•1 || ,,Italien?"•

233 32 7
                                    

Hey ihr lieben!
Willkommen beim ersten Kapitel :)
Habt ganz viel Spaß und lasst mir gerne Kommentare da, ich würde mich sehr darüber freuen♡
Liebe Grüße!

•Kapitel 1•

„Italien?"

Es regnete, als ich aus der Tube-Station kam. Seufzend zog ich mir die Kapuze meines Parkers über den Kopf und stopfte meine Tasche unter den schwarzen Stoff, damit meine Unterlagen nicht nass wurden, ehe ich mich hastig auf den Weg zum Verlag machte.

Es war Mitte Juni und für Sommer erstaunlich kalt. Trotz des schlechten Wetters und der kalten Temperaturen, die mich unangenehm zittern ließen, waren erstaunlich viele Menschen unterwegs. Ich wurde von links und rechts angerempelt, wenn ich jemand anderem ausweichen musste. Solche stressigen Tage mochte ich absolut nicht.

Menschenmengen, die nicht auf ihre Umgebung achtgaben, und Verspätungen der Tube waren etwas, das konnte ich einfach nicht ausstehen. Ich war ein sehr pünktlicher Mensch und legte Wert darauf, immer mindestens fünf Minuten vor dem vereinbarten Zeitpunkt anwesend zu sein. Das war schon seit der High School so.

Damals wurde ich dafür gehänselt, als Streber bezeichnet, weil ich meine Zeit lieber mit Büchern statt mit Menschen verbrachte, und ausgelacht, wenn ich mit einem meiner abgelesenen Bücher entdeckt wurde. Tja, jetzt lachte keiner mehr, wenn ich mit gefühlt hundert Büchern auf dem Arm aus der Buchhandlung bei mir um die Ecke sparziert kam. Denn ich hatte mein Hobby zum Beruf gemacht.

Nach meinem Abschluss zog ich mit meiner Freundin hier nach London, um als Autor durchzustarten, was tatsächlich geklappt hatte. Ich würde zwar nicht sagen, dass ich übermäßig bekannt war, doch die Romane, die ich bisher veröffentlich hatte, verkauften sich gut und boten immer neuen Gesprächsstoff.

Mein Blick wanderte an der Fassade des Bürogebäudes hinauf, bevor ich mich durch eine Menschengruppe hindurchquetschte und die Glastür aufdrückte. Augenblicklich empfing mich eine angenehme Wärme. Ich schob mir meine Kapuze vom Kopf und fuhr mir einmal durch die Haare, damit sie mir nicht mehr wie eine Badematte am Kopf klebten.

Becky, die Empfangsdame des Verlags, mit der ich schon so einige Male über unseren Chef aus Spaß gelästert hatte, schaute auf und als sie mich sah, erhellte sich ihr Gesicht. Sie war Mitte Vierzig, kleiner als ich und ein wenig korpulent, aber sie war meine Lieblingsmitarbeiterin im Verlag. Ihr Humor war einfach einmalig.

Sie stand auf und winkte mir freudig zu. »Louis!«, rief sie. »Wie schön, dich hier auch mal wieder zu sehen.«

»Hallo, Becky.« Ich lächelte sie warm an, während ich meine Tasche kurz auf den Tresen legte, um mir die Jacke auszuziehen und sie an den Ständer zu hängen. Das Ding hielt echt gar nichts aus, denn der Stoff meines grünen Pullovers wies an den Armen dunkle Spuren auf. Ich musste mir wirklich mal eine neue Jacke kaufen. »Wie geht's der Familie?", fragte ich und nahm meine Tasche wieder in die Hand.

»Ach, du weißt doch.« Sie winkte ab und seufzte angestrengt. »Kaum sind die Kinder aus dem Haus, hört man nichts mehr von ihnen. Und Tom geht auch mehr Golfen, als was er bei mir ist.«

»So schlimm?« Mitfühlend sah ich sie an. Ich wusste zwar nicht, wie es war, wenn die Kinder auszogen, aber ich konnte mir vorstellen, dass es enttäuschend war, kaum noch etwas von ihnen zu hören. Ich für meinen Teil, meldete mich immer noch täglich bei Mom. Und das, obwohl ich seit fast sechs Jahren nicht mehr Zuhause wohnte.

Becky nickte und ließ sich zurück in ihren Stuhl fallen. »Du solltest hochgehen, der Chef-Drache wartet sicherlich schon.«

Ich lächelte ihr kurz zu und nickte, dann schulterte ich meine Tasche und ging zu den Fahrstühlen, da sich Mr Colsens Büro im siebten Stock befand und ich beim besten Willen keine Lust hatte, die Treppen zu nehmen. Als sich die Türen öffneten, kam mir eine junge Frau entgegen, die für dieses Wetter definitiv zu wenig anhatte. Ich würde mich in Strumpfhosen, Minirock und dünner Bluse zu Tode frieren.

Ich schenkte ihr ein gezwungenes Lächeln, als sie mich übertrieben breit angrinste und mit den perfekt gezupften Augenbrauen wackelte. Schnell hastete ich in den Aufzug, als sie draußen war, und drückte vielleicht etwas zu energisch auf den Knopf mit der Sieben. Die Fahrt dauerte nicht lang und schon nach wenigen Augenblicken stand ich vor der dunklen Holztür.

Etwas nervös schüttelte ich meine Hände, um den kalten Schweiß zu vertreiben. Es passierte nicht allzu oft, dass ich zum Chef berufen wurde, aber ich konnte mir denken, worum es ging. Ich hatte ihm seit einigen Wochen keine Updates zu meinem neuen Roman zukommen lassen, wobei der Veröffentlichungstermin immer näher rückte.

Zögerlich klopfte ich an und wartete, bis Mr Colsen mich hineinbat. Vorsichtig lugte ich durch den Türspalt. »Ah, Mr Tomlinson. Da sind Sie ja.« Mein Chef winkte mich herein und bedeutete mir, mich auf einen der beiden Stühle vor dem großen Schreibtisch zu setzen. »Ich nehme an, Ihnen ist bewusst, weshalb ich Sie hergebeten habe?«

Ich nickte. »Ja, Sir.«

»Gut«, seufzte der Mann, dessen Haare langsam einen gräulichen Farbton annahmen. »Darf ich fragen, warum Sie Ihre Arbeit momentan derart vernachlässigen?«

Unwohl knetete ich meine Finger in meinem Schoß und senkte den Blick. »Mr Tomlinson.«

»Ja, ich... meine Freundin hat sich vor drei Wochen von mir getrennt. Seitdem kriege ich irgendwie...« Meine Stimme brach und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Schnell versuchte ich, ihn durch mehrfaches Schlucken loszuwerden. Vor meinem Chef wollte ich nicht als Weichei dastehen.

»Mein Beileid«, meinte er trocken und kritzelte etwas auf das Papier, das vor ihm auf der dunklen Holzplatte des Schreibtischs lag. »Aber trotzdem geht es nicht, dass Sie im Verzug sind. Wir haben einen festgelegten Termin, der keine Rücksicht auf Ihre private Situation nimmt. Wir - aber allen voran Sie können es sich nicht erlauben, jetzt nachlässig zu werden.«

»Aber...« Ich musste tief durchatmen und räusperte mich, da meine Stimme gefährlich zitterte. »Ich habe es versucht, Sir. Aber egal, was ich tue, ich komme einfach nicht weiter. Egal, was ich schreibe, es landet früher oder später im Papierkorb.«

Mr Colsen lehnte sich in seinem Stuhl zurück und fasste sich mit Daumen und Zeigefinger ans Nasenbein, als müsse er sich beruhigen. »So wird das nichts«, knurrte er. »Und was meinen Sie, können wir dabei machen, dass Sie wieder produktiv werden?«

Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe herum und schob meine Brille hoch, bevor ich entmutigt zusammensackte und die Schultern zuckte. »Ich weiß es nicht.«

»Vielleicht tut Louis ein Tapetenwechsel ganz gut«, schlug Becky vor, die plötzlich in der Tür auftauchte. »Entschuldigung, Sir. Ms Jackson wartet unten auf Sie.«

»Ihre Idee ist gar nicht so schlecht«, ging Mr Colsen auf Beckys Vorschlag ein. Die zweifache Mutter wurde rot um die Nase. Sie bekam nicht allzu oft Lob vom Chef.

»Mr Tomlinson«, wandte er sich wieder mir zu. »Wo könnten Sie sich vorstellen, die nächsten vier Wochen zu verbringen? Dubai? Spanien? Gran Canaria?«

Etwas überfordert schaute ich ihn an. »Ähh...«

»Na los, sagen Sie. Wo wollten Sie schon immer mal hin?« Er tippte meines Erachtens etwas zu wild auf der Tastatur seines PCs herum.

»Italien«, sagte Becky mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen. Italien? Ich sah sie mit gerunzelter Stirn an, doch sie zuckte nur mit den Schultern und verließ das Büro wieder.

»Sehr schön. Sie fliegen übermorgen nach Italien. Nähere Details erhalten Sie später per Mail.« Ein letzter Klick mit der Maus und er sah mich wieder an.

»Ähh«, war alles, was ich dazu erwidern konnte.

»Freuen Sie sich, Tomlinson. Nicht jeder meiner Autoren bekommt eine vierwöchige Reise gesponsert. Aber ich erwarte von Ihnen, dass Sie mir Ergebnisse liefern. Wenn Sie wiederkommen, ist der Termin in drei Wochen, bis dahin muss das Buch fertig und überarbeitet sein.«

»Ich werde mein Bestes geben, Sir«, versprach ich und meinte es auch ernst. Ich wollte unbedingt, dass dieser Roman ein Bestseller wurde. Hoffentlich würde der „Urlaub" mich auf andere Gedanken bringen und mir helfen, wieder etwas Gescheites aufs Papier zu bringen.

»Na, worauf warten Sie noch? Gehen Sie nach Hause und fangen an zu packen!«, scheuchte Mr Colsen mich aus seinem Büro.

Hastig räumte ich meine Sachen zusammen und eilte dankend aus dem Büro. Ich würde nach Italien fliegen, verrückt.

Paperplanes || l.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt