schweren HerzensMit offenem Mund steht sie da und ihr Kopf ist von einem auf den anderen Moment völlig leergefegt. Mit eleganten Schritten kommt Mister Gardner auf Juliet zugelaufen, wobei er seine Hände in seinen Hosentaschen vergraben hat.
Kurz vor ihr bleibt er stehen, lehnt sich leicht nach vorne und flüstert:
„Miss Fournier? Ich habe Ihnen eine Frage gestellt."
Juliet blinzelt zweimal feste, um erst einmal die Situation überhaupt begreifen zu können. Er behandelt sie, wie als hätte zwischen ihnen nie etwas stattgefunden, wie als wären sie nie intim geworden und wie als würde er Juliet nicht über die Uni hinaus kennen.
Dieser Arsch hat nach ihrem Liebesgeständnis in Washington tatsächlich kalte Füße bekommen und tut jetzt so, als wäre nie etwas passiert!
„Lass das" gibt die Rothaarige kleinlaut von sich und meidet dabei gekonnt Blickkontakt.
„Was soll ich lassen?" fragt der Professor nach und richtet sich wieder gerade auf, wobei er mit gekrauster Stirn auf die Dreiundzwanzigjährige hinabblickt. Unnennbare Wut baut sich in Juliet wie ein brennendes Gefühl auf und es fühlt sich an, als könnte sie just in diesem Moment Feuer spucken.
Mit ihrer Zunge drückt sie gegen die Innenseite ihrer Wange und überlegt scharf, wie genau sie die Worte, die ihr im Kopf herumschwirren, sagen soll.
„So zu tun, wie als wäre zwischen uns nie etwas gewesen" mit verengten Augen schaut sie dem Mann direkt in die Augen und kann sehen, dass er überrascht scheint.
„Der Vertrag existiert nicht mehr, Juliet" die Tonlage in der er die Worte sagt, gefällt Juliet überhaupt nicht. Er klingt großkotzig, besserwisserisch und belehrend. Genauso wie in seinen Vorlesungen.
„Also gibt es auch keinen Grund mehr das hier-" er deutet zwischen ihm und ihr hin und her „-aufrecht zu erhalten. Ich hoffe, das verstehst du."
Die Studentin versucht verbissen gegen die sich anbahnenden Tränen anzukämpfen und das bedrückende Gefühl in ihrer Magengegend zu unterdrücken.
„Ich habe dir gesagt, dass ich dich liebe" sie wird leiser „ich dachte du würdest auch etwas-"
„-Für dich empfinden?" unterbricht Mister Gardner sie „um Gottes Willen Juliet, ich meine schauen Sie sich und mich doch mal an. Ich bin zwölf Jahre älter als Sie und Professor. Sie..Sie sind Studentin, niemals würde ich mich auf so etwas in Wirklichkeit einlassen."
Bei den letzten Worten zuckt sein rechtes Auge unmerklich und als er den Satz beendet, räuspert er sich verlegen laut.
Der Gedanke daran, eine tatsächliche Beziehung mit einem Mann zu führen nach dem Vorfall vor drei Jahren, zerbricht nach den Worten Mister Gardner's nun ganz. Alles was sie mit ihm erlebt hat und alles was sie für ihn empfindet, baut auf einer einzigen Lüge. Sie hätte es besser wissen müssen.
Juliet starrt auf den Boden, während ihre Gedanken rasen. Der Mann beobachtet sie dabei scharf.
„Außerdem kenne ich ihre Vorgeschichte Juliet" setzt er an und die Rothaarige ahnt nichts Gutes „es ist beeindruckend was aus ihnen geworden ist und auch ihr Streben nach einer besseren Welt. Ihr Antrieb für das Studium ist wirklich lobenswert, doch ich denke nicht, dass ich es mit meinem Gewissen vereinbaren könnte, mit Ihnen eine tatsächlich Beziehung zu führen. Ich will nicht der Grund sein, warum Sie völlig zerbrechen."
Ein endloses Rauschen legt sich auf Juliet's Ohren und Tränen bilden sich in ihren Augen. Er verwendet es gegen sie. Er verwendet ihre Vergangenheit nicht nur gegen sie, sondern auch gegen eine gemeinsame Beziehung und Zukunft der beiden.
„Du bist ein Feigling" haucht sie und blickt auf zu ihm. Als er ihren Blick wahrnimmt, schluckt er schwer „Meine Vergangenheit gegen mich und uns zu verwenden, nur weil du dir nicht eingestehen kannst, dass das Problem bei dir liegt und nicht bei mir."
Sie schüttelt ungläubig und enttäuscht den Kopf.
„Du bist ein riesiges Arschloch Nathan Gardner, das wusste ich von Anfang an, aber es ist meine Schuld, dass ich an etwas Besseres in dir geglaubt habe. Das Einzige was mich wirklich enttäuscht ist, dass ich trotz meiner ach so schlimmen Vergangenheit zum ficken gut genug gewesen bin, aber es für eine tatsächliche Beziehung nicht gereicht hätte."
Angewidert blickt sie den sprachlosen Mann einige Sekunden an, bis sie schwer seufzend an ihm vorbeiläuft. Sofort werden ihre Augen glasig und sie muss eine Hand auf ihren Mund drücken, um ein klägliches Schluchzen zu unterdrücken, so, dass es Mister Gardner nicht hören kann.
Schnell biegt sie um die nächst beste Ecke und lehnt sich gegen die Wand, an der sie langsam runterrutscht. Dicke Tränen kullern ihre Wangen hinab und die Hand vor ihrem Mund kann letztendlich das Schluchzen nicht unterdrücken.
Als sie sich nach einigen Minuten durch eine bestimmte Atemtechnik, die sie in ihrer damaligen Therapie gelernt hat, etwas beruhigt hat, steht sie wieder auf und will das Gebäude verlassen. Ein Blick hinab in den Gang lässt sie jedoch erkennen, dass Mister Gardner immer noch dort steht, wo sie ihn zurückgelassen hat.
Ihr Herz sticht, als sie ihn so sieht, doch sie zwingt sich zu gehen. Der Mann interessiert sich nicht für sie, ihre Gefühle oder generell seine Mitmenschen, sondern nur für sich selbst. Es ist also an der Zeit, dass Juliet in diesem Moment auch mal nur an sich denkt.
Schweren Herzens läuft sie durch die Türe nach draußen auf den Campus. Die Kälte schlägt ihr ins Gesicht, wie kaltes Wasser und lässt sie erkennen, dass ihr schlimmster Albtraum der letzten Wochen wahr geworden ist.
Was denkt ihr ? 🥲

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Romeo | 𝐫𝐝𝐣
FanfictionWenn der strenge Rechtswissenschafts-Professor plötzlich mehr Bedeutung im Leben einer jungen Frau bekommt, als ihr lieb ist. „every juliet needs a romeo" - e