Mehr als kalte Füße

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Eigentlich war es die perfekte Liebesgeschichte gewesen. 2013 hatten sie sich kennengelernt und ein Blick hatte ausgereicht, um sich ineinander zu verlieben. Dann der Tweet. Schwarz und gelb passen nicht nur im Bundestag zusammen. Und schließlich Doros Nachricht, ob sie sich nicht einmal auf einen Kaffee treffen wollten, wenn sie mal wieder in Berlin war. Natürlich hatte Linda ja gesagt.

2013 war kein einfaches Jahr für sie gewesen, doch Dorothee war zu einem Lichtblick geworden. Es hatte nicht lange gedauert und Linda fieberte den Sitzungswochen des Bundestags geradezu entgegen, auch wenn ihre Partei nicht mehr darin vertreten war.

Heimliche Treffen in Brandenburg und Unterfranken, die ersten Paparazzi-Fotos während des Kissinger Sommers 2014 und schließlich Doros Eingeständnis: "Ja, wir sind zusammen." In den ersten Jahren war ihre Beziehung eigentlich ein Selbstläufer gewesen. Zumindest bis 2017.

Der Wahlkampf hatte den beiden Frauen einiges abverlangt. Doro und Linda hatten sich nur selten gesehen und dann kam dieser eine Streit, den Dorothee mit den Worten: "Ich glaube, wir sollten eine Pause machen und uns darüber klar werden, was wir wirklich wollen" beendete.

Lindas Herz war noch nie so gebrochen worden, wie in diesem Moment, doch die neue Situation nachdem sie in den Bundestag gewählt worden war, half ihr mit dieser Trennung klarzukommen. Damals hatte sie jedoch auch nicht erwartet, dass ihre Trennung von Doro tatsächlich nur ein vorübergehender Zustand sein würde.

Und dann war da natürlich noch sie.

Linda kannte sie schon seit einigen Jahren, ehrlicherweise kannte sie sie schon vor Doro. Doch erst als sie beide gemeinsam im Bundestag saßen, begann Linda sie wirklich zu sehen. Sie hatte über Katja nie auf diese Weise nachgedacht, doch umso öfter sie sich sahen, umso mehr sie sich anfreundeten, desto mehr erwuchs in ihr das Gefühl, dass das mit Katja vielleicht mehr sein könnte, als eine bloße Freundschaft.

Jedesmal, wenn Linda Katja ansah, begannen die Gedanken in ihrem Kopf zu rotieren. Katja war auch in der FDP. Sie verstanden sich wirklich, wirklich gut, hatten ähnliche Vorstellungen von ihrer Zukunft, ähnliche Werte und passten - rein objektiv - auch so recht gut zusammen. Doch eine leise Stimme in Lindas Herzen schrie noch immer nach Dorothee. Nach ihrer Doro. Offensichtlich war sie nicht über ihre Beziehung mit ihr hinweg, auch wenn es Gemunkel gab, dass Doro mittlerweile etwas mit Julia Klöckner am Laufen hatte. Und das Herz will, was das Herz will und das war zu diesem Zeitpunkt nichts anderes als Doro.

Dann kam 2019. Zwei Tage vor Lindas Wahl zur Generalsekretärin, gab Doro bekannt, dass sie und Klöckner tatsächlich ein Paar waren, was dazu führte, dass Linda in dem Moment, als auf dem Parteitag ihre Wahl verkündet wurde, gar nicht mal so glücklich war, wie es von außen aussah. Mit einer Schwere im Herzen, die sie so nur selten gefühlt hatte, betrat sie die Bühne, bekam von Nicola den Staffelstab überreicht und... und traf Katjas Blick.

Katjas Blick, der voller Stolz und Anerkennung war, doch auch voller Zuneigung. Ihre Umarmung, der kurze Moment, in dem sie sich etwas näher gekommen waren, als es erlaubt war und dann das Gefühl, wie sich der Knoten, den Doro um Lindas Eingeweide geschlungen hatte, schlagartig löste.

In der Nacht nach der Parteitagsparty, war Katja vor Lindas Hotelzimmer gestanden und was dann passiert war, war Linda hinterher wie ein Fiebertraum vorgekommen. Sie hatte in ihrem Leben mit ein paar Frauen geschlafen, doch das mit Katja, das fühlte sich anders an. Auch anders als mit Doro. Vielleicht, weil sie insgeheim so lange darauf gewartet hatte.

In den folgenden 18 Monaten schien Linda, beruflich wie privat, auf einer Wolke zu schweben. Sie und Katja wuchsen langsam zusammen und der Job als Generalsekretärin machte ihr Spaß. Alles schien perfekt, bis sich von einem auf den anderen Tag, alles änderte.

Hinter den Kulissen - Oneshots aus dem BundestagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt