Im Strudel der Zeit - Todgeweiht

Kapitel 15

Die Luft war geladen vor Spannung. In dem Transporter saßen vier Männer. Hansson, Bryan, Krauss und Lockwood. Lockwood hatte darauf bestanden, dabei zu sein. Hansson hätte normalerweise nicht zugestimmt, aber unter diesen Umständen war es ihm sogar lieber, den Mann nahe bei sich zu haben. Umgeben waren sie von kleinen Monitoren und Computern. Hansson hielt sein Funkgerät fest umklammert. Es waren noch fünfunddreißig Minuten. Nur noch fünfunddreißig Minuten! Black Soul musste Chandler bald erreichen, sonst würde die Zeit knapp werden. Sie hatten ein weites Netz an Verfolgern gespannt, um Black Soul nicht aus den Augen zu verlieren, während er von Chandler durch die Stadt gelotst wurde. Doch sie mussten Abstand halten. Chandler hatte in seiner letzten Rede mehr als deutlich gemacht, dass es tödlich war, wenn er mitbekam, dass sie sich nicht an seine Anweisungen hielten. Hansson plagten noch immer Gewissensbisse, dass sie Black Soul überhaupt verfolgten. Sie sollten sich zurückhalten und Chandler und Black Soul erst später aufhalten, wenn Joy in Sicherheit war. Bei der letzten Ansprache des Entführers war Hansson das Blut in den Adern gefroren. Was, wenn er die Bombe tatsächlich früher hochgehen ließ? Außerdem hatte der Mann recht, Joy brauchte dringend ärztliche Hilfe. Sie sah aus, als würde sie bereits an der Schwelle des Todes stehen. Sie mussten Joy unbedingt dort rausholen und was sie gerade taten, war viel zu riskant. Aber die Anweisung kam von oben. Hansson hatte keine andere Wahl.

Dass Joy auf dem Livestream nicht mehr zu sehen war, machte ihn verrückt. Sie hatten keine Ahnung, ob sie noch lebte oder bereits gestorben war. Stattdessen tickte unaufhörlich die Uhr. Nur noch vierunddreißig Minuten! Es war nicht auszuhalten. Hinzu kam die andauernde Anspannung bei der Verfolgung von Black Soul. Er war ihnen schon mehrmals fast entkommen. Chandler wusste, was er tat. Am vereinbarten Treffpunkt hatte eine Tasche auf Black Soul gewartet. Darin hatte er ein Wegwerfhandy gefunden. Chandler hatte ihn darauf angerufen und seither dirigierte er ihn durch die Stadt. Hansson wusste nicht, wie oft die Anspannung ihn beinahe umgebracht hätte, als Black Soul in einer Unterführung oder einem Parkhaus verschwunden und anschließend neu gekleidet wieder erschienen war, wodurch sie ihn fast verloren hätten.

Bald musste es so weit sein. Black Soul durfte nun nicht mehr allzu weit von Chandler entfernt sein, wenn dieser noch genug Zeit haben wollte, anschließend die Bombe zu deaktivieren. Hansson horchte auf sein Funkgerät und verfolgte die Kameraaufnahmen, die an die Bildschirme im Van übertragen wurden. Bryan tat dasselbe und Krauss war dafür zuständig, den Livestream zu beobachten. Lockwood hatte seinen Kopf in den Händen vergraben und seit einigen Minuten kein Wort mehr gesagt. Hansson konnte sich gar nicht vorstellen, was in seinem Kopf vorgehen musste.

„Hansson?", hörte er seinen Namen, doch er war konzentriert auf die Funksprüche. Black Soul war noch immer in Sicht. „Hannson", hörte er noch einmal Krauss' Stimme.

„Was denn?" Gereizt drehte er sich zu seinem Kollegen um. Seine Nerven lagen blank.

„Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe das Gefühl, Joy wollte uns etwas sagen."

Überrascht sah Hansson ihn an und auch die Blicke von Bryan und Lockwood schossen in die Höhe.

„Wie meinen Sie das?", fragte Hansson.

„Ich hatte so ein Gefühl und habe die Aufnahme von Chandlers Abschied noch einmal laufen lassen. Sie starrt dabei direkt in die Kamera. Sie interessiert sich nicht für das, was Chandler sagt. Das war das, was mich irritiert hat, weshalb ich es mir noch einmal angesehen habe. Und tatsächlich: Obwohl sie die Augen kaum offenhalten kann, versucht sie es mit aller Kraft. Aber sie zwinkert viel. Und irgendwie habe ich das Gefühl, sie zwinkert in einem Takt, denn sie bewegt gleichzeitig ihre Zeigefinger."

„Sie zwinkert im Takt?" Hansson war verwirrt, die Anspannung ließ ihn nicht mehr klar denken. „Was soll denn das bedeuten? Was will sie uns damit sagen?"