Kapitel 72

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Kurze Info für alle, die mir nicht folgen und es nicht über mein Nachrichtenboard mitbekommen haben: Es wird jetzt (wenn das Internet hier im Urlaub mitmacht) jeden Tag ein Kapitel geben, bis der 2. Band beendet ist. Anschließend geht es dann direkt mit dem 3. Band weiter! <3 Ich hoffe, dass ich euch damit allen eine Freude machen kann 😊

Ganz liebe Grüße und viel Spaß bei den letzten Kapiteln! <3
Eure Mary-Ann

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Bryan war am Ende seiner Kräfte. Seit Lockwood ihn ein zweites Mal verprügelt hatte, kämpfte er gegen seine Fesseln an. Immer wieder spannte er die Muskeln an, um das Klebeband zu sprengen. Er wand seine Hände, doch die Fesseln gaben nicht nach. Auch die Beine riss er hin und her, aber das Klebeband, das um seine Schienbeine gewickelt war, saß bombenfest. Es gab kein Entkommen. Erschöpft gab Bryan auf.

Was war nur in Lockwood gefahren? Jetzt musste Bryan schon als sein persönlicher Boxsack herhalten. Das war zutiefst beunruhigend. Zuvor hatte Bryan das Gefühl gehabt, Lockwood einigermaßen einschätzen zu können. Inzwischen schien er unberechenbar zu sein. Wieso? Was war vorgefallen? Bryan grübelte schon viel zu lange darüber, nur sein aussichtsloser Befreiungskampf hatte ihn ein wenig abgelenkt. Vielleicht gab es auch gar keine Antwort auf seine Frage. Lockwood war einfach ein trauernder, verzweifelter Vater. Was er in den letzten Tagen durchgemacht hatte, hatte ihn gebrochen. Zusätzlich setzte der Schlafmangel ihm zu, wodurch er zunehmend unausgeglichen war. Unausgeglichen und unberechenbar. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Lockwood die Kontrolle verlor. Von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde, wurde ihm wahrscheinlich bewusster, dass er Joy für immer verloren hatte und sein Leben wurde dadurch immer weniger lebenswert.

Bryan empfand Mitgefühl für Lockwood, aber das alles gab ihm noch immer nicht das Recht, einen Polizisten zu entführen und tagelang festzuhalten und zu quälen.

Plötzlich hörte Bryan Schritte auf der Treppe. Angespannt holte er Luft. Was hatte Lockwood dieses Mal vor? Würde er ihn noch einmal zusammenschlagen?

„Und, Mills? Haben Sie sich einigermaßen erholt?", hörte er Lockwoods Stimme auf sich zukommen. Bryan antwortete nicht. Einen Augenblick später tauchte der Professor vor ihm auf. Er betrachtete sein Gesicht. „Das sieht übel aus."

Bryan war sprachlos. Natürlich sah sein Gesicht übel aus. Lockwood hatte ja auch darauf eingeschlagen wie auf einen Boxsack!

„Ich würde Ihnen ja Eis anbieten, aber ich habe leider keines. Tut mir leid, dass Sie das vorhin ausbaden mussten. Können Sie Ihren Kiefer bewegen?"

Bryan sah Lockwood verwundert an. Vorsichtig öffnete er den Mund und bewegte seinen Unterkiefer sachte hin und her. Es schmerzte unbeschreiblich, aber es ging.

„Also gut. Gebrochen ist er nicht. Ich bin hier, um Ihnen Ihr Abendessen zu geben."

„Ich habe keinen Hunger", log Bryan. Er wollte nicht riskieren, dass Lockwood ihm wieder irgendwelche Tabletten unterjubelte. Außerdem war ihm der Gedanke, mit dem schmerzenden Kiefer essen zu sollen, tatsächlich nicht geheuer.

„Ich weiß aber nicht, wie lange Sie noch hier sein werden. Ich an Ihrer Stelle würde das Essen annehmen."

Lockwood war erstaunlich ruhig dafür, dass er ihn noch vor kurzem aus reiner Wut auf irgendetwas oder irgendjemanden verprügelt hatte. Aber Bryan glaubte ihm eine allgemeine Nervosität anzumerken. Irgendetwas war im Busch. Bryan hatte nur leider keine Ahnung, was das war.

„Konnten Sie sich noch nicht davon überzeugen, dass Hansson es ernst meint?", fragte er heiser.

Lockwood gab ihm keine Antwort auf seine Frage.

Im Strudel der Zeit - TodgeweihtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt