Ein Fall für die Compliance

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Olaf Scholz und Bärbel Bas stöhnten gleichzeitig genervt auf, als die Juristin mit ihrem Bericht fertig war.

„Haben Sie eigentlich eine Ahnung was sie da von uns verlangen?", fragte Bärbel. „Es würde dem Hohen Hause sehr gut zu Gesicht stehen, wenn wir uns darum kümmern", sagte die Juristin und presste ihre Lippen zusammen. „Aus Transparenzgründen. Zumal wir doch nicht so einen Stress wie damals im Senat wollen, oder?"

„Das war so klar. Der regierende Bürgermeister schläft mit seiner Senatorin und wir müssen es ausbaden!", murrte Olaf. „Wissen Sie eigentlich wieviele Abgeordnete, Mitarbeiter und Angestellte es gibt? Bis wir da mal fertig sind alle Beziehungen aufzudröseln steht der Reichstag nicht mehr!"

Die Juristin zuckte mit den Schultern. „Vielleicht fangen Sie einfach bei den wichtigsten Akteuren an. Sie wissen schon, Beziehungen zwischen Ministern und Abgeordneten, Fraktionsvorsitzenden und einfachen Fraktionsmitgliedern, Beziehungen zwischen den Fraktionen... Arbeiten Sie sich von oben nach unten durch." Bärbel schlug sich mit der flache Hand auf die Stirn. „Das kann ja was werden", seufzte sie. „Außerdem: warum müssen WIR das machen? Bezahlen wir Sie nicht genau dafür?" Sie fragte sich schon die ganze Zeit warum sie und Olaf hier saßen und nicht irgendein armer Diplomjurist, der die Zeit bis zu seinem Referendariatsbeginns in Berlin totschlagen musste, weil seine Examensnote nicht für eine sofortige Einstellung gereicht hatte.

Ungerührt legte die Frau ein Blatt Papier auf den Schreibtisch, der sie von der Bundestagspräsidentin und dem Kanzler trennte. Persönliche Erklärung stand darauf. „Ich bin leider befangen bei diesem Thema. Ich muss sie darüber informieren, dass ich manchmal mit Thomas vom Besucherdienst schlafe."
Bärbel und Olaf tauschten einen ungläubigen Blick.

*

„Ich kann nicht glauben, dass wir das wirklich tun", murmelte Bärbel und rückte ihren roten Blazer zurecht, eher sie mit einem gezwungenen Lächeln aufschaute. Ein Stuhl stand vor ihrem Schreibtisch und der Mann, der darauf saß, lächelte nervös.
„Herr Vizekanzler Habeck. Willkommen." Robert sah unsicher zwischen Bärbel und Olaf hin und her. „Was gibt's?", fragte er. Olaf räusperte sich. Man sah ihm an wie unangenehm ihm diese Sache war.

„Nun, Robert, die Sache ist die: wir sind angehalten worden herauszufinden wo innerhalb des Parlaments nunja... Interessenkonflikte bestehen könnten." Verständnislos sah Habeck den Kanzler an, bis Bärbel klarstellte: „Herr Habeck, wir müssten wissen, ob Sie mit irgendwelche Kollegen, Angestellten oder ansonsten sensiblen Personen eine persönliche Beziehung unterhalten." Überrascht riss der Wirtschaftsminister die Augen auf. „Was? Sie wollen wissen, ob ich mit jemandem hier... was habe? Olaf! Du weißt doch, dass ich verheiratet bin!"

Bärbel seufzte wieder. Oh wie vermisste sie die gute, alte Zeit, in der das noch ein Argument gewesen war. Wobei... wenn sie so darüber nachdachte, dann hatte es diese Zeit nie gegeben.
„Alles, was du uns hier erzählst bleibt auch hier, wenn es kein Problem in unseren Augen darstellt", sagte Olaf ruhig, wobei seine Parteikollegin fand, dass diese Äußerung nicht gerade dazu geeignet war, dem Grünen die Wahrheit zu entlocken. „Also?"

Robert seufzte. „Naja, also... da war mal was. Mit... oh Mann, ist das peinlich. Also da war mal was mit Annalena. Vielleicht war da auch ein bisschen mehr." Er wich dem Blick der beiden älteren Politiker aus. „Nur mit Annalena?", fragte Bärbel forschend. „unmichrijan", nuschelte er unverständlich. „Bitte? Ich verstehe dich nicht!", rief Olaf. „Mein Gott, ich hab mit Christian Lindner geschlafen!", sagte Robert ebenso laut. „Er hat mich geküsst, ich ihn. Ich hatte sein Ding im-" Bärbel unterbrach ihn. „Jajaja, so genau müssen wir es nicht wissen! Also Christian und Annalena. Sonst noch wer?" Robert schüttelte den Kopf.

Die beiden SPDler sahen sich an.

„Der Nächste, bitte!"

*

Hinter den Kulissen - Oneshots aus dem BundestagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt