52. Versteh einer Sukuna ... oder meine Gefühlswelt

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Meinen dezent ungläubig offenstehenden Mund wieder zuklappend meinte ich leicht verschüchtert: "Danke." Natürlich schoss mir dabei das Blut ins Gesicht, sodass ich auch ja wie ein kleines Schulmädchen wirkte. Wie ich das hasste. Um meine Tomatenfarbe wenigstens ein wenig zu kaschieren, senkte ich schleunigst den Kopf, wodurch mir die Haare ins Gesicht fielen. "Iss fertig. Wir haben heute noch was vor", bekam ich daraufhin nur zu hören und ich sah überrascht zu Sukuna. WIR haben heute noch was vor? Mir gefiel das gar nicht, wenn WIR heute noch etwas vorhatten. Der Tonfall implizierte nämlich Sukuna und ich ... und zwar NUR Sukuna und ich ... und das war das, was ich unter gar keinen Umständen wollte. Das würde sowohl mein Kopf als auch mein Herz nicht überleben.

Bevor ich allerdings weiter darüber philosophierte, wie ungerne ich etwas mit dem Fluch unternehmen wollte, erwiderte ich schnell: "Äh, ja ... natürlich", bevor ich mich wieder auf den Stuhl setzte und mein Frühstück zu Ende aß ... beobachtet von fünf anderen Personen. Das war wirklich eine ganz besondere Erfahrung. Am Ende war ich so genervt, dass ich am liebsten einfach alle angefaucht hätte, sie sollten sich ein Hobby suchen, damit sie mich nicht ganze Zeit anglotzen mussten. Doch in Anbetracht der Tatsache, was mir das letzte Mal passiert war als ich Sukuna angefahren hatte, ließ ich es lieber bleiben.

„Meinetwegen können wir los", seufzte ich schließlich, während ich die leere Schüssel in die Spüle stellte und mich wieder zu Sukuna drehte. Allerdings schaute ich nur auf einen leeren Stuhl. Wo war der Kerl jetzt schon wieder hin? Die Wohnung war immerhin nicht so groß als das eine Person einfach spurlos verschwinden konnte ... und trotzdem schaffte der Fluchkönig immer wieder das Unmögliche. Genervt plumpste ich zurück neben Mahito, der sich in der Zwischenzeit ein neues Frühstück gemacht hatte, und grummelte: „Immer, wenn man ihn nicht braucht, ist er da und wenn man dann einmal was von ihm will, ist er weg. Typisch Mann." Hey!, maulte Raiju. Du weißt, dass ich dich nicht miteinschließe. Ich weiß ja nicht mal, was du eigentlich bist, also nimm es nicht zu persönlich. Raiju stieß noch ein Grummeln aus, blieb aber ansonsten still, weshalb ich weiterhin die einzige Möglichkeit beobachtete, welche Sukunas Verschwinden erklärte. Nämlichen den Gang.

„Er ist eben der König der Flüche. Und als dieser macht er nun mal, was er will", erklärte mir der grauhaarige Fluch zufrieden sein Essen mampfend, was dazu führte, dass ich ihm einen gelangweilten Blick zuwarf und ihm entgegenbrummte: „Erzähl mir mal etwas, was ich noch nicht weiß." Danach starrte ich wieder in den leeren Gang und beachtete Mahitos verwirrten Blick nicht weiter. Ja, wenn es etwas gab, was ich über Sukuna wusste, dann, dass er immer das machte, was ihm gerade gefiel. Das hatte er mir immerhin mehr als nur einmal deutlich gemacht.

Nachdem ich noch einmal in den Tiefen meiner Gedanken versunken war, stand plötzlich Sukuna wieder vor mir. „Fertig?", fragte er mich und ich fokussierte blinzelnd wieder. Während ich aufsah, musterte ich den Fluch vor mir, wie er in den blauen Jeans und den schwarzen Schuhen steckte und sich die Ärmel seines weißen Hemdes bis zu den Ellbogen sorgfältig aufschlug. Völlig überwältigt von dem Anblick, klappte mir ungewollt der Mund auf, während meine Wangen einen dunklen Rosaton annahmen. Gott, warum musste ein gutaussehender Mann eigentlich in einem Hemd noch einmal besser aussehen als ohnehin schon?

„Ich deute dein Schweigen als Zustimmung", stellte Sukuna schließlich mit dem Anflug eines wissenden Grinsens fest, woraufhin ich meinen Mund zuschnappen ließ und stotterte: „J-ja, i-ich ... äääääh ..." Als mir klar wurde, dass aus meinem Mund heute kein sinnvoller Satz mehr kommen würde, murmelte ich einfach mit gesenktem Kopf: „Ich sollte aufhören zu reden." Hat nur noch gefehlt, dass du anfängst zu sabbern, kommentierte die belustigte Stimme von Raiju. Ruhe auf den billigen Plätzen! Das war so schon peinlich genug!

Als ich keine Anstalten machte aufzustehen, seufzte Sukuna und keinen Moment später tauchte seine Hand in meinem Blickfeld auf. Irritiert blickte ich auf die dargebotene Hand und sah wiederholt zu Sukuna, welcher mir vollkommen ernst entgegenschaute. Das war mal was Neues. Leicht unsicher griff ich nach der Hand und wurde prompt hochgezogen, nur um dann gegen Sukuna zuknallen, was mir natürlich noch einen Batzen Farbe ins Gesicht zauberte. So langsam ging ich mir selbst mit meinen mädchenhaften Reaktionen auf die Nerven. Aber das war eher ein unterschwelliges Gefühl, da ich ja gerade mehr mit meiner mädchenhaften Reaktion beschäftigt war.

Mit hochrotem Kopf wand ich meine Hand aus dem Griff des Fluches und trat einen Schritt zurück, um wieder einen angemessenen Abstand zwischen uns zu bringen. „Entschuldigung", murmelte ich mit gesenktem Kopf, woraufhin Sukuna einen abfälligen Laut ausstieß und mich anbrummte: „Hör auf, dich für Dinge zu entschuldigen, für die du nichts kannst." Gleichzeitig schnappte er sich mein Handgelenk und zog mich in Richtung Wohnungstür. Verwirrt stolperte ich dem Fluch nach, bis es mich im Stiegenhaus fast die Treppen hinunterhaute. Ab diesem Zeitpunkt folgte ich Sukuna dann in zügigem Tempo von alleine.

Zielstrebig bog der Fluch nach links ab und tauchte mit mir im Schlepptau in die geschäftigen Massen Tokyos ein. Leicht unruhig sah ich mich um, ehe ich mich auf Sukunas Höhe setzte und ihn fragte: „Ist es wirklich eine gute Idee, mitten am Tag auf offener Straße rumzurennen?" Mit einem belustigten Grinsen auf den Lippen sah mich der Fluch an, während in seinen Augen ein amüsiertes Funkeln aufleuchtete, dass bei mir das Bedürfnis auslöste, sofort zehn Meter Abstand zu nehmen. Doch ich kam gar nicht dazu diesem Bedürfnis nachzugeben.

Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, da stand ich in einer Seitengasse mit dem Rücken gegen eine Hauswand gelehnt. Links und rechts stützten sich Sukunas Hände an der Mauer ab, während der Fluch mir mit einem undefinierbaren Blick gegenüberstand, wodurch ich keinerlei Chancen hatte zu fliehen.

Lass mich dich nicht liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt