Kapitel 7 - Sheila

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Sheila ging die Straße entlang zum Haus ihres Vaters. Obwohl auch Jonathan bei ihm immer willkommen war, wollte sie lieber allein zu ihm gehen. Immerhin würde sie zumindest indirekt ansprechen, was sie in den letzten Wochen so sehr beschäftigt hatte und sie hielt es für besser, wenn er das nicht mitbekam. Es schien ihm nämlich deutlich mehr an die Nieren zu gehen als ihr selbst. 

Natürlich wünschte sie sich auch ein Kind, doch sollte es nicht klappen, dann wäre es eben so. Sie würde auch so ständig von Kindern umgeben sein, immerhin hatte sie zwei kleine Halbgeschwister und ihr Bruder Matthias war ebenfalls schon zweifacher Vater. 

Außerdem wollte er nachher zu Leonard, worüber sie ganz froh war, denn da konnte er nicht allein vor sich hin grübeln. Auch wenn er heute nicht wirklich viel auf der Arbeit schaffte, war sie froh, dass er sich nicht zu Hause vergrub. 

Sie ging die Auffahrt ihres Vaters entlang zur Haustür und legte den Finger auf die Klingel. Augenblicklich hörte sie kleine Füße auf der anderen Seite der Tür trippeln und kurz darauf erschien das kleine Gesicht ihres Halbbruders Maxim an der Scheibe links neben der Tür. Er würde nächsten Monat vier werden und wieder einmal staunte sie, wie schnell er wuchs. Dicht hinter ihm folgte seine kleine Schwester Tamara, die ihr Gesichtchen ebenfalls an die Scheibe drückte. Sheila winkte ihnen zu und sie beide erwiderten den Gruß. Nur einen Moment später öffnete Lisa, die Freundin ihres Vaters ihr die Tür und die beiden Kinder umarmten sie stürmisch. 

„Hallo ihr zwei", sagte sie, dann schob sie sie nach drinnen, wo sie sich an ihre Beine klammerten, bis jeder einen Kuss von ihr bekommen hatten. Dann verschwanden sie wieder ins Wohnzimmer. 

„Hallo", begrüßte Lisa sie und Sheila spürte eine Umarmung. Schnell erwiderte sie sie und als sie sich löste, sah sie Lisa für einen Moment in das offene Gesicht. Es war rund und beim Lachen bildeten sich Grübchen in ihren Wangen. Ihre blonden, schulterlangen Haare trug sie in einem hohen Dutt auf dem Kopf. 

„Wie geht es dir?", fragte sie, während sie sich umwandte und ihr mit einer Handbewegung bedeutete, ihr ins Wohnzimmer zu folgen. 

„Ach, ganz gut. Ich muss nachher noch arbeiten und vorher Jonathan bei Leonard absetzen", berichtete sie, woraufhin Lisa nickte. 

„Dein Vater ist noch im Garten. Er wollte irgendetwas im Schuppen sortieren. Keine Ahnung, was er da treibt", sagte sie, als Sheila sich suchend nach ihrem Vater umsah. Unwillkürlich warf sie einen Blick durch das Fenster nach draußen in den Garten, wo sie die Schuppentür offen stehen sah. 

Sheila setzte sich zu Lisa auf das große, anthrazitfarbene Sofa und beobachtete ebenso wie sie eine Weile die beiden Kinder, wie sie auf einer Decke, die auf dem Boden ausgebreitet war, spielten. Tamara zog ihrer Puppe ein neues Kleid an, während Maxim mit einem kleinen Bagger herumfuhr und dabei Fahrgeräusche imitierte. 

„Dein Bruder war gestern hier. Er hat im Moment mal wieder Streit mit Esra", berichtete Lisa nach einer Weile des Schweigens. Neugierig sah Sheila sie an. Esra war die Mutter seiner Kinder, doch sie waren schon ewig kein Paar mehr. Schon vor Aaliyahs Geburt hatten sie sich getrennt und sie wurde genau wie Maxim im April vier. Duygu, seine ältere Tochter, war vierzehn. Esra und er hatten sie bekommen, als sie beide fünfzehn gewesen waren. Matthias hatte sie sitzen lassen, sobald er von der Schwangerschaft erfahren hatte, bis sie es später noch einmal miteinander versucht hatten. Nach etwa einem Jahr war Esra wieder schwanger geworden, doch auch da hatten sie sich wieder getrennt. Allerdings nicht aufgrund ihrer Schwangerschaft, davon hatte Matthias noch nichts gewusst, als er Schluss mit ihr gemacht hatte, sondern weil er bemerkt hatte, dass er lieber mit einem Mann zusammen sein wollte. Relativ schnell hatte er dann Jonas kennengelernt, mit dem er noch immer zusammen war. 

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