9. Ähm ... was geht gerade ab?

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Ich bemerkte zu spät, dass Sukuna sich auf mich zubewegte. Erst als er vor mir hockte und meinen Kopf zu sich drehte, bestand meine Welt nicht mehr aus den Augen der Leiche. Aus Angst, dass mich auch ein ähnliches Schicksal wie das der Frau erleiden könnte, begann ich erneut zu schreien und drückte mich mit zusammengekniffenen Augen noch weiter an die Wand. "Sieh mich an", forderte der Blonde ruhig und ich tat umgehend, was mir gesagt wurde. Der Kerl war unberechenbar. Lieber tun. "Und hör auf zu schreien", kam genervt hinten nach. Unmittelbar stellte ich das Schreien ein, begann jedoch stattdessen zu hyperventilieren. Hektisch atmete ich jedes bisschen Luft ein, während ich Sukuna in die roten Augen sah. "Komm wieder runter", meinte er in einem emotionslosen Ton und überraschenderweise wurde meine Atmung mit jedem Atemzug ruhiger.

Als ich wieder einigermaßen normal Luft holte, stand er wieder auf und widmete sich dem letzten Wohnungsbewohner. Er ging in den Raum, der sich dem Wohnzimmer gegenüber befand. Am Fuß einer Kücheninsel lag ein schwarzhaariger Mann. An seinem Hinterkopf sammelte sich eine Blutlache. Sukuna packte das Hemd des Mannes und setzte ihn auf, wobei er an der Wand der Kücheninsel eine Blutspur hinterließ. Er legte dem Mann zwei Finger an den Hals. Er wartete etwas, ehe er seine Hand sinken ließ und beinahe enttäuscht feststellte: "Menschen sind so zerbrechlich." Dann umgriff er den Oberarm des Leichnams und riss ihn von dem Oberkörper. Wimmernd vergrub ich mein Gesicht in meinen Armen, die ich auf meinen angezogenen Knien abgelegt hatte und hoffte einfach, dass es bald vorbei war. Aus der Küche erklang weiterhin ein Knacken und reißen. Sukuna nahm anscheinend die Leiche komplett auseinander.

Ich hatte kein Zeitgefühl mehr als irgendwann eine Stimme ertönte, die mir ganz wage bekannt vorkam: "Es reicht." "Hat ja ganz schön lange gedauert", erwidere die höhnische Stimme Sukunas. Nein, bitte nicht noch jemand, der leiden muss. Es war kurz still, ehe ein Schluchzen ertönte. Irgendjemand schien zu weinen, aber ich glaubte kaum, dass es Sukuna war. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich mich an der Wand auf die Beine kämpfte und dann um die Ecke in die Küche sah. Ich hätte beinah schon wieder zu schreien begonnen. Die ganze Küche war blutverschmiert und überall lagen Körperteile herum. Ich musste meinen Brechreiz zurückkämpfen als ich einen Teil des Darms hinter der Kücheninsel hervorschauen sah. Allerdings wurde meine Aufmerksamkeit schnell von einer zusammengekauerten, zitternden Gestalt gefangen genommen. Es war Sukuna ... oder nicht? Irgendetwas war anders. Die Aura der Gefahr, die ihn für gewöhnlich umhüllte, schien zu fehlen.

Langsam näherte ich mich dem zitternden Körper und streckte meine eigene zitternde Hand nach ihm aus. Als sie auf seiner Schulter zum Liegen kam, sah mich ein Tränen überströmtes Gesicht an. Die Tätowierungen waren verschwunden und das Gesicht hatte seine harten Züge verloren. Das war nicht Sukuna. Das war der Junge aus dem Restaurant. Wie hieß er noch gleich? Yuji. Kann es sein, dass du ein Fotographisches Gedächtnis hast? Wie kannst du dir das merken? Was soll ich sagen?, kam verlegen zurück. In einer anderen Situation hätte ich vermutlich grinsend den Kopf geschüttelt.

„Yuji", sprach ich den Jungen an. Er sah mich leicht überrascht an, ehe er mit brüchiger Stimme fragte: „H-hat dir das ... Raiju gesagt? ... Meinen Namen, meine ich." Ich bestätigte, woraufhin er verstehend nickte. Er atmete ein paar Mal durch, dann hievte er sich leict schwankend auf die Beine und meinte: „Sehen wir zu, dass wir zurück zur Schule kommen. Da kann man dir bestimmt auch ein wenig mit ... na, du weißt schon ... helfen." Er sah ein wenig verlegen aus, allerdings war ich ohnehin viel zu geschockt von den Geschehnissen, weshalb ich einfach nur tranceartig nickte. Ihr braucht nämlich nicht zu glauben, dass ich verstand, was Yuji mir sagen wollte. Das tat ich nämlich nicht im Geringsten. „Dann los", wollte Yuji schon los, doch ich hielt ihn auf: „Warte. Willst du wirklich so in die Öffentlichkeit gehen?", und deutete auf sein blutbeflecktes Erscheinungsbild. Er sah an sich herunter und kratzte sich den Hinterkopf. Er schien nicht zu wissen, was er jetzt tun sollte. Naw, er war ja richtig knuffig, wenn er so verloren dastand ... fast wie ein Plüschtier. Konzentrier dich! Tschuldigung.

Ich schüttelte kurz den Kopf, ehe ich leicht stockend meinte: "I-Ich glaube, die Sachen von dem ... Mann müssten dir passen ... Such das Bad und geh dich waschen, ja? Ich such ein paar Sachen für dich raus." Etwas überrumpelt nickte Yuji und ich machte mich daran das Schlafzimmer zu suchen, um ihm etwas zum Anziehen zu suchen, das noch keine Blutflecken hatte. Ich fühlte mich echt unwohl in den Sachen von Fremden herumzuwühlen, aber sie waren tot, also würde es ihnen kaum etwas ausmachen. Mir kamen die Bilder der toten Frau in den Kopf und mir wurde erneut übel ... Nein ... definitiv zu früh für solche Aussagen.

Ich versuchte einfach zu verdrängen, dass in der Nähe drei Leichen lagen und suchte weiter. Nach zwei Minuten hatte ich schließlich das Schlafzimmer mit dem Kleiderschrank gefunden. Schnell fischte ich ein Hemd heraus und ging auf das Geräusch von laufenden Wasser zu. Vor der Badezimmertür blieb ich stehen und klopfte an die Tür, ehe ich sie einen Spalt öffnete und meine Hand mit dem Hemd durchstreckte. "Äh .... danke", kam leise und mir wurde das Hemd aus der Hand genommen. Ich schloss die Tür wieder und wartete, dass Yuji fertig wurde.

Nach nicht einmal zwei Minuten trat der Blonde aus dem Bad. Er hatte die Ärmel umgeschlagen und hochgekrempelt. Das Hemd schien ein wenig zu groß. Ups ... da hatte ich mich wohl ein bisschen verschätzt. "Können wir?", fragte Yuji, während er seinen Hoodie zusammenrollte und sich unter den Arm klemmte. "Ja, ich denke schon", meinte ich leise und sah noch ein letztes Mal zurück in die Wohnung. Ich folgte Yuji das Stiegenhaus hinunter, zur U-Bahn und schließlich zu einer Treppe, die einen Berg hochführte. Entgeistert sah ich zu Yuji. "Du willst mich verarschen, oder?" Er war schon drei, dieser wirklich, wirklich, WIRKLICH flachen Stufen hochgestiegen als er stehen blieb und sich zu mir umdrehte. Überrascht blickte er mich an, bevor er zu lachen anfing. Der lacht mich aus. Er lacht dich aus, bestätigte Raiju nochmals. Der lacht mich einfach aus. Als ich ihn weiterhin einfach nur wie bedeppert anschaute, beruhigte er sich und meinte: "Vertrau mir. Das ist nur halb so schlimm, wie's aussieht." Daraufhin hatte ich einfach nur einen Jungchen, sehe ich so aus als wäre ich fit?-Blick für ihn übrig und begann genervt die Stufen hoch zu schlurfen. Wenn es etwas gab, das ich mehr hasste als eine Unmenge an Stufen, dann war es eine Unmenge an FLACHEN Stufen.

Lass mich dich nicht liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt