41. Hindernis über Hindernis

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Gerade so erwischte ich im Fall ein Brett der Brücke, an welches ich mich klammerte. Über mir sahen alle erschrocken zu mir nach unten, wie ich da an der Steilwand, an die Brücke geklammert hing und einfach hoffte, dass das Brett, an dem ich mich festhielt, nicht auch noch versagte. Ich warf einen Blick nach unten und mir wurde beinahe schlecht als ich sah, dass es trotz der Tatsache, dass ich etwa an der unteren Hälfte der Brücke hing, noch ein gutes Stück nach unten war. Schnell wandte ich mein Gesicht wieder der Felswand zu und atmete einmal tief durch. Fliegen können wäre jetzt äußerst praktisch, aber das war ja leider eine Fähigkeit, die ich nicht besaß.

Meinen Mut zusammennehmend versuchte ich mich an dem Brett hochzuziehen und nach dem nächsten zu greifen. Doch natürlich konnte das nicht einfach so funktionieren. NEIN, das Brett musste ganz klar auf einer Seite ausbrechen, sodass ich mit einem Aufschrei noch etwas weiter nach unten rutschte und mich verzweifelt an das nächstbeste Brett klammerte. Das ist der schlimmste Tag meines ganzen Lebens.

Mit pochendem Herzen sah ich noch einmal nach oben, wo sich meine Kameraden mittlerweile abgewandt hatten und heftig diskutierten. War ja schön und gut, aber etwas Hilfe wäre auch nett. Als die Brücke an der Wand erneut zu schaukeln begann, quietschte ich auf und kniff die Augen zusammen. Ja, ich weiß, das hilft mir in meiner Lage nicht, aber wenn ich hier draufging, musste ich mir das ja nicht mitansehen, oder? Nur nebenbei vernahm ich die lauter werdenden Stimmen der anderen, was mich aber zurzeit herzlich wenig interessierte. Erst als ich ein Knarzen wie von Holz kurz über mir ausmachte, öffnete ich die Augen. Das Geräusch wurde lauter und ich sah leicht nach oben. Ich blickte zwar nur auf eine Hand, aber das Handgelenk mit den zwei schwarzen Streifen, welches sich in meinem Blickfeld befand, ließ mich sofort jegliches Denken einstellen.
Meine Augen glitten an dem dazugehörigen Arm hinauf, bis ich in Sukunas rote Augen sah. Was will denn der Kerl jetzt schon wieder? Ich starrte eine gefühlte Ewigkeit in die roten Iriden, aber da mich Sukuna nicht genervt anschnauzte, konnte es wohl nicht so lange gewesen sein. Mein Blick ging wieder hinunter zu der Hand und ohne wirklich darüber nachzudenken, ergriff ich sie. Haltet mich für bescheuert, aber wenn ich ehrlich war, schien mir Sukuna doch eine bei Weitem bessere Wahl als der Sturz in den Abgrund.

Mit einem Ruck wurde ich nach oben gezogen und ich klammerte mich instinktiv wie ein Äffchen an Sukuna fest. Während der Fluch mit mir wieder nach oben kletterte, versteckte ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Ich konnte gut und gerne darauf verzichten, noch einmal in den Abgrund zuschauen. Außerdem war ich mit Sicherheit puterrot und das musste wirklich niemand mitbekommen.

Als wir oben ankamen, ließ ich mich zu Boden gleiten und beobachtete, wie die Linien auf Sukunas Gesicht verschwanden. “Was sollte das?!”, fuhr Nobara Yuji an, kaum dass er wieder er selbst war. „Ich weiß nicht“, murmelte Yuji völlig neben der Spur, „Es ist einfach so passiert.“ Das waren bestimmt die Dinge, die jetzt alle unbedingt hören wollten. „Was tut das zur Sache. Die Hauptsache ist doch, dass ich noch lebe und wir weiterkönnen, um unseren Titel zu verteidigen“, mischte ich mich ein und hoffte so vom eigentlichen Thema ablenken zu können. Einerseits, damit Yuji nicht unter diesem Erklärungszwang stand und sich selbst einmal über die Geschehnisse klar werden konnte und andererseits, damit ich nicht versuchen musste, zu erklären, warum es dem König der Flüche nicht völlig schnuppe war, wenn ich draufging. Vor allem, weil ich dafür nämlich selbst keine Erklärung hatte.
„Maya hat recht. Wir sollten sehen, dass wir weiterkommen. Das eben hat uns wahrscheinlich einiges an Zeit gekostet“, sprang Panda darauf an und ich hätte beinahe erleichtert ausgeatmet, wenn das nicht so auffällig gewesen wäre. Maki warf Yuji noch einen misstrauischen Blick zu, ehe sie sich mit einem „Na gut“ umdrehte und damit den Weitermarsch ankündigte. Yuji und ich bekamen noch die unterschiedlichsten Blicke zugeworfen, bevor die anderen Maki folgten. Ehe auch ich mich wieder an den Aufstieg machte, klopfte ich Yuji aufmunternd auf die Schulter. Auch wenn ich ein wenig die Befürchtung hatte, gleich wieder Sukuna vor mir stehen zu haben, aber zum Glück bewahrheiteten sich meine Ängste nicht.

Wir kamen einige Zeit gut voran … bis wir dann vor einem Fluss standen, der nicht so aussah als könnte man ihn lustig zum Plantschen verwenden. Erstens war er nämlich glasklar und damit mit Sicherheit arschkalt und zweitens raste der Fluss nur so über die Steine, sodass wir ab einer gewissen Wassertiefe vermutlich einfach so mitgerissen wurden. Und was war unser Plan? Genau! Händchen halten. Okay, das ist vielleicht etwas ins Lächerliche gezogen, aber im Grunde war genau das unser Plan. Wir würden praktisch eine menschliche Kette spannen. Der Letzte würde sich an einem der Bäume, die am Ufer wuchsen, festhalten, damit der Rest nicht fortgespült wurde und der erste würde dasselbe tun, sobald er auf der anderen Seite war. So vom Theoretischen her ja ganz einfach. In der Praxis allerdings schon etwas schwieriger.

Panda würde den Schluss bilden und uns anderen am diesseitigen Ufer verankern, während Yuji gefolgt von Yuta den Anfang machten und die zwei uns am gegenüberliegenden Ufer halten würden. So weit so gut. Einer nach dem anderen stapfte durch das immer tiefer werdende Wasser, dass so nebenbei gefühlt nur sieben Grad hatte, und dann, als alle bis auf Panda im Wasser waren, kristallisierte sich ein kleines, aber doch massives Problem heraus. Nämlich ein ziemlich fataler Denkfehler. Wir hatten netterweise zwar bedacht, dass uns das Wasser einzeln mitriss, aber dass uns das als Kette ebenfalls passierte und wir so nicht geradlinig durch den Fluss kamen, hatte natürlich keiner berücksichtigt. Und so standen wir jetzt vor dem Problem, dass unsere Kette zu kurz war. „Komm schon, Yuji, du schaffst das!“, feuerten wir unseren ersten Mann in der Kette an, der irgendwie versuchte eine Baumwurzel, welche ins Wasser ragte zu erwischen.

Als er sie endliche zu packen bekam, jubelten wir erst einmal alle … zumindest bis er abrutschte und wir wieder der Strömung ausgesetzt waren. „Langsam wird’s echt anstrengend!“, kam daraufhin von Panda und Yuji schrie zurück: „Ich tue ja schon mein Bestes!“, und angelte weiter nach der Wurzel. Zum Glück schaffte er es nach ein paar weiteren Versuchen und zog sich hoch, sodass er sich nun an dem Baum anhalten konnte und uns langsam einen nachdem anderen aus dem eiskalten Wasser zog. „Nie wieder! Und wenn es uns den Sieg kostet! Das nächste Mal gehen wir außen herum!“, regte ich mich keuchend auf als wir alle sicher am anderen Ufer standen

Lass mich dich nicht liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt