Kapitel 84 - Jonathan

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Jonathan war klar, dass er nicht mehr nach Hause fahren könnte, wenn er weiter trank. Doch es fühlte sich gut an, einfach alles in sich hineinzukippen und mit jedem weiteren Glas den Schmerz zu vergessen. Er fühlte sich so locker und gelöst wie schon lange nicht mehr und er musste ständig lachen. Beinahe fühlte es sich an wie eine Erinnerung, die ihm wieder nach langer Zeit eingefallen war, denn mit Sheila hatte er schon lange nicht mehr so sehr gelacht. 

„Du solltest nichts mehr trinken", sagte Leonard, doch Jonathan schüttelte den Kopf. 

„Einen noch", bettelte er beinahe und hielt ihm sein leeres Schnapsglas hin. Leonard schüttelte den Kopf, doch er schüttete ihm nach. Sofort kippte er den Schnaps hinunter und genoss das scharfe Brennen in seiner Kehle. Doch nun spürte er, dass er eine kurze Pause einlegen sollte, sonst würde er den Punkt erreichen, an dem es ihm nicht mehr gut ging, sondern auf einmal ziemlich schlecht. 

Er stellte sein Glas etwas zu schwungvoll auf den Tisch und es fiel um und rollte auf den Boden. Leonard warf ihm einen genervten Blick zu, doch er ignorierte ihn. Mit einem Seufzen lehnte er sich zurück in die Kissen und schloss die Augen. Der Fernseher lief, doch er konnte sich nicht genug konzentrieren, um irgendetwas zu verstehen. 

„Weißt du was?", hörte er sich auf einmal sagen, ohne wirklich zu wissen, was er sagen wollte. Leonard stöhnte und lehnte sich ebenfalls in die Kissen zurück. 

„Was denn?", stellte er die Gegenfrage, woraufhin Jonathan die Augen wieder aufschlug und ihn ansah. 

„Ich glaube, Sheila geht zurück zu ihrem Ex, sobald er aus dem Gefängnis kommt", sagte er dann, ohne wirklich zu wissen, wie er auf dieses Thema gekommen war. 

„Oh Mann, du bist zu betrunken, um über so etwas zu reden", erwiderte Leonard, doch er schüttelte energisch den Kopf. 

„Nein, ich kann noch denken und mir wird gerade einiges klar", sagte er, obwohl er den Nebel des Alkohols nur zu gut spürte. 

„Na dann", sagte Leonard und zog missbilligend die Augenbrauen hoch. 

„Ja. Sie schreibt nämlich über ihn. Ach so, das weiß du ja gar nicht. Sie schreibt Geschichten. Richtige Bücher. Und ich habe gelesen, wie sie erst vor Kurzem etwas über ihn geschrieben hat", erklärte er, doch Leonard lachte nur. 

„Mach dich nicht lächerlich. Sie liebt dich. Zumindest noch, denn ich glaube, du benimmst dich wie ein Arsch", bekam er als Antwort, doch er schnaubte nur. 

„Wie auch immer. Ich bin mir sicher, dass sie irgendetwas verheimlicht", murmelte er, denn auf einmal wurde er das Gefühl nicht los, dass sie mehr vor ihm verbarg, als er ahnte. 

„Dann frag sie doch", schlug Leonard vor, was Jonathan nur verwirrte. 

„Was soll ich sie fragen?", wollte er wissen, woraufhin Leonard sich mit der Hand gegen die Stirn klatschte. 

„Frag sie, ob sie dir etwas verheimlicht und du irgendetwas wissen solltest. Erklär ihr, wie du dich fühlst", erklärte er, doch Jonathan glaubte nicht, dass sie dann zugeben würde, dass sie an Ville dachte. Wobei... hatte sie es ihm nicht eigentlich schon gestanden? Sie meinte doch, dass sie durch das Schreiben die Sache mit ihm verarbeiten würde. Allein dieser Gedanke machte ihn schon wieder wütend und er bekam auf einmal große Lust, Sheila anzurufen und ihr gemeine Dinge an den Kopf zu werfen. Dann wüsste sie ja, wie er sich fühlte. 

„Gut, dann rufe ich sie jetzt an", sagte er trotzig und griff nach seinem Handy, das auf dem kleinen Couchtisch lag. Doch bevor er es in die Finger bekam, schnappte Leonard es sich. 

„Das ist keine gute Idee", sagte er bestimmt und hielt das Handy weit von ihm weg. 

„Gib es her", beschwerte er sich, doch Leonard schüttelte den Kopf. 

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