Kapitel 16 - Ich weiß.

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- „Wie toll, dass du mich noch erkennst." - sagte er lächelnd am Telefon.

Wie gefroren standen wir alle um das kleine Gerät herum.

Ich verteilte Blicke zwischen Bianca und Yoko, die sich kaum trauten sich auch nur ein bisschen zu bewegen. Wir waren kleine Statuen mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken.

Bianca konnte nicht fassen, was hier gerade passierte. Vielleicht dachte sie, dass das eine ganz blöde Prank sei. Dass ich mich tatsächlich nur aus reiner Überreaktion gegen Yoko gestellt hatte. Dass ich nur der anhängliche Psychopath der blonden Wölfin bin und dass ich es nicht ertrage Enid aus meinen Routinen zu lassen. Sie versuchte die Teile zusammenzusetzen, sie versuchte unglaublich hart. Das gelang ihr jedoch nicht. Wie denn auch? Sie hatte überhaupt keine Ahnung von den ganzen Geschehnissen aus den letzten zwei Monaten. Sie sprang jetzt nicht nur kopfüber ins Wasser, sondern landete sofort in einem zementierten, leeren Pool, mit vielen Geheimnissen, die sogar allen eingeweihten Mitgliedern schwierig fielen zu verstehen.

Yoko ging es ähnlich. Sie verstand natürlich auch nicht alles. Zwar mehr als die Sirene neben ihr, aber trotzdem besaß sie nicht genug Informationen. Ihre Reaktion war aber das komplette Gegenteil von Bianca's. Sie war wütend, das konnte ich sehen, dennoch blieb sie ruhig. Sie hörte nicht nur dem Gespräch zu, sie agierte mit mir.

- „WO.IST.SIE?" - betonte ich jedes einzelne Wort.

- „Oh keine Sorge, sie sitzt hier schön angeleint." - ein kleines Rauschen kam durch den Hörer. Enid's murmelnde Anstrengung war nicht zu überhören. - „Willst du hallo sagen, kleine Hündin?"

- „WEDNESDAY, KOMM NICHT HIER H-" - schrie Enid ins Telefon, doch sie wurde wieder zum Schweigen gebracht.

- „Ganz schön bissig die Kleine. Ich verstehe, warum du sie magst."

Er versuchte mich aus der Ruhe zu bringen. Leider ging das einfacher als gedacht.

- „Wehe du fasst sie einmal an, ich-." - wurde ich aggressiv mit meinem Ton.

Yoko legte aber ihre Hand auf meiner Schulter und schüttelte ernst ihren Kopf. Sie holte einen tiefen Atemzug und dann atmete die ganze Luft wieder aus ihrer Lunge, während sie mir streng in die Augen schaute. Ich habe ihr Zeichen verstanden. Ich biss das Ende meines Satzes weg.

- „Was Wednesday? Was passiert, wenn ich sie anfasse?" - lachte er enthusiastisch.

Yoko hatte Recht. So hätte das niemals funktioniert.

- „Was willst du?" - zischte ich durch meine Zähne.

- „Dich natürlich. Alleeeeein." - antwortete er singend. Sein psychotisches Lächeln konnte man ebenfalls, ohne ihn zu sehen, erkennen. - „Um 19:45 treffen wir uns dort, wo wir unser kleines Tänzchen angefangen haben. Keine Spielchen 'Wens'. - imitierte er Enid's Stimme. - „Oder jemand verliert hier einige schönen, scharfen Krallen."

Wir alle hörten Enid im Hintergrund bedrückt weinen.

Yoko und ich, wir wussten beide, wie sehr Enid wahrscheinlich sowohl im Inneren als auch im Äußeren zitterte. Wir kannten die schrecklichen Träume, die sie seit der Hyde-Attacke jeden Tag verfolgten. Sie wachte öfter panisch in der Mitte der Nacht auf, hielt an ihren Wunden am Gesicht fest und konnte sich nur ganz schwierig beruhigen. Sie sagte immer, dass das nur Phantomschmerzen sind und dass wir uns keine Sorgen machen sollten, dass sie sich mit der Zeit viel besser fühlen wird. Aber das war nicht die Wahrheit. Zwar bekam sie keine Panikattacken mehr, zumindest keine schweren, weinte sie trotzdem oft.

Mein linkes Auge zuckte von dem Gedanken an Enid zwischen Tyler's ekligen Händen zu sehen. Ich schaute langsam auf Yoko und sah in ihren erstarrten Augen, dass sie mit denselben Gedanken spielte. Wir durften Enid keinen Moment länger bei ihm lassen.

Die Wenclair Story - Gegensätze ziehen sich an (In Bearbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt