Die Wenclair Story - Gegensätze ziehen sich an (In Bearbeitung)

Kapitel 24 - Ich bin nur ein bisschen müde

Enid's POV:

Wir saßen in einer großen Runde, draußen auf dem Schulhof. Die zwei kleinen Bänke um den großen Tisch reichten für uns nicht.

Ich klammerte mich an meinem Jackenärmel fest, weil die späte Oktober-Kälte auch inzwischen Jericho erreichte, und zwar nicht mehr nur nachts.

Alle neun Anwesenden waren entweder mit sich oder mit jemand anderem aus der Gruppe beschäftigt. Mein Platz war am rechten Eck mit einem tollen Überblick über die Szene. Das war die perfekte Gelegenheit, um einen langsamen Blick auf meine Freunde zu werfen.

Neben mir saß Bianca mit ihren Augen auf das Geschichtsbuch in ihrem Schoß fixiert. Sie lernte immer noch hastig für den Geschichtstest, der in 10 Minuten anfing. Sie war immer streng mit sich selbst, was die Schule anging. Makellose Noten und eine perfekte Anwesenheit im Unterricht waren unerlässlich für sie. Ein Maximalist. Genauso wie ich. Nein. Genauso wie ich es auch mal war. Als ich mich noch auf die Schule konzentrieren konnte.

Xavier wackelte mit seinen Beinen neben Bianca. Sein schlampiges, immer leidendes Gesicht in meiner Nähe zu haben, reizte einfach nur meine Würgereflexe. Er wurde aus einem einzigen Grund toleriert und das war unser Respekt Ajax gegenüber. Er war schließlich sein bester Freund oder so. Wären wir mit Ajax nach unserer Trennung nicht weiterhin Freunde geblieben, wäre Xavier seit langem nicht mehr Teil dieses Freundeskreises. Nicht, dass ich uns Freunde bezeichnen würde, bei mir wurde nämlich das Seil schon an dem Tag durchgeschnitten, an dem er Wednesday gedroht hatte.

Diese Geschichte machte mich bis heute wütend. Einem Addams zu drohen ist an sich schon eine gefährliche Aktion. Doch dann noch zu dem eigenen Vater zu rennen, weil es ihm nicht gefiel, dass Wednesday zwar sein Geschenk, das Handy, angenommen hatte, aber danach nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte? Das zeigte nur seine Dummheit.

Er hatte ein großes Glück, dass wir uns mit größeren Problemen beschäftigen mussten, als seinen jämmerlichen Arsch zu bemuttern.

Er merkte, dass ich ihn anstarrte, ich sah, wie seine Augen kurz in meine Richtung schauten, trotzdem sagte er nichts, nur zog er seine Kapuze noch mehr über den Kopf.

Er musste meine Wut spüren, er wagte es seit Wochen nicht mehr richtig in meine Augen zu sehen. Besser so. Wenn Blicke töten könnten, würde er schon seit langem im Grab liegen. Außerdem diente seine Gegenwart eher einer tobsüchtigen Dekoration als sonst was anderem. Man sah ihn nicht mehr ohne gerunzelte Augenbrauen. Doch was sein Problem war? Tja, niemanden hat das so weit interessiert, dass er nachgefragt hätte.

- "Ich weiß, dass das ein bisschen last minute ist, aber seid ihr heute dabei?"- fragte Yoko.

- „Immer doch Schwesterherz." – drehte sich Kent für ein schnelles Highfive zu Yoko.

- „Ich hoffe doch Idiot, das war deine Idee." – erwiderte Yoko augenrollend die Geste.

Kent wandte sich schulterzuckend wieder Ajax spielten den Daumenkampf weiter.

Die beiden waren die letzten Wochen die Seelen der Gruppe. Sie waren der Humor, den wir so dringend gebraucht haben. Auch, wenn sie nicht wussten, was uns zugestoßen ist, merkten sie natürlich die traurige Stimmung. So wurden sie zu Clowns, die uns mit lustigen Aktivitäten und Ideen überraschten. Und je mehr Zeit verging, desto mehr Ideen wurden tatsächlich angenommen. Wie heute. Kent's Einfall, den Yoko organisieren sollte.

Mein Blick wanderte sofort zu ihr. Ihre starken Arme umschlangen Divina von hinten.

Es schien denen gut zu gehen, trotz all den traumatischen Erlebnissen der letzten Zeit. Endlich sah ich Divina wieder lächeln, was mich unglaublich freute. Yoko spielte mit ihren Haaren, bohrte ihre Nase in ihren Hals und atmete tief ihren Geruch ein. Sie sahen so verliebt aus. So glücklich. So frei. Und was fühlte ich? Nur Neid. Was ich nicht alles dafür getan hätte, um Wednesday's Arme so um mich herum spüren zu können? Nicht, dass es ihre Schuld gewesen wäre, dass wir noch nicht so weit waren. Ich war diejenige, die noch nicht bereit war.