Nach dem Brücken- und Flussdebakel kamen wir eigentlich weitgehend schnell voran. Abgesehen von den kleineren Verzögerungen, weil Büsche einen nicht losließen, Flüche im Weg standen oder man ein Eichhörnchen exorzieren wollte … fragt einfach nicht, dann kann ich mir den Kopfschmerz ersparen, wie ich das erklären soll. Aber auf alle Fälle, weiß ich jetzt, dass Maki anscheinend kein Freund der kleinen Pelzknäuel ist. Na ja, wie gesagt, kamen wir gut voran und hatten auch fast den Gipfel erreicht. Es trennte uns nur noch eine ziemlich große, heruntergekommene Tempelanlage von unserem Ziel.
Da es hier Unmengen an Versteckmöglichkeiten für Flüche gab, beschlossen wir die Anlage langsam und mit viel Vorsicht zu durchqueren. Immerhin waren auch Flüche von Rang vier ziemlich gefährlich, wenn sie den Überraschungsmoment auf ihrer Seite hatten. So drosselten wir unser Tempo, sobald wir die Anlage betraten und sahen uns wachsam um. Die Farbe an den Gebäuden blätterte mittlerweile ab und man sah das morsche Holz darunter. Überall lagen Gesteinsbrocken in den unterschiedlichsten Größen, welche teilweise von Schlingpflanzen überwuchert waren, während Wände und Säulen von Spinnweben bevölkert wurden.
Wir traten in den Tempel, welcher beinahe vollkommen dunkel war. Nur einige schmale Fenster unter der Decke, welche bereits stark verstaubt und von Spinnweben verdeckt waren, ließen ein wenig Licht herein. In dem dämmrigen Licht erkannte man kaum etwas, bis auf den verstaubten, steinernen Altar in der Mitte des Raumes und die reich verzierten Säulen, welche diesen umgaben. Die Wände lagen völlig im Dunkeln. Wir umrundeten den Altar und betraten einen weiteren Raum, der durch ein Deckenfenster in ein graues Licht getaucht wurde. Trotz der Tatsache, dass der Raum recht groß war, mussten wir uns, aufgrund der vielen Tische, Regale und Statuen, die überall herumstanden, irgendwie hindurchschlängeln. Erst als wir zu einem weiteren Durchgang kamen, wurde der Krempel etwas weniger und brachte mir den nächsten Herzinfarkt am heutigen Tag.
Mit einem Aufschrei sprang ich einen Meter nach links und somit volle Kanne in Yuta hinein, der es irgendwie gemanagt bekam, dass er und ich nicht mit unserem Allerwertesten auf dem dreckigen Boden landete. Dafür hielt er eine meiner Schultern und einen meiner Oberarme umklammert und verhinderte, dadurch, dass er einfach in meinem Rücken stand und mich hielt, dass ich dem Ding, das mir solche Angst einjagte, nicht weiter entfliehen konnte. Alarmierte schauten sich alle zu mir um. „Was ist passiert?“, fragte Maki bereit einem Fluch den Gar auszumachen. „Da ist eine riesige Spinneeeee!“, jammerte ich wie ein Kleinkind und zeigte auf das braune Vieh, das sich etwa fünf Meter von mir entfernt in Richtung Boden abseilte und die Größe meiner Handfläche hatte. „Dein Ernst?“, kam die Frage von Maki mit dem entsprechenden Blick dazu, woraufhin ich energisch erwiderte: „Ja, was soll ich denn machen?! Ich bin auch nur ein normaler Mensch mit Ängsten! Und ich habe nun mal Angst vor Spinnen!“ Genervt stieß Maki die Luft aus und machte sich strammen Schrittes auf in den nächsten Raum, gefolgt von dem Rest meiner Mitschüler.
„Keine Sorge, ich passe auf, dass dich keine von den bösen Spinnen frisst“, lächelte mir Yuta entgegen und tätschelte mir den Kopf, ehe er sich ebenfalls daran machte, den anderen zu folgen. Irritiert hob ich eine Augenbraue, bevor ich ihm hinterhereilte und mit zusammengezogenen Augenbrauen meinte: „Ich bin älter als du, also rede nicht mit mir als wäre ich fünf.“ „Wie alt bist du denn, wenn ich fragen darf?“, klinkte sich plötzlich Yuji ein und ich sah überrascht zu ihm. „Fünfundzwanzig“, antwortete ich leicht überrumpelt, woraufhin Yuji mir entgegenlächelte: „So siehst du gar nicht aus. Ich hätte dich höchstens auf zwanzig geschätzt.“ Blinzelnd wollte ich mich etwas irritiert bedanken, da kam mir Nobara dazwischen: „Pah, du bist ein echter Schleimer, weißt du das?“ „Gar nicht wahr!“, dementierte Yuji sofort, woraufhin ich ein hohes, zweifelndes „Naaaaaaa“ erklingen ließ und als mich Yuji ansah, einwarf: „Doch. Etwas schon.“ „Wirklich?“, erkundigte sich Yuji noch einmal zweifelnd und sofort kam der Reihe nach von Yuta, Maki und Toge: „Ja, irgendwie schon“, „Definitiv“, „Lachs“, während Panda zustimmend nickte.
„Oh“, entkam dem Blonden, in dem Moment als wir wieder aus dem Tempel ins Sonnenlicht traten.
Geblendet schirmte ich mir die Augen mit der Hand ab, während ich über das Gespräch kicherte. Der Junge war aber auch einfach zu niedlich. Er erinnerte mich manchmal an einen Hundewelpen, der von einen Wassernapf in den nächsten tapste. „Da ist das Ziel!“, rief Nobara plötzlich aus und zeigte auf ein Torii, welches am Ende einer steilen Steintreppe stand. „Na, dann los!“, rief ich euphorisch mit einem Fuß bereits auf der Treppe, „Endspurt!“ Ohne zu sehen, ob man mir folgte, begann ich den Aufstieg. Aber zum Glück folgte man mir auch ohne Aufforderung im Laufschritt.
Als die zwei Schnellsten kamen Yuji und ich mit etwas Vorsprung vor den anderen oben an. Nur zu unserem großen Bedauern waren wir nicht die ersten. „Auch endlich da?“, klatschte Mai uns eiskalt ins Gesicht als Yuji und ich auch die letzte Stufe erklommen hatten. Ich ließ meinen Blick einmal über die Mannschaft der Kyoto-Schule schweifen und musste leidlich feststellen, dass alle sieben Schüler anwesend waren. Schnaubend drehte ich mich zurück, um meinen Mitschülern beim Ankommen zuzusehen und ich konnte bei jedem sehen, wie sich die Gesichtszüge verhärteten als ihnen klar wurde, dass unsere Gegner schneller waren. „Was zieht ihr denn alle so ein Gesicht? Jetzt steht es immerhin unentschieden“, lächelte Mai scheinheilig und zupfte an einer Haarsträhne. „Oh ja. Freude“, erwiderte ich sarkastisch und begann einfach aus Trotz bereits den Abstieg. „Nur weil ihr verloren habt, müsst ihr uns doch nicht gleich die kalte Schulter zeigen!“, hörte ich Mai noch rufen, ignorierte sie aber gekonnt. Ebenso wie meine Mitschüler.
Auf dem Rückweg war Megumi dann so nett und ließ uns von Nue über den Fluss und die Schlucht fliegen, was bei weitem komfortabler war als beim Hinweg. Bei unserem Startpunkt wurden wir bereits von Satoru erwartet, der uns aufmunternd auf die Schultern klopfte und beteuerte, dass wir uns trotzdem sehr gut geschlagen hatten. Als wir wieder am Schulcampus ankamen, war es ohnehin schon Zeit für das Abendessen, welches die ganze Tokyo-Mannschaft schweigend verzehrte, ehe sie sich in die Federn schmiss .
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Lass mich dich nicht lieben
FanfictionFluch. Laut Wörterbuch unter anderem definiert als Strafe, Unheil oder Verderben. Eine recht zutreffende Beschreibung, wenn man plötzlich das neue Studienobjekt von Sukuna, dem König der Flüche, ist. Denn genau das passiert Amaya Tojiro. Gerade war...