Behindert durch diverse umfallende Objekte, musste ich mich schließlich widerwillig geschlagen geben. "Das war echt unfair", suderte ich den Fluch keuchend und schnaufend an als wir wieder bei dem Gebäude ankamen, in welchem sich die Wohnung befand. Sukuna blickte mit einem süffisanten Grinsen auf mich hinab. „Aber ich habe gewonnen", grinste er mir mit diesem nervigen Funkeln in den Augen entgegen. „Ja, weil du geschummelt hast", warf ich dem Blonden vor, welcher einen Schritt auf mich zu machte und meinte: „Du hast nie festgelegt, was bei dem Rennen erlaubt ist." „Ich dachte eigentlich, dass das offensichtlich wäre", giftete ich den Fluch an, der einfach weiter amüsiert vor sich hingrinste, „Aber anscheinend war es das nicht." Patzig verschränkte ich die Arme und drehte mich von Sukuna weg.
„Dann musst du die Regeln das nächste Mal einfach klarer auslegen", bekam ich daraufhin zurück. Allerdings war mir Sukuna dabei so nah, dass ich spürte, wie sein Atem über meine Wange strich. Ungewollt überlief mich ein Schauer. Um etwas Abstand zu bekommen, drehte ich mich wieder zu ihm und machte so gleichzeitig einen Schritt zurück. „Ich werde es mir merken. Aber man kann seine Freundin ab und zu auch gerne einmal gewinnen lassen", erwiderte ich, während mein Herz mir bei meinem zweiten Satz bis zum Hals schlug. Sukuna hob skeptisch eine Augenbraue und verschränkte nun seinerseits die Arme. „Und wer hat gesagt, dass du meine Freundin bist?", fragte er monoton, woraufhin ich meine Arme fallen ließ und mein Gegenüber angrinste: „Das, mein Lieber, warst du." In Sukunas Gesicht trat völlige Verwirrung. Ich genoss es gerade sehr, dass einmal nicht ICH die Verwirrte war. Noch während Sukuna versuchte meine Aussage nachzuvollziehen, drehte ich mich grinsend um und meinte gelassen: „Ich weiß ja nicht, was du jetzt tust, aber ich für meinen Teil werde mir ein paar Sachen aus meiner Wohnung holen. Du kannst ja gerne hier Wurzeln schlagen." Innerlich führte ich gerade einen Freudentanz auf. Ich hatte es geschafft, Sukuna, den König der Flüche, sprachlos zu machen.
Ich war schon gute zwanzig Meter vorausgegangen, da holte der Fluch wieder auf und fragte mit seiner üblichen neutralen Stimme: „Wie meinst du das? Ich habe nie gesagt, dass zwischen uns was läuft." „Nicht direkt vielleicht", lächelte ich den Fluch wie die Unschuld in Person an, „Indirekt hast du da allerdings etwas anderes anklingen lassen." Sukuna sah mich so verständnislos an, dass ich am liebsten zu lachen angefangen hätte. „Du solltest dich nächstes Mal eventuell klarer ausdrücken", warf ich dem Fluch mit einem selbstgefälligen Grinsen vor. Sukunas belämmerten Blick bekam ich leider nicht mehr mit, da ich viel zu sehr damit beschäftigt war, wie ein Kleinkind zu grinsen, dass seine Eltern zu einem Ausflug in den Zoo überredet hatte.
Erst Sukunas ergebenes Ausatmen erfasste ich wieder ... aber auch nur weil er mir gleichzeitig einen Arm über die Schultern legte. Irritiert sah ich zu dem Blonden. „Was soll das werden?", erkundigte ich mich misstrauisch. Der Fluch sah die paar Zentimeter zu mir hinunter und erklärte mir: „Wenn du uns schon eine Beziehung andichtest, dann verhalten wir uns auch so." Während er mir einmal durch die Haare wuschelte, wobei ich hoffte, dass er sich halb den Arm ausgekugelt hatte, hob ich skeptisch eine Augenbraue. Wir? Was war denn jetzt plötzlich kaputt gegangen, dass hier von einem „wir" die Sprache war? Ich schaute Sukuna noch einen Moment an, ehe ich ausatmete, Sukunas Hand von meinem Kopf wegscheuchte und meinte: „Gut, dann solltest du wissen, dass ich es auf den Tod nicht ausstehen kann, wenn man mir durch die Haare wuschelt." Ich blickte in das Gesicht des Fluches und setzte noch ein extra provokantes „Schatz" hinten dran. Daraufhin lehnte ich mich kurzerhand leicht an den Fluch und wandte mich mit einem selbstzufriedenen Grinsen wieder nach vorne. „Was habe ich mir da nur eingebrockt?", hörte ich ihn nur leise murmeln. Vermutlich war das nicht für meine Ohren bestimmt, doch ich kam nicht umhin mich dasselbe zu fragen.
Normalerweise hätte ich vermutlich zehn oder fünfzehn Minuten zu meiner Wohnung gebraucht. In dem Tempo, in dem sich Sukuna und ich uns fortbewegten, brauchten wir gut die doppelte Zeit. An der Eingangstür des Wohngebäudes angekommen, stockte ich. Na klasse, mein Hirn war auch ein einziges bodenloses Loch. Vor der Tür stehend donnerte ich mir einmal die Hand gegen die Stirn. „Ich bin wirklich eine Genialität sondergleichen", grummelte ich in meinen nichtvorhandenen Bart. „Du hast die Schlüssel nicht mit, oder?", riet Sukuna und traf genau ins Schwarze. „Die liegen in meinem Zimmer in Kyoto", bestätigte ich mit einem Gesicht als würde mir meine eigene Dummheit körperliche Schmerzen zufügen. „Dann können wir ja wieder gehen", verkündete Sukuna und drehte sich schon zum Gehen um. Doch noch bevor er einen Schritt tun konnte, schnappte ich mir sein Hemd und zog ihn zurück. „Nix da, unter meiner Fußmatte liegt ein Ersatzschlüssel", meinte ich entschlossen und bekam einen skeptischen Blick von Sukuna ab: „Und wie willst du zu deiner Fußmatte kommen?" Ich trat an die Tür heran und grinste den Fluch siegessicher an: „Indem ich meine Nachbarin bitte mir die Tür aufzumachen."
Voller Selbstbewusstsein drückte ich auf die Klingel meiner Nachbarin und wartete. Eine Sekunde. Zwei Sekunden. Dreißig Sekunden. Eine Minute. Zwei Minuten. „Wie war das?", erkundigte sich mein Begleiter mit spöttischem Unterton. „Ach halt doch deine Klappe", brummte ich nur und klingelte stattdessen bei einer jungen Familienmutter, die einen Stock über mir wohnte. Keine Minute später ertönte bereits eine leicht gestresste Frauenstimme: „Ja, bitte?" „Hier ist Amaya. Ich wohne einen Stock unter Ihnen und habe leider meine Schlüssel verloren. Könnten Sie mir bitte die Tür herunten öffnen? Das wäre wirklich sehr freundlich", erklärte ich die etwas abgeänderte Variante meiner Situation. „Oh, ja, natürlich", erklang die junge Frau und wurde dabei fast von Kindergeschrei übertönt. „Vielen Dank. Sie retten mir das Leben", erwiderte ich noch schnell dankbar, bevor die Mutter auflegte. Keine Sekunde später surrte die Tür und ich zog sie auf. „Ha, drinnen", grinste ich Sukuna an, welcher mir augenverdrehend die Tür aufhielt und mir in das Stiegenhaus folgte.
Vor meiner Wohnungstür angekommen, hob ich meine Fußmatte hoch und fischte meinen Ersatzschlüssel darunter hervor. Ich schloss auf und ließ Sukuna zuerst in die Wohnung, dann zog ich den Schlüssel wieder ab und schloss hinter mir wieder ab. Ich verzichtete nämlich herzlichst auf Leute, die einfach so hereinplatzten.
Die Wohnung war nicht groß, aber sie reichte mir. Ich hatte eine kleine, offene Küche, neben der sich gerade so ein Esstisch ausging, auf dem man mit etwas kuscheln vier Personen unterbringen konnte. Das Schlafzimmer war genauso klein und vollgestellt, mit einem Kasten, einer kleinen Kommode, einem Bett und einem kleinen Nachtkästchen. Und dann hatte ich noch ein Bad, in das man eine Dusche und ein Waschbecken gepfercht hatte. Ich hatte ein paar Pflanzen und Bilder in der Wohnung verteilt, damit sie nicht nur von Möbeln dominiert wurde. Allerdings wirkte sie dadurch noch etwas kleiner als sie eigentlich war.
Alles sah aus als wäre ich erst heute Morgen gegangen. Etwas unordentlich, aber nicht unaufgeräumt. Nur die dünne Staubschicht, die sich auf den Flächen und der Zeitung abgelegt hatte, verriet einem, dass ich länger nicht mehr zuhause war. Seufzend legte ich den Schlüssel auf die Arbeitsfläche der Küche und ging dann in mein Zimmer. Dort holte ich aus dem Kasten einen Rucksack, sowie ein paar Klamotten. Die stopfte ich möglichst faltenlos, was nahezu unmöglich war, hinein und trug das Ganze dann wieder ins Esszimmer, wo ich den Rucksack einfach auf den Esszimmertisch stellte. Mein nächster Weg führte mich ins Bad. Dort schnappte ich mir meinen Kulturbeutel und schmiss Zahnbürste, Zahnpasta und was mir sonst noch so als notwendig erschien, hinein. Das stopfte ich dann ebenfalls in den Rucksack. Während ich ein leeres Portemonnaie mit Geld füllte, weil mein anderes ja in meinem Schülerzimmer in der Tokyo Tech rumkugelte, meinte Sukuna: „Eine schöne Wohnung." Ich sah nur kurz zu dem Fluch, der am Türrahmen lehnte und mir zusah. „Danke", erwiderte ich kurzangebunden und beendete meine Tätigkeit, um das Portemonnaie ebenfalls in den Rucksack zu stecken. Doch ich wurde durch das Klacken des Türschlosses gestoppt.
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Lass mich dich nicht lieben
FanfictionFluch. Laut Wörterbuch unter anderem definiert als Strafe, Unheil oder Verderben. Eine recht zutreffende Beschreibung, wenn man plötzlich das neue Studienobjekt von Sukuna, dem König der Flüche, ist. Denn genau das passiert Amaya Tojiro. Gerade war...