Kapitel 19

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„Was haben wir bisher?", fragte Hansson. Er lallte schon, so müde war er. Er hatte keine Ahnung, wann er zuletzt geschlafen hatte. Es war immer nur darum gegangen, bis heute um 13 Uhr durchzuhalten, in dem Glauben, dann endlich schlafen zu können. Stattdessen war er jetzt auf der Jagd nach zwei brutalen Killern.

„Wir –" Bryan stöhnte. „Detective, wir haben so gut wie nichts."

„So gut wie nichts ist nicht nichts. Also, was haben wir?" Hansson war gereizt. Müdigkeit machte das mit ihm. Er nippte an seinem wahrscheinlich hundertsten Kaffee, seit er wach war.

„Na gut. Durch die Explosion wissen wir inzwischen, wo Chandler Joy festgehalten hat. Es war ein leerstehendes Wohnhaus im Ku-Ring-Gai Chase National Park. Von dem Haus ist jedoch nichts mehr übrig. Die Bombe hat ganze Arbeit geleistet. Die Spurensicherung ist auf dem Weg dorthin. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass sie noch etwas finden können. Und Nicholas Chandler und Black Soul – in der Annahme, dass Chandler Black Soul eingesammelt hat – sind nach wie vor auf der Flucht. Niemand hat sie seit der Explosion gesehen."

„Verdammt, wo sind sie nur? Wie konnte Black Soul die Stadt verlassen? Oder sind sie womöglich noch hier? Wir hatten doch Straßensperren eingerichtet, überall rund um Sydney. Er konnte nirgendwo ungesehen raus aus der Stadt."

„Das legt die Vermutung nahe, dass sie noch in der Stadt sind. Denn an den Straßensperren sind sie nicht aufgetaucht und die sind gründlich. Sie kontrollieren jedes Auto. Inzwischen gibt es riesige Staus aus der Stadt heraus."

„Damit werden sich die Leute wohl abfinden müssen. Es ist unsere beste Chance, die beiden aufzuspüren."

Bryan nickte und musterte Hansson nachdenklich. Hansson wusste, dass er ein schreckliches Bild abgab. Eine dicke Lippe, die geschwollene Nase, ein inzwischen blau umrandetes Auge und tiefdunkle Augenringe, die von den Strapazen der letzten Tage zeugten.

„Detective, meinen Sie nicht, Sie sollten sich mal ein paar Stunden Schlaf gönnen?", verlieh Bryan seiner Sorge Ausdruck. „Wissen Sie, Krauss, Stevens und ich, wir sind inzwischen ein erfahrenes Team. Wir wissen, was wir tun. Der Laden läuft auch ein paar Stunden ohne Sie. Und wenn Sie ein wenig geschlafen haben, sind Sie uns allen eine größere Hilfe. Keine Angst, wenn es Neuigkeiten gibt, lassen wir es Sie sofort wissen."

Hansson sah Bryan müde an. Seine Augen brannten und er zog unentwegt die Augenbrauen hoch, um sie überhaupt irgendwie offenzuhalten. Vermutlich hatte Bryan recht. Er sollte sich ausruhen. Ein wenig schlafen. Danach hatte er wieder einen klareren Kopf. Vermutlich war er sogar müde genug, um zu schlafen, obwohl Joys Tod ihn verfolgte.

„Also gut", stimmte er zu. „Ich leg mich im Krankenzimmer eine Weile hin. Sie melden sich sofort, wenn es etwas gibt, verstanden?"

„Wollen Sie nicht nach Hause gehen?"

„Nein, hier bin ich schon am richtigen Fleck, wenn es Neuigkeiten gibt. Aber eins noch: Wissen wir schon etwas von Lockwood?"

Bryans Miene verfinsterte sich. Zögerlich schüttelte er den Kopf.

„Leider nicht. Er ist verschwunden, sein Handy ist aus. Wir haben auch seine Freundin gefragt, sie weiß ebenfalls nichts. Sie macht sich große Sorgen und bittet darum, dass wir uns umgehend melden, wenn wir etwas wissen. Achja, und Joys Freundin – Amy – sie hat sich auch schon gemeldet. Sie ist am Durchdrehen. Sie will nicht glauben, dass Joy tot ist. Und ich glaube, sie gibt uns die Schuld. Darum sollten wir uns auch kümmern."

„Scheiße Mann, als hätten wir nicht genug Probleme. Amy kann erstmal warten. Aber bleiben Sie an der Sache mit Lockwood dran. Ich hab kein gutes Gefühl dabei. Er lebt nur für Joy. Sie ist sein Ein und Alles. Und Joy ist nun tot."

Im Strudel der Zeit - TodgeweihtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt