollte das dann erst werden, wenn er vor mir stand. Mein Magen zog sich bei dem Gedanken daran nervös zusammen.
Aber hatte ich nicht genau das gewollt? Dass er mich nicht so von oben herab behandelte, wie er es noch vor einer Woche getan hatte? Dass er sich mir öffnete? Ich erinnerte mich daran, wie ich mir bei dem allerersten gemeinsamen Abendessen mit ihm und Steve zum Ziel gemacht hatte, eine Regung aus ihm herauszukitzeln, die kein finsterer Blick war.
Jetzt hatte ich viel mehr als das.
Nur mit Mühe konnte ich ein frustriertes Stöhnen unterdrücken und schloss die Augen, in der Hoffnung so die vergangene Nacht für einen Moment vergessen zu können, doch genau das Gegenteil war der Fall.
Resigniert sah ich wieder auf die Straße, angestrengt auf die fahrbahntrennenden Streifen starrend, bis mir von dem Anblick schwindelig wurde.
Ich war mir noch nicht sicher, ob ich es gut oder schlecht finden sollte, dass Emma ihre Anordnung vom gestrigen Abend, mir Cowboystiefel zu kaufen, tatsächlich umsetzte. Einerseits war ich erleichtert gewesen, als ich sie mit ihrem Truck auf den Hof hatte fahren sehen, denn ich konnte mir nichts Schlimmeres vorstellen, als mich den ganzen Tag vor Nate zu verstecken und mir den Kopf über ihn zu zerbrechen. Andererseits wollte ich mir am liebsten meine Bettdecke über den Kopf ziehen und in Ruhe meinen Kater auskurieren.
Noch nie war ich früher auf die Idee gekommen, am Tag nach einer durchzechten Nacht shoppen zu gehen und Gott sei Dank tickte Olivia da genau wie ich. Wir hatten es lediglich zu einem kompletten Nachmittag vor dem Fernseher mit einer Menge fettigem Essen gebracht – aufregender würde es nie werden.
Schwerfällig drehte ich meinen Kopf zu Emma. „Wie kannst du so fit sein?"
„Übung, meine Liebe", verkündete sie lachend. „Was glaubst du, wie oft ich schon noch halb betrunken harte Stallarbeit oder sonst was machen musste. Dagegen ist dieser kleine Ausflug die reinste Entspannung. Und außerdem habe ich definitiv nicht so reingehauen, wie du."
Ich verdrehte die Augen. „Angeberin."
„Immerhin hast du gleich schon den Hinweg geschafft", versuchte Emma mich aufzuheitern.
Tatsächlich nahm die Häuserdichte allmählich zu und es dauerte nicht mehr lange, bis wir die Hauptstraße des kleinen Städtchens erreicht hatten. Mit Erstaunen stellte ich fest, dass es auf den Gehwegen beinahe von Menschen wimmelte. So gut besucht hatte ich es hier noch nie erlebt, aber ich war auch noch nie an einem frühen Samstagnachmittag hier gewesen. Dennoch war es für Emma kein Problem, schnell eine freie Parklücke zu finden, in die sie den Truck mühelos manövrierte.
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Backroads
Teen FictionFür Maylea scheint der bevorstehende Sommer der absolute Wahnsinn zu werden: Jede Menge Partys, Abenteuer mit ihrer besten Freundin und zum allerersten Mal kein öder Urlaub mit ihrer Mum. Doch die Ferien haben kaum begonnen, schon macht nur ein Ge...