Kapitel 33

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Joy war tatsächlich für eine Weile weggedöst. Sie war einfach zu erschöpft. Doch irgendwann setzte sich jemand zu ihr und sie schlug verwirrt die Augen auf.

„Es geht gleich los!" Black Soul strahlte sie überglücklich an, während Nicholas im Hintergrund den Fernseher anschaltete. Was ging gleich los? Joy war durcheinander.

„Dein Gedenkgottesdienst. Er wird live im Fernsehen übertragen. Mal gespannt, ob wir deinen Dad auch sehen."

Black Soul freute sich viel zu sehr über ihren Gedenkgottesdienst. Das war einfach nicht normal. Für ihn war es ein Spektakel wie für andere ein Konzert ihres Idols. Als Nicholas das richtige Programm gefunden hatte, schluckte Joy. Es kamen tatsächlich Aufnahmen von der Kirche. Ein Reporter berichtete über die Lage. Der Gottesdienst würde erst in einer halben Stunde beginnen, aber der Platz vor der St. Mary's Cathedral war bereits überfüllt. Menschen hatten sich auf den Straßen rund um die Kirche versammelt. Überall blinkten Blaulichter. Der Reporter sprach von 3000 Menschen und es kamen immer mehr. Bilder von Trauernden, die an verschiedenen Orten in Sydney Kerzen anzündeten und Blumen brachten, wurden gezeigt. Tränen traten in Joys Augen. Ganz Sydney schien zu trauern. Joy war ehrlich bewegt von so viel Liebe, doch zugleich war es schmerzhaft zu sehen, wie sehr die Menschen ihretwegen litten.

„Vielleicht sollten wir Joy das nicht sehen lassen", kommentierte Black Soul die Bilder. „Sie bildet sich nur etwas darauf ein."

Gerade, als er seinen Satz beendet hatte, fiel sein Name. Joy war froh darüber, denn es ließ ihn sofort vergessen, was er gerade gesagt hatte. Joy wollte das nämlich sehen. So schmerzhaft es auch sein mochte, tat es irgendwie auch gut, dass so viele Menschen an sie dachten. Es war ein seltsames Gefühl, schließlich war sie eigentlich am Leben und lag hier auf dem Sofa, um bei ihrem eigenen Gedenkgottesdienst zuzusehen. Aber sie hoffte sehnlichst darauf, ihren Vater zu sehen. Wenigstens einen kurzen Blick auf ihn zu erhaschen.

Der Reporter berichtete nun davon, dass Nicholas Chandler und Black Soul noch immer auf der Flucht waren. Die Polizei ging tausenden Hinweisen nach. Nach wie vor wurde davor gewarnt, sich den beiden Flüchtigen zu nähern, da sie gefährlich waren.

Toll. Ich habe wohl keine andere Wahl.

Black Soul drehte sich stolz zu ihr um und grinste sie an. Sie erwiderte trotzig seinen Blick.

„Wer bildet sich hier etwas ein?", spottete sie und er lachte herzlich. Dann fiel der Name ihres Dads und Joy erstarrte.

„Berichten zufolge wurde Professor James Lockwood in der Nacht von der Polizei verhaftet. Augenzeugen wollen gesehen haben, wie er in Handschellen ein Polizeiauto verlassen hat. Daraufhin habe er sich selbst verletzt. Die Polizei hat das nicht bestätigt. Professor Lockwood soll sich allerdings nicht in Polizeigewahrsam befinden, sondern in seine Wohnung gebracht worden sein. Dort hat er die Nacht verbracht. Es wird mit Spannung erwartet, ob er heute erscheinen wird. Die ganze Stadt fühlt mit ihm und zeigt ihm, dass er nicht alleine ist. Oh, Moment. Ich höre gerade... er ist angekommen. James Lockwood wurde in Begleitung einer Frau von der Polizei hergebracht. Er betritt in diesem Moment die Kirche."

„Na wer sagts denn." Black Soul schmunzelte vergnügt. „Hat er also verstanden, dass es schlauer ist, meinen Anweisungen zu folgen."

Joy rutschte das Herz in die Hose. Black Souls Worte jagten ihr einen Schauer über den Rücken. Zugleich plagte sie das Wissen, dass ihr Dad sich unfreiwilliger Weise in der Kirche eingefunden hatte. In diesem Moment war er dort. Joy wollte sich nicht ausmalen, wie sehr er darunter litt.

~

James war vollkommen überfordert. Zwei Polizisten hatten ihn und Stefanie zur Kirche gebracht. Vor James' Wohnung hatten bereits Paparazzi gelauert. Sie waren auf das Auto zugestürmt, kaum hatten sie die Tiefgarage verlassen, und hatten versucht, einen Blick auf ihn zu erhaschen, um ihn zu fotografieren und die Fotos vermutlich teuer zu verkaufen. Niemals hätte James eingewilligt, zu diesem verfluchten Gottesdienst zu kommen, wäre da nicht Henry in seinen Ohren gewesen. Als sie den Hyde Park erreicht hatten, der neben der Kirche lag, war James die Luft weggeblieben. Alles war voller Menschen!

Im Strudel der Zeit - TodgeweihtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt