Kapitel 27 - Sheila

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Sheila genoss es, dass Jonathan einfach nur mit verschränkten Armen im Türrahmen stand und sie beobachtete, wie sie drei verschiedene Varianten an Muffins backte. Hin und wieder gab er einen Kommentar ab oder erschreckte sie, wenn sie die richtige Menge Zucker abmaß, sodass sie vor Schreck viel zu viel in die Schüssel gab, doch es war einfach nur schön, dass er wieder der Alte war. 

„Ach, habe ich dir ja noch gar nicht erzählt", setzte sie an und dachte wieder an die Mitarbeiter-Vorführung, über die sie am Montag auf der Arbeit sprechen wollten. 

„Was denn?", fragte er und schnappte sich einen Rührstab vom Mixer und leckte den rohen Teig davon ab. 

„Karim hatte eine Idee für die Mitarbeiter-Vorführung. Er will irgendeinen Sketch aufführen und André hat mich gefragt, ob ich ein Instrument spielen kann", berichtete sie und Jonathan zog die Augenbrauen hoch. 

„Was hast du gesagt?", wollte er wissen, denn offensichtlich glaubte er, dass sie ihren Chef angelogen hatte. 

„Ich habe gesagt, dass ich ein bisschen Klavier spielen kann", gab sie zurück, woraufhin er lachte. 

„Ein bisschen?", wiederholte er und auf einmal stand er hinter ihr und küsste sie in den Nacken. 

„Du sollst doch nicht lügen", sagte er gespielt streng, doch dann zuckte sie zusammen, denn er hatte ihr mit der flachen Hand auf den Hintern geschlagen. 

„Hey", beschwerte sie sich, doch ihre Wangen fingen an zu glühen. Es war so verrückt, was es doch ausmachte, wenn man keine Sorgen mehr mit sich herumschleppte. Jonathan küsste sie noch einmal in den Nacken, dann schnappte er sich den zweiten Rührstab und lehnte sich wieder in den Türrahmen. Sie warf ihm einen verlegenen Blick zu, denn ihr Hirn fing an, unanständige Dinge zu denken. Doch sie zwang sich, sich wieder auf ihre Muffins zu konzentrieren.

Eine Stunde später kühlten die Muffins in der Küche ab und sie hatte Jonathan schwören lassen, nicht alle aufzuessen. Sie packte ihr Zeug zum Haarefärben in einen kleinen Beutel, küsste Jonathan auf den Mund, der ihr heute schon den ganzen Tag auf Schritt und Tritt folgte und marschierte hinüber zum Nachbarhaus, wo Johnny und Oskar wohnten. 

„Hi", begrüßte Johnny sie freudestrahlend, doch sein sonst immer fröhliches Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Grimasse. Erst da fiel ihr wieder ein, dass sie noch vollkommen ungeschminkt war und man ihre Verletzung in voller Pracht sehen konnte. 

„Muss ich mir Sorgen machen?", fragte er ernst und zeigte mit dem ausgestreckten Finger auf ihr Gesicht. Bevor Sheila antwortete, schob sie sich an ihm vorbei ins Haus. 

„Ist Oskar da?", fragte sie dann, doch Johnny stemmte die Hände in die Hüften und sah sie mit aufgerissenen Augen an. Es war klar, dass er eine Erklärung für ihre Verletzung haben wollte. Sheila seufzte, doch dann erzählte sie ihm in kurzen Sätzen, was gestern Morgen passiert war. Ungläubig sah er sie an. 

„Gestern Morgen? Hier bei dir vor der Tür?", fragte er und Sheila nickte. 

„Vielleicht wart ihr gerade mit etwas anderem beschäftigt", lachte sie, doch Johnny hielt sie am Arm fest. 

„Sollte an Jonathans Hand irgendetwas sein, weiß ich, dass du mit Blödsinn erzählst", sagte er und beinahe klang es drohend. Sheila lachte, denn Jonathans Hand war ja tatsächlich in einem Gips verpackt. 

Sie zog Johnny an der Hand nach oben, dann erzählte sie ihm die restliche Geschichte. Immer wieder schüttelte er den Kopf. 

„Warum bringst du dich immer wieder in Schwierigkeiten?", fragte er, dann breitete er die Arme aus. Sheila ließ sich von ihm umarmen und atmete seinen vertrauten Duft nach teurem Parfüm ein. 

„Ich weiß auch nicht. Aber die Hauptsache ist, dass er wieder normal ist. Ich bin fast verrückt geworden", berichtete sie, als sie sich von ihm löste. Johnny nickte. 

„Kann ich verstehen. Hoffentlich bleibt es so. Vielleicht könntet ihr zwei heute Abend was nur für euch machen, das wird euch guttun", schlug er vor, doch Sheila schüttelte den Kopf. 

„Wir sind bei einem Arbeitskollegen von mir eingeladen", sagte sie, woraufhin er lachte. 

„Kommt er mit?", wollte er wissen und Sheila nickte. 

„Oh je... Dir ist klar, dass es so aussehen wird, als hätte er dich verhauen, oder?", lachte er, aber er klang auch ein klein wenig besorgt. 

„Ja stimmt. Aber das macht nichts. Ist auch egal, was die anderen von uns denken, ich kenne da ja niemanden", erwiderte sie schulterzuckend, doch Johnny musterte sie noch einen Moment aufmerksam. 

„Obwohl du ein blaues Auge hast, siehst du glücklich aus", stellte er fest und drückte kurz ihre Hand. Sheila nickte. 

„Ja, schon. Er hat mir endlich gesagt, was ihn so bedrückt hat und schon geht es ihm besser", sagte sie, doch dann musste sie daran denken, wie sehr es ihn freuen würde, wenn sie tatsächlich schwanger werden würde. Obwohl es eigentlich unmöglich war, so etwas vorherzusehen, hatte sie auf einmal das Gefühl, dass es bald klappen würde. 

„An was denkst du?", riss Johnny sie aus ihren Gedanken. Kurz dachte sie darüber nach, es ihm zu erzählen, aber sie entschied sich dagegen. Die Enttäuschung wäre nur um so größer, falls es doch nicht klappen sollte. 

„Daran, dass es Zeit wird, meine Haar wieder schön zu machen, bevor ich zur Party muss", sagte sie und marschierte geradewegs ins Badezimmer. 

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