Im Kuhstall stank es noch immer genauso abartig, wie vor drei Tagen, wenn nicht sogar schlimmer.
Dem Drang wiederstehend, meine Hand auf Mund und Nase zu pressen, bahnte ich mir einen Weg über all die plattgetretenen Strohhalme und Kotflecken, die den Boden der Stallgasse zierten und hielt währenddessen Ausschau nach meiner Tante. Ich fand sie ohne Probleme
Einige Meter von mir entfernt, lediglich getrennt durch die dunkelgrünen Metallstangen stand sie mit einer Mistgabel bewaffnet mitten im Stall, neben sich eine Schubkarre, in die sie schmutziges Stroh beförderte.
„Oh, nicht schon wieder", stöhnte ich laut genug, dass Sue mich hörte, sich zu mir umdrehte und ihre Arbeit einstellte. „Ich soll dir jetzt aber nicht dabei helfen, oder?"
„Na, was denkst du denn?" Sie stütze sich auf ihrer Mistgabel ab. „Hier erledigt sich nichts von selber."
„Habt ihr nichts anderes zu tun, als Ställe auszumisten?", wollte ich wissen. „Was machst du überhaupt hier? Musst du nicht arbeiten?"
„Donnerstags und freitags nur am Nachmittag."
„Wunderbar", murmelte ich.
„Also, wie sieht's aus? Solange du nur die Mistgabel zum Ausmisten benutzt, läufst du auch keine Gefahr, dich schmutzig zu machen. Hinter dir an der Wand steht noch eine."
Ich warf einen knappen Blick über meine Schulter, keine Anstalten machend, das Teil an mich zu nehmen.
„Komm schon, Maylea. Wenn du hier auf dem Land überleben willst, wirst du nicht darum herum kommen, mit Schmutz in Berührung zu kommen."
Der Aufmunterungsversuch meiner Tante klappte nicht. „Wer hat gesagt, dass ich hier überleben will?", entgegnete ich harsch.
Sue seufzte und stellte sich wieder gerade hin. „Ich kann verstehen, dass dir die Vorstellung, deinen gesamten Sommer hier zu verbringen, nicht besonders schmeichelt, aber glaub mir, am Ende wirst du hier nicht mehr wegwollen!"
Ich schnaubte. „Das bezweifle ich stark."
„Wir werden sehen." Sie zwinkerte mir zu. „Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Als ich deinen Onkel kennengelernt habe, hab ich dem ganzen Farmleben auch erst skeptisch gegenübergestanden und jetzt sieh mich an – ich könnte mir gar nicht mehr vorstellen, irgendwo anders zu wohnen. Die ganzen Massen und all die Hektik in Großstädten..." Schaudernd schüttelte Sue ihren Kopf. „Grauenvoll."
„Wenigstens hat man da immer etwas zu tun", konterte ich.
„Das hat man hier auch!"
„Abgesehen von Ställe ausmisten."
„Und das ist nicht so schlimm, wie es aussieht." Sue nickte mit dem Kinn hinter mich zu der Mistgabel. „Na los."
Es war so schlimm, wie es aussah. Nicht nur, dass ich nach fünf Minuten Rückenschmerzen bekam, weil ich die ganze Zeit leicht gebückt durch die Gegend lief, sondern auch, weil das aufgeweichte Stroh unter jedem meiner Schritte sabschte und zudem einen widerlichen Gestank absonderte, an den meine Nase sich partout nicht gewöhnte. Ich war zurück ins Haus gelaufen, bevor ich Sue zur Hand ging, um mir Gummistiefel anzuziehen und dabei so viel Zeit wie möglich totzuschlagen. Der Hühnerstall war eine Sache gewesen, aber Kühe produzierten so viel mehr Fäkalien, als ihre kleinen Artgenossen, dass mein Ekel über meine Eitelkeit gesiegt hatte. Nun stand ich also in einem Paar, das mir zu groß war und an meinen nackten Waden scheuerte, im Stall, um bloß kein Risiko einzugehen und befreite den Boden von dem vollgepissten und -geschissenen Stroh. Ich hatte das Gefühl, nicht das kleinste Bisschen voran zu kommen, während Sue schon gefühlt die Hälfte des Stalls ausgemistet hatte und dazu noch andauernd die Schubkarre zum Misthaufen schob. Sie schien mich überhaupt nicht zu brauchen
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Backroads
Teen FictionFür Maylea scheint der bevorstehende Sommer der absolute Wahnsinn zu werden: Jede Menge Partys, Abenteuer mit ihrer besten Freundin und zum allerersten Mal kein öder Urlaub mit ihrer Mum. Doch die Ferien haben kaum begonnen, schon macht nur ein Ge...