Kapitel 18

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„Wo ist er hin?"

Cardwell brüllte so laut durch das Telefon, dass Hanssons Ohren klingelten. Als hätte er heute nicht schon genug gelitten. Ein Sanitäter hatte sich kurz um ihn gekümmert, aber es waren keine Rippen gebrochen, selbst wenn es sich so anfühlte. Blaue Flecken und Blutergüsse würden für eine Weile seinen Körper zieren, ansonsten war er verhältnismäßig glimpflich davongekommen. Auch die Nase war nicht gebrochen und hatte endlich aufgehört zu bluten.

Hansson stöhnte. „Wir wissen es nicht. Durch die Explosion ist alles durcheinander geraten. Unsere Männer haben seine Spur verloren. Sie haben sehr schnell reagiert und sind sofort losgezogen, aber Black Soul war verschwunden. Er muss ein Auto gehabt haben. Vielleicht hat Chandler auf ihn gewartet. Oder ein Komplize."

„Gibt es keine Kameraaufzeichnungen?"

„Da sind wir noch dabei. Es gibt einen Geldautomaten, der eventuell etwas aufgezeichnet hat, aber wir haben die Aufnahmen noch nicht."

„Verdammt, die Leute machen uns die Hölle heiß! Das war unsere Verantwortung. Es war Ihre Verantwortung, Hansson. Nun ist Joy tot und wir haben Black Soul verloren. Und die Öffentlichkeit gibt uns die Schuld an ihrem Tod, weil wir Black Soul beobachtet haben. Haben sie damit Recht, Hansson?"

„Nein, haben sie nicht. Joy hat uns schon eine Stunde vor ihrem Tod eine Botschaft geschickt."

„Wie bitte? Was für eine Botschaft? Wieso erfahre ich so etwas erst jetzt?"

„Weil wir es selbst leider erst in den letzten Minuten vor ihrem Tod entdeckt haben."

„Verdammt, Hansson. Jetzt rücken Sie schon raus mit der Sprache! Was für eine Botschaft?"

„Sie hat Morsezeichen geschickt, während Chandler seine letzte Rede gehalten hat. Sie hat uns gebeten, Black Soul zurückzuholen. Sie hat es gewusst. Sie hat gewusst, dass sie sterben würde und wollte uns warnen. Wir haben es nur leider zu spät bemerkt. Es war ihr letzter Wunsch, Cardwell, und wir haben ihr diesen Wunsch nicht erfüllt."

„Also gut, machen Sie sich da mal keine Vorwürfe. Immerhin können wir der Presse mitteilen, dass es nicht unsere Schuld war. Chandler hatte nie vor, Joy am Leben zu lassen."

„Das ist das Einzige, was Sie interessiert? Dass wir vor der Presse gut dastehen?"

„Hansson, Sie wissen genau, unter welchem Druck ich stehe. Außerdem ist es auch Ihr Name, der dabei zu Schaden kommen wird. Vergessen Sie das nicht. Sie sind der Erste, der dieser Sache zum Opfer fallen wird, falls wir uns nicht rechtfertigen können. Haben Sie das verstanden? Also reißen Sie sich zusammen und sorgen Sie dafür, dass wir diesen Mistkerl finden. Wir sind gerade dabei, eine Sonderkommission zusammenzustellen. Sie und Ihr Team werden ein Teil davon sein. Sie kennen die Lockwoods am besten. Aber enttäuschen Sie mich nicht. Tun Sie verdammt noch mal alles, um Chandler und Black Soul zu finden. Wir können es uns nicht leisten, dass diese zwei Psychopathen da draußen frei herumlaufen. Ich will gar nicht wissen, wozu sie gemeinsam fähig sind. Also beenden Sie das, bevor es beginnen kann, haben Sie verstanden?"

Hansson war sprachlos. Cardwell war die meiste Zeit zum Kotzen, so wie auch jetzt. Trotzdem hatte er mit allem Recht, was er gesagt hatte. Ganz egal, wie wenig Hansson das gefiel.

„Sind Sie noch dran, Detective?"

„Ja, Entschuldigung. Und ja, ich habe verstanden. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten."

Erschöpft legte er auf. Cardwells letzte Worte ließen ihn erschaudern. Er musste Chandler und Black Soul dringend aufspüren, bevor sie womöglich die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzten. Das war er Joy schuldig. Es war ihr letzter Wunsch gewesen, dass Black Soul aufgehalten wurde, also würde Hansson alles tun, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen – auch wenn sie davon nichts mehr mitbekam.

Im Strudel der Zeit - TodgeweihtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt