chapter 5

372 28 51
                                    


außer...

Sie muss sich verhört haben.

Wie paralysiert sitzt Juliet auf dem Stuhl und starrt ihren Professor mit leicht geöffnetem Mund an. Sie hatte tatsächlich mit allem gerechnet, nur nicht da mit.
Ihre Augen werden glasig und schnell senkt sie ihren Blick in ihren Schoß.
Was soll sie jetzt nur antworten?

„Lassen sie bloß niemanden diese verletzliche Seite von ihnen sehen. Es ist besser, wenn davon nur die Menschen wissen, denen sie auch wirklich vertrauen können Juliet, denn sonst wird man es schamlos gegen sie ausnutzen. Ich kenne unsere Welt und weiß wie die Menschen ticken. Und wenn man meint die menschliche Natur völligst ergründet zu haben, wird man dennoch immer wieder eines besseren belehrt: niemand kann das. Niemand kann die Natur des Menschen bis aufs kleinste Detail ergründen, weil es immer wieder Menschen gibt die einen überraschen und alles was man vermag zu wissen übertreffen....wie sagt man so schön: die Ausnahme bestätigt die Regel und das wird mir im Gerichtssaal immer wieder bewusst."

Juliet muss schwer schlucken. Er hat recht und das weiß er, doch es scheint ihn kein bisschen zu stören, dass er damit Juliet's Hoffnung auf eine friedvolle Welt zerstört hat. Seine Stimmlage ist trocken, ja fast schon eiskalt. Das ist dennoch die grausame Wahrheit, die sie akzeptieren muss.

Es herrscht einige Minuten Stille zwischen den beiden, in der Juliet weiterhin in ihren Schoß starrt und Mister Gardner mit gefalteten Händen ihr gegenüber sitzt. Dann, als Juliet sich sicher ist, dass ihre Stimme nicht brechen wird, wenn sie spricht, steht sie auf, jedoch ohne ihren Professor dabei anzublicken.

„Okay" sagt sie, wobei Mister Gardners Augen ihren Bewegungen folgen „ich danke ihnen Sir"

Sie greift ihren Rucksack und geht, ohne dabei auch nur ein einziges Mal zurückzuschauen. Mister Gardner jedoch verfolgt sie mit seinem Blick, bis zu dem Moment, in dem sie seinen Saal verlässt.

-

„...und dann bin ich aufgestanden, habe mich bedankt und bin ohne zurückzublicken gegangen."

„DU HAST DICH BEDANKT?" fragt Chiara fassungslos.

Die drei Freunde sitzen zusammen in Zach's Zimmer auf seinem Bett. Juliet hatte auf ihrem ganzen Heimweg geweint und war ebenfalls weinend nach Hause gekommen. Kleinlaut hatte sie ihren Freunden davon berichtet, was passiert war.

„DIESES MIESE ARSCHLOCH" äußert sich die Blondhaarige wild gestikulierend, während sie wild durchs Zimmer schreitet „WAS FÄLLT DEM EIGENTLICH EIN!?"

Juliet lehnt mit einem Kopf an der Schulter ihres besten Freundes, der sanft mit einer Hand über ihren Kopf streichelt und gemeinsam beobachten sie ihren Sonnenschein, der sie langsam in ein Gewitter verwandelt.

Chiara schnauft auf.

„Wäre der Typ nicht dein Professor, wüsste ich ganz genau was ich mit dem machen würde, aber ich will dir ja deine Noten nicht versauen."

Wieder läuft sie hektisch, tief in Gedanken versunken durchs Zimmer, bis sie sich plötzlich schlaff aufs Bett fallen lässt.

„Ich hab keine Ahnung, was wir sonst tun können. Zumindest jetzt. Wir warten einfach mal ab, irgendwann wird er ja nicht mehr dein lehrender Professor sein und dann schlagen wir zu."

Es herrscht für einen kurzen Moment eine angenehmen Stille zwischen den dreien, bis Juliet ein einfaches Statement abgibt, was sich jedoch später Nicht als so einfach entpuppt.

„Ich hasse Männer" flüstert sie und ballt ihre Hände zu Fäusten „ich hasse es, dass ich in einer Welt regiert von Männern, immer Angst haben muss alleine rauszugehen, immer Aufpassen muss, was ich anziehe und bloß zu keiner revolutionären Frau werde, die das Patriarchat potenziell stürzen könnte, weil man dann sofort als komisch, anders und dumm abgestempelt wird. In dieser Cancel-Culture in der wir leben ist sowas lebensbedrohlich und ich hasse es."

Erneut herrscht eine kurzlebige Stille, in der Zach kopfnickend Juliet zustimmt.

„Ich hab's!!" sagt Chiara plötzlich und sitzt wieder aufrecht im Bett, während sie wissend ihren Zeigefinger in die Luft streckt „Juliet! Was fehlt dir? Schon seit Anbeginn der Zeit?"

Energisch starrt Chiara ihre beste Freundin mit großen Augen an, wie als müsste Juliet die Antwort auf der Zunge liegen. Als jedoch Chiara dreimal hintereinander erwartungsvoll mit dem Kopf genickt und sie immer noch keine Antwort erhalten hat, stöhnt sie auf.

„Na ein Romeo" erklärt sie „jede Juliet braucht einen Romeo!!"

Mit gekrauster Stirn starren Zach und Juliet ihre beste Freundin an, wie als würde sie im Fieber reden.

„Leute! Checkt ihr es denn nicht? Juliet braucht einen Romeo! Einen Romeo, der ihr hilft wieder Anschluss zu finden, der sie unterstützt und der sich um sie kümmert. Du brauchst jemanden, der dir dabei hilft Fliegen zu lernen!!"

„Dafür hab ich doch euch" entgegnet die Rothaarige, doch Chiara tut sie mir einem einfachen Kopfschütteln ab.

„Nein, du musst aus dieser Blase hier raus, wenn du wieder richtig das Leben leben willst Juliet" sagt die Blondhaarige „wir konnten dir helfen wieder Laufen zu lernen, aber das kannst du jetzt Juliet und unsere Arbeit ist somit getan, jetzt brauchst du jemanden der dich das Fliegen lehrt und dabei werden Zach und ich stolz zu sehen.....stimmt's?"

Chiara starrt nun Zach an, der überrascht die Augen aufreißt und nun wieder nickend zustimmt.

„Ja Juliet" sagt er unbeholfen „das brauchst du...einen Romeo."

Genervt ausatmend lässt sich Juliet in die weichen Kissen fallen und zieht sich die Decke über das Gesicht, wobei sie gespielt weinende Geräusche von sich gibt.

„Bitte nicht" kommt es dumpf unter der Decke hervor „bitte tut mir das nicht an"

Ein Grinsen hat sich auf Chiara's Lippen gelegt.

„Oh doch Madame" sagt sie triumphierend „Du brauchst einen Romeo und Zach und ich werden dir einen besorgen!"

„Werden wir das?" fragt Zach überfordert.

„Ja, das werden wir!" erklärt Chiara bestimmend  „und glaub mir Juliet, wir werden den perfekten Romeo für dich finden!"

Sie hätte sich ihr übliches Statement über Männer sparen sollen, denkt sich die Rothaarige. Wie kommt sie aus der Nummer nur wieder raus?
Wenn Chiara sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann wird sie das auch durchziehen.
Außer..

Ha! Was denkt ihr?

Romeo | 𝐫𝐝𝐣Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt