Kapitel 45 | Unsere letzten Treffen

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[ Mandalore, 36 VSY. Das vorletzte Treffen. ]

Obi-Wan wachte auf. Für einen kurzen Moment wusste er nicht wo er war. Dann fiel es ihm beim Anblick der kunstvollen Glaswände wieder ein. Er war auf Mandalore. Er hatte die Nacht bei Satine verbracht. Wieder einmal. Das war nun schon das dritte Mal. Er wusste ein viertes Mal konnte er das nicht. Noch einmal und er würde Mandalore womöglich nie wieder verlassen. Obi-Wan schaute rechts neben sich. Die rechte Bettseite war leer. Wo war Satine? Obi-Wan schaute nach links und dort sah er sie im Nachtmantel am Fenster stehen. Er stand auf und ging zu ihr. Satine bemerkte nicht, dass Obi-Wan plötzlich neben ihr stand. Sie schaute wie in Trance hinunter auf einen zerstörten Wohnkomplex. Die Trümmerteile waren zu einem Großteil bereits weggeräumt worden, aber die Fundamente des Gebäudes stand noch. Sie sollte abgerissen werden und stattdessen ein groß angelegter Park dort entstehen. Obi-Wan spürte, dass Satine traurig war. „Alles in Ordnung?", fragte er einfühlsam. Satine antwortete nicht. Sie schaute weiterhin auf den zerstörten Wohnkomplex. Die Aufstände waren größtenteils unter Kontrolle, aber die Zerstörung, die die Clan Kriege angerichtet hatten blieben. Aber nicht nur die Städte hatte dieser Krieg zerstört. Er hatte fast ihr gesamtes Volk ausgelöscht. Er hatte ihre Familie zerstört. „Satine?", versuchte Obi-Wan es erneut und berührte sie diesmal an der Schulter. Satine erwachte aus ihrer Trance und schenkte Obi-Wan ein trauriges Lächeln. „Es geht mir gut.", versuchte sie ihn zu beruhigen. Der musterte sie fragwürdig, dann schaute er hinunter auf die Trümmer des Wohnkomplexes, den Satine zuvor betrachtet hatte. Er verstand, was mit Satine los war. Also versuchte er sie ein wenig aufzumuntern: „Wenn du Mandalore erst einmal wieder aufgebaut hast, wird es schöner erblühen als je zuvor." Satine lächelte traurig. Sie schätzte es, dass Obi-Wan versuchte sie aufzumuntern. Wenn er bei ihr war, konnte sie all ihre Probleme für einige Zeit vergessen. Es fühlte sich einfach gut an. Wenn er doch nur für immer hier bleiben könnte. Wenn sie doch nur für immer hier in diesem kleinen Zimmer bleiben könnten. Hätten sie sich unter anderen Umständen getroffen, hätten sie womöglich eine Zukunft gehabt. Sie hätten heiraten können, vielleicht eine Familie gründen. Aber wie dachte Obi-Wan eigentlich darüber? Satine versuchte ihm unauffällig zu entlocken, ob er genauso dachte. Sie nahm seinen rechten Arm, hakte sich ein und lehnte sich an ihn an. Obi-Wan ließ es zu. „Hast du schon mal darüber nachgedacht wie es wäre, wenn du kein Jedi mehr wärst? Würdest du heiraten und eine Familie gründen wollen?", fragte Satine vorsichtig.
„Es ist mir nicht erlaubt zu heiraten oder Kinder zu haben, also nein."
„Du sollst es dir auch nur vorstellen.", meinte Satine ungeduldig, da ihr seine Antwort überhaupt nicht passte. Er schwieg für einen Moment und dachte nach. Zu Spekulieren lag ihm eigentlich fern, weshalb er antwortete: „Ich habe noch nie darüber nachgedacht. Der Jedi-Orden ist meine Familie. Ich kenne nichts anderes."
Obi-Wan gab einfach nicht die Antworten, die Satine hören wollte. Er wich ihrer Frage geschickt aus. Also versuchte sie es etwas direkter: „Und was wäre...wenn ich schwanger wäre?", fragte sie etwas zögerlich. Obi-Wan durchfuhr es wie ein Blitzschlag. Er wich einen Schritt von Satine zurück und sah sie entsetzt an. „Du bist schwanger?", fragte er und klang überhaupt nicht begeistert. „Das habe ich nicht gesagt..." Obi-Wan atmete erleichtert aus. Da hatte Satine ihre Antwort. Und sie verletzte sie mehr als sie sich selbst eingestehen wollte. Sie tat so als wäre nichts, dennoch wandte sie sich von Obi-Wan ab. „Wir sollten gehen. Ich bin sicher man vermisst uns beide bereits.", sagte sie und trat hinter eine Trennwand, um sich umzuziehen. Sie hatte Recht. Er musste zurück zum Jedi-Tempel bevor Meister Qui-Gon ihn vermisste. Er tat es sicher bereits. Obi-Wan schnappte sich seine Jedi-Robe und zog sich an.

