47. Kiddnapping und Stalking - Klappe, die Zweite

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Mit einem brummenden Schädel öffnete ich die Augen einen Spalt breit, nur um sie sofort wieder zu schließen. Verdammt, wer hatte denn die Sonne genau so platziert, dass sie mir ins Gesicht schien? Murrend drehte ich mich auf die andere Seite, wo das Licht dann so stark war, dass ich wortwörtlich Rot sah. Absolut genervt brummte ich und drückte mein Gesicht in mein Kissen, um mich vor der Sonneneinstrahlung zu schützen. Warte ... Kissen? Mein Gesicht im Kissen vergraben zog ich überlegend meine Augenbrauen zusammen. Ich war auf dem Weg in mein Zimmer in Kyoto. Das wusste ich noch. Aber hatte ich mich dann einfach ins Bett geschmissen und das Volleyballtunier verschlafen? Nein, das konnte ich mir irgendwie nicht vorstellen. Außerdem hatte ich das Gefühl als hätte ich etwas Wichtiges vergessen. Etwas immens Wichtiges. "Auch endlich wieder wach?", kam die Frage plötzlich mit Sukunas desinteressierter Stimme von meiner linken Seite. Erschrocken wollte ich mich auf die Seite drehen, um zu sehen, ob ich auch wirklich wieder von dem Spanner beobachtet wurde. Allerdings endete es so, dass ich aus dem Bett flog und eine Bruchlandung auf dem Boden hinlegte. Doch das war Etwas, auf das ich keine Rücksicht nehmen konnte.

Ohne meinen schmerzenden Hintern und meinen brummenden Schädel zu beachten, setzte ich mich auf und schaute über die Matratze hinweg zu dem Fluch, der seelenruhig in einem Stuhl saß, der neben dem Bett stand, in welchem ich eben noch gelegen hatte. Ungeachtet der Tatsache, dass mein Sichtfeld bei der plötzlichen Bewegung kurz verschwamm, stieß ich ungläubig und auch ein wenig sauer aus: "Was zur Hölle!" Entgeistert starrte ich Sukuna an, der den Blickkontakt schweigend aufrechterhielt.

Erst das Öffnen der Tür einen Moment danach zog meine Aufmerksamkeit von Sukuna auf einen grauhaarigen, jungen Mann mit Flickengesicht, der ein Tablett in der Hand hatte und mir seltsam bekannt vorkam. Woher kannte ich ihn nur? "Ich bringe Frühstück", verkündete er fröhlich und kaum, dass ich seine Stimme hörte, traf mich die Erkenntnis. Er war derjenige, der mich angegriffen hat. In einem Zug sprang ich auf die Beine, umrundete das Bett und stellte mich hinter Sukuna, in der naiven Hoffnung, dass er mich beschützen würde, sollte mich der Grauhaarige erneut angreifen. Der König der Flüche verfolgte das mit skeptischem Blick, während der Grauhaarige, den ich ebenfalls für einen Fluch hielt, geschlagen ausatmete und schmollte: "Dabei habe ich mir solche Mühe gegeben."

Das Flickengesicht sah mitleidsheischend zu mir und fragte: "Möchtest du nicht einmal ein kleines Stückchen?" Für wie blöd hält der mich? Von dem würde ich doch nie im Leben etwas annehmen. "Ich habe auch einen Schokomuffin." Hatte er gerade Schokomuffin gesagt? Wo? Interessiert schaute ich auf das Tablett und entdeckte tatsächlich die schokoladige Köstlichkeit auf einem Teller. Unsicher schaute ich zu Sukuna, wie als würde ich nach Erlaubnis fragen. Der machte eine Handbewegung, die in Verbindung mit seinem Gesichtsausdruck eine Mischung aus Mir egal. Mach, was du willst. und Bedien' dich. war.

Vorsichtig ging ich auf den grauhaarigen Fluch zu, welcher mir lächelnd das Tablett entgegenhielt. Ich war drauf und dran mir den Muffin zu nehmen, doch eine Handbreite davor hielt ich inne und zeigte mit skeptischem Blick auf die Backware. "Der ist doch nicht vergiftet, oder?", fragte ich, sah zuerst den grauhaarigen Fluch an, dann Sukuna und dann wieder den ersten. Das Flickengesicht blickte mich mehr als überrumpelt an und schien nicht recht zu wissen, was er darauf sagen sollte. Sukuna hingegen verdrehte genervt die Augen und brummte: "Jetzt iss einfach deinen dämlichen Schokomuffin." Ich blickte kurz mit hochgezogener Augenbraue zu Sukuna, ehe ich mir den Muffin schnappte, das Papier entfernte und genüsslich hineinbiss.

Während ich kaute, reichte mir mein Gegenüber das Teller vom Tablett, welches ich mit misstrauischem Blick annahm. "Ich lass dir den Tee hier", lächelte mir der Grauhaarige entgegen, stellte die Tasse, die neben dem Teller auf dem Tablett gestanden hatte, auf dem Nachtkästchen ab und vertschüsste sich mit einem fröhlichen Winken wieder aus dem Zimmer. Verwirrt sah ich dem Fluch nach. Während ich den Bissen schluckte, drehte ich mich zu Sukuna und fragte schließlich: "Was ist das für ein komischer Kerl?" Der Blonde stand auf und kam auf mich zu. Als er bei mir ankam und ich ihn anblickte wie ein verschrecktes Reh, nahm er mir den Muffin aus der Hand, brach ihn in zwei Hälften und drückte mir die Angebissene wieder in die Hand. "Ein Verbündeter", verkündete er, "Mehr brauchst du nicht zu wissen. Jetzt iss dein Frühstück und komm nach, wenn du fertig bist." Damit biss er selbst von seiner Hälfte des Muffins ab und verließ ebenfalls den Raum.

Mit pochendem Herzen und leicht offenstehendem Mund starrte ich einige Momente auf die geschlossene Tür. Jetzt hat mich der Kerl schon wieder alleine gelassen. Schnaubend blickte ich auf den halben Muffin in meiner Hand. Und meinen Muffin hatte er mir auch nicht ganz gelassen. Missmutig biss ich in den Schokoladenteig. So ein Vollidiot.

Grummelnd aß ich meinen Muffin und trank meinen Tee, bevor ich miesgelaunt auf die Zimmertür schaute. Irgendwie wollte ich ihm heimzahlen, dass er mir den halben Muffin weggenommen hatte, daher überlegte ich, mich einfach wieder ins Bett zu schmeißen und zu warten, bis mich jemand holte. Allerdings würde das ganz schön langweilig werden, deswegen beschloss ich schließlich doch, Sukuna zu folgen.

Kurz hielt ich inne, bevor ich die Klinke nach unten drückte und die Tür durchquerte. Entgegen schlug mir zu allererst einmal eine Menge Sonne. Blinzend durchquerte ich die Tür und sank mit einem Fuß gleich einmal ein. Verwirrt richtete ich meinen Blick nach unten und sah ... Sand ... unendlich viel Sand. Ernsthaft? Mit der Hand schirmte ich meine Augen vor der Sonne ab, während ich wieder aufsah. Vor mir erstreckte sich ein Meer mit einem langen Sandstrand, auf dem in einiger Entfernung ein Sonnenschirm mit einer Liege darunter aufgestellt stand. Toll, jetzt musste ich auch noch durch Sand latschen. Ich hätte mich wirklich einfach wieder ins Bett legen sollen. Dann hätte mich jemand holen müssen und ich könnte diesen jemand jetzt angiften, dass mich keine zehn Pferde über diesen Strand bringen würden, es sei denn, man würde mich tragen.

Aber da das nicht der Fall war, durfte ich mir jetzt schön den Sand in die Schuhe schaufeln. Und glaubt nicht, dass das unmöglich war, nur weil ich Stiefel anhatte. Ich schaffte nämlich alles. In der Hinsicht war ich die Königin des Unmöglichen. So begann ich eben murrend und grummelnd meinen Weg durch den Sand, in den ich immer wieder einsank.

Lass mich dich nicht liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt