Und man darf sagen: sie kannten sich gut (feat. Erich Kästner)

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Als sie einander 8 Jahre kannten, (und man darf sagen: sie kannten sich gut)...

Juli 1999, Königs Wusterhausen:
Linda lag am Ufer der Dahme und beobachtete die kleinen Wolken, die über sie hinwegzogen. Um sie herum zirpten die Grillen und im Schatten der Bäume war es gerade so auszuhalten bei diesen Temperaturen. „Schau mal, die sieht aus wie ein Herz", murmelte Manu und zeigte gen Himmel. Linda drehte den Kopf zu der anderen Blondine in deren Arm sie lag. „Passt zu uns, finde ich", flüsterte sie, eher sie Manu einen kurzen Kuss auf die Lippen drückte. Diese grinste und rollte sich halb über ihre 18-jährige Freundin. „Ich liebe dich, Linda", hauchte sie ihr ins Ohr, eher ihre Lippen sanft Lindas Hals hinab glitten. Linda kicherte. „Manu wir können doch nicht..." Doch das leichte Saugen an ihrem Hals, ließ ihren Protest sofort verstummen.

Linda und Manuela kannten sich schon eine ganze Weile. Ihre Väter waren gemeinsam zur Schule gegangen und bis heute sehr gute Freunde. Als Manu schließlich begonnen hatte an der Fachhochschule für Finanzen in Königs Wusterhausen zu studieren, war es für Lindas Vater selbstverständlich gewesen der Tochter seines Freundes unter die Arme zu greifen, wenn es nötig war. Und auch als Manuela schon lange ihren Abschluss hatte und am Finanzamt in KWH arbeitete, hatte Lindas Mutter sie ab und an zum Essen eingeladen.

Die beiden jungen Frauen waren immer gut miteinander ausgekommen, auch wenn Manuela 7 Jahre älter war als Linda. Richtig befreundet waren sie nie, dafür gingen auch ihre Interessen zu weit auseinander, doch als Linda älter wurde, da veränderte sich etwas zwischen den beiden. Spätestens mit 17 war sie bis über beide Ohren in Manuela verliebt gewesen und dass entging der 24-jährigen auch nicht. Doch es dauerte nochmal eine ganze Weile, bis sie sich eingestehen konnten, dass das zwischen ihnen wohl ein bisschen mehr als Freundschaft war und Manuela der Jüngeren eine Chance gab. Umso unglaublicher fand Linda es nun neben Manu im Gras zu liegen, sie berühren und küssen zu können.

„Hmm... nächstes Jahr um diese Zeit hast du schon dein Abi", säuselte Manu, sobald sie wieder neben Linda lag. Diese nickte langsam. Manchmal machte ihr der Gedanke schon ein bisschen Angst. Sie war zwar zielstrebig und wusste in welche Richtung es gehen sollte, aber sie sah sich nicht wirklich in der Rolle der Erwachsenen. Sie wollte lieber noch ein bisschen Spaß haben, das Leben genießen. Sie wollte noch ein bisschen die Freiheit spüren, bevor der Ernst des Lebens beginnen würde. „Meinetwegen kann die Zeit auch gerne stehen bleiben", flüsterte sie und gab Manuela einen Kuss auf den Haaransatz. „Ich finde es grade eigentlich ganz perfekt." 

Manu schwieg einige Sekunden. „Aber willst du nicht irgendwann weg hier? Nicht was anderes sehen und Karriere machen? Du bist clever, Maus, dir stehen alle Türen offen." Linda zuckte mit den Schultern. „Klar will ich das. Ich will die Welt sehen und verändern und all das, aber manchmal, da will ich einfach nichts mehr als das hier. Im Gras liegen und in den Himmel schauen. Mit dir."

Manuela hob den Kopf und grinste schief. „Also Königs Wusterhausen für immer?" Linda schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich mag Brandenburg. Aber nein, ich denke auch nicht, dass ich für immer hier oder in Görsdorf bleiben werde." Manu legte ihren Kopf auf Lindas Brust und lauschte ihrem Herzschlag. „Mein Plan ist das definitiv auch nicht", sagte sie leise.

„Was ist dein Plan?", fragte Linda und fuhr damit fort über Manus Haar zu streichen. „Hmm... arbeiten. Erstmal zumindest. Und dann irgendwann vielleicht eine kleine Familie gründen, heiraten... ein normales, ruhiges Leben", antwortete sie. Linda lachte leise. „Und mit wem?" Manu drückte ihr Gesicht ein bisschen näher an Lindas Brust. „Mit dir natürlich." Linda faste Manuela ein bisschen fester und schloss die Augen. „Ich liebe dich auch."

*

...kam ihre Liebe plötzlich abhanden. Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

Juni 2000, Königs Wusterhausen:
Linda ließ sich gegenüber von Manuela in einen Stuhl fallen und band sich die Haare zusammen. Sie saßen in einem der kleinsten Cafés der Stadt und gaben ihre übliche Bestellung auf. In den letzten zwei Wochen war Linda wie auf Wolken geschwebt. Sie hatte die Abiprüfungen hinter sich und seitdem fast jeden Tag mit Manuela oder ihren Freunden verbracht und einfach mal nur getan worauf sie Lust hatte. Okay, heute hatte sie sich auf Drängen ihrer Mutter nach Wohnungen in Potsdam umgesehen, wo sie ab Oktober studieren wollte.

Hinter den Kulissen - Oneshots aus dem BundestagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt