Kapitel 19 - Sheila

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Sheila wachte so plötzlich auf, dass sie glaubte, irgendetwas musste passiert sein. Doch als sie sich umsah, fand sie sich allein im Wohnzimmer wieder. 

Langsam fiel ihr wieder ein, was heute Morgen passiert war. Ihre Hand wanderte an ihre geschwollene Wange und sie zuckte unwillkürlich zusammen, als sie sie berührte. Sie tat noch ganz schön weh, aber in ein paar Tagen wäre alles wieder in Ordnung. 

Ächzend streckte sie sich, denn sie fühlte sich ganz verspannt. Ihr Blick fiel auf den kleinen Couchtisch, wo sie einen kleinen gelben Zettel bemerkte. 

„Bin arbeiten", stand darauf und sie erkannte sofort Jonathans Handschrift. Sie wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Einerseits fühlte es sich genau richtig an, den Alltag wieder aufzunehmen, denn auch sie selbst musste heute Abend arbeiten, auf der anderen Seite war doch heute alles ganz und gar nicht normal. 

Sie stand auf und bemerkte, wie ihr Magen knurrte. Ihr wurde bewusst, dass sie heute noch nichts gegessen hatte und auch ihre Gäste hatte sie hungrig gelassen. Vielleicht konnten sie zum Mittagessen eine Pizza bestellen oder so etwas. 

Ihr erster Weg führte sie zur Toilette, wo sie sich noch einmal im Spiegel ansah. Unter ihren Augen war ein dunkler blauer Fleck und ihre Wange war dick und rot. Auch wenn sie heute eine Menge Schminke auflegen würde, müsste sie zumindest fragende Blicke auf der Arbeit über sich ergehen lassen. Doch daran wollte sie im Moment nicht denken. 

Sie ging nach oben in den Flur, wo Matthias in einem der Sessel saß und schlief. Er hatte sich auf die kleine Sitzfläche geklemmt, die Beine angezogen. Mit Sicherheit war es nicht wirklich bequem, doch sie schlich leise an ihm vorbei ins Schlafzimmer. Esra lag noch immer in ihrem Bett, allerdings war sie wach und schaute auf ihr Handy. Als sie Sheila bemerkte, legte sie es schnell beiseite und machte Anstalten, aus dem Bett zu klettern. Sheila ging schnell zu ihr und setzte sich neben sie auf die Bettkante, bevor sie aufstehen konnte. 

„Gut geschlafen?", fragte sie sie, was Esra mit einem Schulterzucken beantwortete. Ihr Gesicht war blass und offensichtlich ging es ihr nicht wirklich gut. Sie setzte sich ebenfalls auf und zu Sheilas Überraschung schlang sie die Arme um sie. Sheila beeilte sich, die Umarmung zu erwidern, doch sie würde auch mit ihr reden wollen. Immerhin hatte sie sich mit ihrem Verhalten Matthias gegenüber alles andere als fair verhalten. 

„Was war los? Wie...", setzte Sheila an und Esra senkte schuldbewusst den Blick, als würde sie wissen, was sie eigentlich fragen wollte. Nämlich warum um alles in der Welt sie es zuließ, dass dieser Kerl sie so behandelte. 

„Sag schon, wie blöd ich bin", forderte Esra verbittert, doch Sheila zögerte. Sie wollte ihr keine Vorwürfe machen, sie wollte einfach nur wissen, was Esra sich dabei gedacht hatte und ob sie diese Sache mit dem Kerl nun ein für alle Mal beenden würde. 

„Das wollte ich gar nicht sagen. Warum... lässt du dich von ihm so beeinflussen? Er ist offensichtlich ein Idiot", sagte sie dann und sie musste sich bremsen, um nicht in eine Schimpftirade zu verfallen. Esra seufzte, doch dann hob sie den Blick. Ihre Augen wanderten unruhig hin und her, als würde sie darüber nachdenken, ihr einfach alles zu erzählen. 

„Ach, ist auch egal. Anscheinend verdiene ich nichts Besseres", sagte sie resigniert, dann ließ sie sich auf den Rücken in die Kissen fallen. Sie presste die Fäuste auf die Augen und Sheila glaubte, dass sie so versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Sie legte sich ebenfalls hin, jedoch seitlich, sodass sie sie ansehen konnte. 

„Willst du drüber reden?", fragte sie nach einer Weile behutsam, woraufhin Esra die Hände von ihrem Gesicht nahm und ihr den Blick zuwandte. Einen Moment sah sie sie einfach nur an, doch dann schien ein Damm in ihr zu brechen. 

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