[ Mandalore, 36 VSY. Das letzte Treffen. ]

Ihr letztes Treffen war nun schon etwa einen Monat her. Sie hatten zwar kein Treffen vereinbart, aber Obi-Wan flog trotzdem nach Mandalore, denn er musste dringend mit Satine reden. Er hatte viel Zeit gehabt über Satines Frage nachzudenken. Zwar war er nicht begeistert gewesen, als Satine so getan hatte als wäre sie schwanger, doch das war nur der Schock. Aber vielleicht war sie es ja wirklich. Warum sonst sollte sie es ansprechen? Er wollte Satine sagen wie er empfand. Dass er, wenn sie ihn darum bitten würde, den Jedi-Orden sofort verlassen und bei ihr bleiben würde. Als Obi-Wan das Zelt betrat, in dem Satine sich aufhielt, war sie sichtlich überrascht. Sie hatte sobald nicht mit ihm gerechnet, nach seiner Reaktion bei ihrem letzten Treffen. „Obi-Wan!", sagte sie überrascht und ging auf ihn zu. „Was machst du hier?" Obi-Wan schenkte Satine ein verträumtes Lächeln. „Ich musste dich sehen.", sagte er sanft und sah ihr tief in die Augen. Satine errötete leicht und wandte ihren Blick von ihm ab, damit sie nicht völlig rot anlief. Durch Obi-Wans Anwesenheit fiel ihr ein, dass sie etwas mit ihm besprechen wollte, ja musste. Auch sie hatte seit ihrem letzten Treffen nachgedacht. Über das, was sie hier taten. Über ihre geheimen Treffen. Über ihre verbotene Affäre. „Ich würde gerne etwas mit dir besprechen...", sagte Satine schüchtern. „Ich auch.", meinte Obi-Wan. „Na, das trifft sich ja." Er lächelte nervös. Er würde es ihr wirklich sagen.
„Ja. Fang du ruhig an.", meinte Obi-Wan. Satine sah ihn ein wenig melancholisch an. Aber sie musste es ihm sagen.
„Ich denke wir sollten diese Treffen beenden. Sie...sie tun uns nicht gut. Wir beide haben unseren Leuten ein Versprechen gegeben. Wir haben eine Aufgabe, eine Pflicht gegenüber jenen Leuten.", erklärte Satine und wandte ihren Blick von Obi-Wan ab. Der wurde plötzlich ganz blass. Er verlor für einen Moment die Fassung. Satines Worte versetzten ihm einen Stich ins Herz. Was er nicht merkte war, dass diese Worte auch für sie nicht einfach waren. Aber ihr letztes Gespräch hatte Satine gezeigt, dass es keine Zukunft für sie gab. Eigentlich hatte sie es schon gewusst seit sie sich das erste Mal begegnet waren, aber sie hatte es die ganze Zeit über ignoriert. Obi-Wan, der sich inzwischen wieder gefasst hatte, sagte etwas unsicher: „Genau das...wollte ich auch vorschlagen."
„Ach wirklich?", platze es aus Satine heraus. Sie bereute es sofort wieder und hoffte er hatte ihren überraschten Tonfall überhört. Obi-Wan steckte seine Gefühle beiseite, sah Satine aufmunternd an und erklärte: „Ja. Dein Volk braucht dich. Jetzt mehr denn je."
„Ja. Das stimmt."
„Dann...sind wir uns also einig?", wollte Obi-Wan nochmal sicher gehen. „Ich schätze das sind wir, ja.", bestätigte Satine und versuchte Obi-Wan ein erleichtertes Lächeln zu schenken. „Gut.", murmelten beide vor sich hin, aber so leise, dass der jeweils andere es nicht hörte. Ohne es zu wissen verletzten sie sich mit ihrer Entscheidung gegenseitig. Aber sie beide stellten ihre Pflichten vor die Liebe. Es stand einfach zu viel auf dem Spiel. Keiner von ihnen konnte es sich erlauben selbstsüchtig zu sein.

Die Töchter des Obi-Wan KenobiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt