Kapitel 1 - Sheila

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Liebe Leserinnen und Leser, 

wie alle Geschichten, die sich um Sheila drehen, liegt mir diese besonders am Herzen. 

Ich hoffe, diese Geschichte gefällt euch und ihr genießt das Drama, genau wie ich es tue. 

Wie immer bin ich offen für Kommentare und Kritik und freue mich über jeden Leser. 

Viel Spaß beim Lesen!

Helen

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Sheila spielte ein wenig verlegen an ihrem Ehering herum, den sie nun seit zweieinhalb Jahren am Finger trug. Jonathan und sie hatten es wirklich getan, sie hatten nach noch nicht einmal einem Jahr nachdem sie zusammengekommen waren, geheiratet. 

Unwillkürlich musste sie grinsen, als sie an ihre Hochzeit und die damit verbundene Reise dachte. Jonathan hatte sie ganz schön ins kalte Wasser geworfen, als er ihr eröffnet hatte, dass er einfach Tickets gebucht hatte. 

Natürlich hatte er noch nicht alles geplant und es hatte noch ein paar Monate gedauert, bis sie aufgebrochen waren, doch sie wollte nichts davon rückgängig machen. Auch wenn es sie viel Geld gekostet hatte, es war doch eine Erfahrung in ihrem Leben, die sie nicht mehr missen wollte. Beinahe sehnsüchtig dachte sie an ihre langen Spaziergänge an traumhaften Stränden zurück, ihre Wanderungen durch Berge, Regenwälder und Wüsten und nicht zuletzt daran, wie er ihr Heimatland kennengelernt hatte. 

Doch all das lag nun schon eine Weile zurück. Seitdem war der Alltag wieder eingekehrt und obwohl sie so viel Aufregendes erlebt hatten, war es noch immer nicht langweilig mit ihm. Sie genoss jede Minute und war noch immer ziemlich verliebt in ihn und sie wusste, dass es ihm genauso ging. 

Das Geräusch einer sich öffnenden Tür riss sie aus ihren Gedanken zurück in die Realität. Sheila saß im Wartebereich einer Arztpraxis und wartete darauf, dass Jonathan wieder aus dem Untersuchungsraum kam. Es war ihr unangenehm, mit ihm hier zu sein, doch er wollte unbedingt, dass sie mitkam. 

Unruhig rutschte sie auf ihrem Metallstuhl hin und her, als sie ihn erkannte. Er sah auf den Boden, die Stirn in tiefe Falten gelegt und er bedeutete ihr nur mit einer Kopfbewegung, zu ihm zu kommen. Sie beeilte sich zu ihm zu gehen und umklammerte ihre Handtasche. Er verabschiedete sich mit einem Nicken von der Arzthelferin, dann griff er nach ihrer Hand und zog sie wortlos aus der Arztpraxis. 

Erst als sie die Treppen nach unten gegangen und nach draußen getreten waren, atmete er beinahe erleichtert aus. Fragend sah sie ihn an und hinderte ihn daran, weiter zu gehen. 

„Was hat der Arzt gesagt?", wollte sie wissen und bei seinem Gesichtsausdruck machte sie sich augenblicklich Sorgen. 

„Ich bekomme das Ergebnis erst in ein paar Tagen", sagte er nur, doch er schien ungewöhnlich aufgekratzt zu sein. Sheila schluckte. Immerhin hing eine ganze Menge von diesem Ergebnis ab. 

Jonathan setzte sich wieder in Bewegung und zog sie hinter sich her. Sheila folgte ihm gehetzt, denn er lief so schnell, dass sie kaum hinterher kam. Tausend Gedanken flogen durch ihren Kopf. Immerhin waren sie nicht hier für eine Routineuntersuchung. 

Seit ihrer Rückkehr ihrer doch recht ausgedehnten Hochzeitsreise versuchten sie, ein Kind zu zeugen, doch aus irgendeinem Grund wollte es einfach nicht klappen. Jonathan zweifelte sehr schnell an sich und er machte sich Vorwürfe, obwohl er doch nichts dafür konnte. 

Lange hatte er mit sich gerungen, doch schließlich hatte er sich dafür entschieden, sich auf seine Fruchtbarkeit untersuchen zu lassen. Sheila ging regelmäßig zum Frauenarzt, denn ihre Periode war noch immer unregelmäßiger als es normal war, doch sie hatte ihrem Körper durch ihr ewiges Hungern damals ganz schön zugesetzt. Doch ihr Arzt meinte, dass er nichts erkennen könnte, warum sie nicht schwanger werden könnte. Was Jonathan nur noch mehr beunruhigte. 

Erst als sie am Auto ankamen, ließ er ihre Hand los und schnell ging sie um das Auto herum auf die Beifahrerseite und stieg ein. Auch Jonathan ließ sich mit einem Seufzen auf dem Fahrersitz nieder, dann vergrub er das Gesicht in den Händen. 

„Hey", sagte sie leise und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er hatte nicht oft schlechte Laune oder war traurig, wodurch sie immer ein bisschen verunsichert war, wenn er doch mal schlechte Laune hatte. Er seufzte, dann nahm er die Hände vom Gesicht und sah sie mit einem gequälten Blick an. 

„Es wird schon nichts sein", versuchte sie ihn zu beruhigen, doch seine Augenbrauen zogen sich schmerzerfüllt zusammen. 

„Und was wenn doch?", fragte er, wobei seine Stimme brach. Es schien ihn wirklich fertig zu machen. Sheila schluckte und sie hasste sich dafür, dass sie nicht sofort antwortete. Ja, sie wünschten sich beide ein Kind, denn das würde ihre kleine Familie perfekt machen. 

Noch bevor sie ihm versichern konnte, dass es dann eben so war, schnalzte er mit der Zunge, startete den Motor und fuhr los. Sheila senkte den Blick. Würde sie ihm jetzt versichern, dass es ihr egal war, wenn er keine Kinder bekommen konnte, würde er ihr nicht glauben. Sie würde bis heute Abend warten und es ihm dann sagen, wenn er sich ein wenig beruhigt hatte.

Die restliche Fahrt verlief schweigend und kam ihr irgendwie länger vor als der Hinweg. Als sie endlich vor ihrem Haus parkten, stieg Jonathan so schnell aus, dass sie keine Chance hatte, ihm auch nur kurz über den Arm zu streichen. Offensichtlich war er noch immer frustriert, obwohl er noch nicht einmal das Ergebnis hatte. 

Mit einem Seufzen folgte sie ihm, doch als sie an die Haustür kam, war er schon verschwunden. Sie ging durch die Tür, die er offen stehen gelassen hatte ins Haus und schloss sie leise hinter sich. Sie mochte es gar nicht, wenn er so war und nicht mit ihr redete. 

Fast bedächtig zog sie ihre Schuhe aus und hängte ihre Jacke an die Garderobe, dann ging sie ins Wohnzimmer, wo sie Jonathan vermutete. Sie fand ihn auf dem Sofa liegend, den Blick in die Leere gerichtet. Sein Gesicht war ausdruckslos und sie wusste, dass er sich viel zu viele Gedanken machte über Dinge, die er nicht beeinflussen konnte. 

Kurzentschlossen setzte sie sich im Schneidersitz auf den Boden direkt neben seinen Kopf, sodass er sie ansehen musste. Sie legte ihm eine Hand an die Wange und strich sanft darüber, woraufhin er Anstalten machte, sich wegzudrehen. Schnell hielt sie ihm am Arm fest und er hielt inne. 

„Willst du drüber reden?", fragte sie, doch er schüttelte nur kaum merklich den Kopf. 

„Du hast doch noch gar nicht das Ergebnis. Mach dich nicht verrückt. Es wird alles in Ordnung sein", hörte sie sich trotzdem drauf los plappern, aber als Antwort bekam sie nur ein beinahe genervtes Stöhnen. 

„Kannst du mich ein wenig allein lassen?", fragte er und unweigerlich spürte sie einen kleinen Stich im Herzen. Sie schluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter, dann nickte sie. 

„Okay", sagte sie noch und beugte sich vor, um ihn zu küssen. Er erwiderte den Kuss, dann stand sie mit einer eleganten Bewegung auf und ließ ihn allein. 

Sie ging zurück in den Flur und von dort aus die Treppe nach oben. Kurz überlegte sie, ob sie sich ins Bett legen und dort auf ihn warten sollte, doch sie beschloss, sich irgendwie abzulenken. Ihr Blick fiel auf den Wäschekorb, der noch neben der Treppe stand. Sie hatte ihn mit der im Keller getrockneten Wäsche heute Mittag einfach hier abgestellt, denn auf Bügeln hatte sie vorhin keine Lust mehr gehabt. Nun schien es ihr eine willkommene Ablenkung zu sein und sie griff nach dem Korb und ging damit in das Zimmer rechts neben der Treppe, wo ihr Bügelbrett stand. 

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