So schnell kann's gehen

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Und wenn sie sie ansah, dann stand die Welt kurz still. Die Kameras, die Journalisten, die anderen Gäste auf dem roten Teppich, all das verstummte für einen Moment. Ihre Augen funkelten wie zwei dunkelbraune Edelsteine und ihre Lippen zierte ein breites Lächeln. Ganz automatisch fuhr sie mit ihrer Hand über ihren Rücken.

„Du bist mit Abstand noch immer das beste Date, das ich je hatte", flüsterte Dorothee und zwinkerte Julia zu, in deren Brust und Bauch sich ein seltsam flatterndes Gefühl breit machte. „Und du bist mit Abstand das beste Date, das ich mir jemals wünschen könnte", antwortete Julia, während ihr Blick über das Gesicht ihrer besten Freundin glitt.

„Ehm Leute?", fragte eine ihrer Kolleginnen, mit denen Doro und Julia auf dem roten Teppich standen. „Wir wollten ein Foto machen! Konzentriert euch mal!" Die beiden Frauen richteten ihre Blicke nach vorne und ließen sich von den zig Fotografen ablichten. Julia grinste. Doro war wirklich ihre beste Freundin und das schon seit mehr als 20 Jahren.

20 Jahre, in denen sie immer an ihrer Seite gewesen war. 20 Jahre, in denen Doro der wichtigste Mensch in ihrem Leben geworden war. 20 Jahre bedingungslose Liebe. Julia legte die Stirn in Falten.

*

2002

Julia sah auf, als die Tür ins Schloss fiel. „Na?", fragte sie, als Doro die Küche betrat. „Ey, ich sag's dir. 2 Stunden die Sitzung überzogen und dann verliert auch noch der FC Bayern." Julia lachte und klappte ihren topmodernen Laptop zu, als Doro sich auf die Tischkante setzte. „Und dein Date gestern Abend?" Ihre Freundin verdrehte die Augen, lief dabei aber leicht rot an. „Ach, du weißt doch wie das läuft. Er war charmant, ich bin mit ihm nach Hause gegangen und sobald er fertig war - und die Betonung liegt darauf als er fertig war - war der Zauber vorbei. Er hat mich mehr oder weniger rausgeschmissen."

Aufmunternd rieb Julia Doro über den Arm. „Kopf hoch. Der hatte dich eh nicht verdient." Ihre Freundin und Mitbewohnerin seufzte. „Vielleicht hast du Recht. Ach, vielleicht sollte ich es einfach machen wie du und diesen Dating-Mist aufgeben. Ich hab ja eigentlich auch ohne schon genug zu tun."

„Ich kann es dir nur empfehlen", sagte Julia und stand auf. Sie ging zum Schrank und holte zwei Weingläser und eine Flasche hervor. Doro beobachtete sie dabei, wie sie ihnen jeweils ein Glas einschenkte. „Ich meide Männer und andere schwer verdauliche Dinge und damit geht es mir wirklich super." Sie reichte Doro den Wein.

„Aber willst du das nicht irgendwann mal? Einen Partner und eine Familie und all das? Willst du denn immer allein bleiben? Und was ist mit... naja du weißt schon... Sex?" Julia zuckte mit den Schulter. „Also den kann man auch haben, wenn man keinen Partner hat, Doro. Und das weißt du auch sehr gut. Und ansonsten... Naja, klar denke ich mir manchmal, dass ich gerne wieder jemanden hätte, aber eigentlich fehlt mir auch ohne nichts. Außerdem findet man die große Liebe sowieso nicht, wenn man danach sucht. Ich bin zufrieden mit meinem Leben und allein bin ich auch nicht. Schließlich habe ich ja dich, oder?" Julia prostete Doro zu.

Lachend nickte Doro. „Solange ich lebe wirst du nicht allein sein", versprach sie.

2018

Der Bass dröhnte aus dem Nebenzimmer zu ihnen herüber. Grinsend saßen Julia und Doro auf dem Küchenboden und teilten sich eine Flasche Rotwein. Die Bundeslandwirtschaftsministerin und die Staatsministerin. „Hättest du das gedacht?", fragte Julia, die schon leicht angetrunken war. „Als wir beide in den Bundestag eingezogen sind?" Doro schüttelte den Kopf.

„Nein, echt nicht. Gott, das ist 16 Jahre her, Julia! Stell dir das mal vor." Lächelnd ergriff Julia Doros Hand. „Und seit 16 Jahren bist du meine beste Freundin. Ich habe dich wirklich lieb." Doro legte ihren Kopf auf Julias Schulter. „Aww du bist so süß! Julia ehrlich, wenn ich nicht-" Weiter kam sie nicht, denn die Tür zur Küche flog auf.

Hinter den Kulissen - Oneshots aus dem BundestagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt