Kapitel 49

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James nahm sich vor, Mills den Mund doch wieder zuzukleben, sollte er auch nur noch ein einziges Wort sagen. Er brachte ihn noch in Teufels Küche. James hatte keine Lust, sich vor dem Polizisten für etwas rechtfertigen zu müssen, das er gar nicht aus freien Stücken tat. Er spürte, dass Mills' Worte an seinen Nerven zehrten. Das durfte er nicht zulassen.

„Und was, wenn Joy noch am Leben ist?"

James erstarrte. Hatte Mills das gerade wirklich gesagt? Wie um alles in der Welt kam er auf diese Idee? Verdammt, er musste den Mann schnell zum Schweigen bringen. Falls die Polizei etwas von Joy wusste, durften Nicholas und Henry das nicht erfahren. James wollte gerade nach dem Klebeband greifen, als sein Handy klingelte. Er zuckte zusammen und fluchte in sich hinein. Er wollte jetzt nicht rangehen, aber er hatte keine Wahl. Joys verzweifelte Stimme hallte noch immer in seinem Kopf wider. James konnte nicht riskieren, dass Henry sie noch einmal schlug. Also griff er nach dem verhassten Handy und nahm ab. Eigentlich wusste er bereits, was Henry sagen würde. James blieb stumm.

„Lass ihn verdammt noch mal reden", fauchte Henry durch den Hörer. „Ich will wissen, was er weiß oder was die Polizei zu wissen glaubt. Und dann mach ihm klar, dass Joy tot ist, hast du verstanden? Davon hängt alles ab. Es ist mir egal, wie du das machst, aber red ihm die Flausen aus!"

„Es ist gerade wirklich schlecht, Stefanie", presste James bemüht hervor. Er hatte sich wohlweislich von Mills abgewendet, sodass der seinen wütenden Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. „Ich ruf dich später zurück, okay?"

Henrys schallendes Gelächter dröhnte durch den Hörer. James hätte das Handy am liebsten mit voller Wucht auf den Boden geknallt, sodass es in tausend Stücke zersprang. Es kostete ihn all seine Willenskraft, es nicht zu tun. Stattdessen befahl er seiner Hand, das Gerät einfach wieder zurück in seine Tasche zu stecken. Er holte einmal tief Luft, dann drehte er sich langsam zu Bryan Mills um. Dieser erschrak sichtlich über seinen wutentbrannten Gesichtsausdruck.

„Wie um alles in der Welt kommen Sie darauf?", fragte James.

Mills schluckte schwer. James sah, wie er mit sich kämpfte. Er schien sich Sorgen zu machen, was passierte, wenn er James erzählte, was er wusste.

„Ich... das war das, worüber ich eigentlich gestern Abend mit Ihnen sprechen wollte, Mr. Lockwood. Bevor Sie mich überwältigt und verschleppt haben... Es besteht die Möglichkeit, dass Ihre Tochter noch am Leben ist."

„Und wie kommen Sie darauf?" James wollte diese Frage nicht stellen, aber er musste. Mills stöhnte und sah ihm direkt in die Augen.

„Mr. Lockwood, es gibt keine Leiche. Keine Leichenteile, keine Blutspritzer. Joy ist nicht bei der Explosion gestorben."

James' Herz setzte einen Moment aus. Verdammt, der Beweis war ganz schön eindeutig. Wie um alles in der Welt hatte Nicholas das übersehen können? Und wie sollte James dagegen argumentieren? Er starrte Mills an, ohne ein Wort zu sagen. Der Polizist schien das als Aufforderung zu sehen, weiterzusprechen.

„Nun... also... naja, als ich das gehört habe, hab ich sofort Hoffnung geschöpft. Sie wissen, wie viel Joy mir bedeutet. Das wissen Sie! Ich habe mir nichts mehr gewünscht, als dass sie noch am Leben ist."

James wusste, dass Mills versuchte, an sein Mitgefühl zu appellieren, ihm zu zeigen, dass sie auf derselben Seite waren. Leider hatte das alles keinen Zweck, denn diese Sache entzog sich James' Kontrolle. Würde es nach ihm gehen, säße Mills überhaupt nicht hier. James war im Moment nur eine Marionette.

„Wir haben alles abgesucht. Joy war nicht im Wald. Blutspuren haben wir auch keine gefunden. Eine Flucht ist also eher unwahrscheinlich. Aber es gibt, wie gesagt, keine Leiche."

Im Strudel der Zeit - TodgeweihtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt