•58 || „Danke, dass du meinen Sohn gerettet hast."•

93 14 2
                                    

Kapitel 58

„Danke, dass du meinen Sohn gerettet hast.“

Vier Tage später durfte ich endlich wieder alleine aufs Klo gehen. Jedes Mal nach Allen oder der Nachtschwester zu klingeln war wirklich mehr als unangenehm. Zwar musste ich mit Krücken laufen und durfte mein rechtes Bein auf keinen Fall belasten, damit die Naht nicht aufgehen würde, aber das kleine, wiedererlangte Stück Freiheit fühlte sich verdammt gut an.

Jeden Tag kamen meine Familie oder Zayn, manchmal auch Niall und einmal besuchte mich Liam im Rollstuhl, um zu sehen, wie es mir ging. Und naja, was sollte ich sagen? Mit jedem Tag ging es mir besser. Zwar war ich immer noch absolut erschöpft und selbst kleine Strecken zurückzulegen war mehr als anstrengend, aber es ging mir besser.

Allein dadurch, dass Dr. Becker mir vor wenigen Stunden berichtet hatte, dass Harry stabil und auf gutem Wege der Besserung war, lebten die Lebensgeister in mir wieder auf. Das Einzige, das mir noch ein wenig Sorgen bereitete, war das Gespräch mit der Psychologin, das mir noch immer bevorstand.

Auf halbem Wege zu Harrys Zimmer, musste ich mich für einen Moment setzen. Angestrengt atmend ließ ich mich auf einem der unbequemen Krankenhausstühle nieder. Pfleger, Schwestern und Ärzte wuselten um mich herum, Patienten in Rollstühlen wurden an mir vorbeigeschoben. Es herrschte ein geschäftiges Treiben auf der Station.

Da ich gestern Abend noch auf die normale Station verlegt worden war, musste ich nun fast durch das ganze Krankenhaus, um in die Intensivstation zu kommen. Dr. Becker hatte mir heute Morgen gesagt, dass Harry jetzt Besuch empfangen konnte. Also machte ich mich nach dem Mittagessen auf den Weg.

Dass es allerdings eine halbe Weltreise war, um zu ihm zu kommen, war mir nicht bewusst. Als ich in mein neues Zimmer verlegt wurde, kam es mir nur halb so weit vor. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich wieder einigermaßen ruhig atmete und mein Bein nicht mehr schmerzte. Dann kämpfte ich mich zurück auf die Beine und setzte meinen Weg fort. Die Infusionsnadel in meinem Arm pikste unangenehm durch die Bewegung der Krücken, aber das hielt mich nicht davon ab, zu meinem Freund zu gehen.

Oder zu humpeln, wie man es sah.

»Name?«, fragte eine ältere Schwester, die an der Tür zur Intensivstation saß. Sie sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. »Was ist mit dir denn passiert, Kind?«

»Louis Tomlinson, und ist eine sehr lange Geschichte. Ich würde gerne zu Harry Styles, ich bin sein Freund«, stellte ich mich freundlich lächelnd vor und lehnte mich kurz gegen den Tresen.

»Ah, Mr Tomlinson. Genau, Sie stehen hier schon in der Liste. Gehen Sie einfach den Flur entlang, am Ende rechts und dann Zimmer 7D.« Sie deutete auf die Tür, die durch ihren Knopfdruck aufschwang.

Ich bedankte mich und schlüpfte schnell durch den Durchgang, bevor die Tür wieder ins Schloss fiel. Im Gegensatz zur normalen Station, war es hier still. Der Flur war bis auf eine Schwester, die Medikamente auf einem Wagen sortierte, leer. Das Geräusch meiner Krücken hörte sich unverhältnismäßig laut an, als ich um die Ecke bog und an den Türen die Nummern durchging.

Vor Zimmer 7D blieb ich stehen. Die Tür war geöffnet und ich sah eine Person im Rollstuhl an Harrys Bett sitzen. Es war eine Frau. Sie trug eine schwarze Mütze und einen warmen Pullover, während sie seine Hand hielt.

Vorsichtig klopfte ich an die geöffnete Tür. Durch das Geräusch zuckte die Frau zusammen. Sie drehte sich zu mir herum und ich erkannte ihr Gesicht sofort. Es war die Frau von den Bildern, die auf den Treppenstufen verteilt lagen. Anne, Harrys Mutter.

Sie war blass und ein überraschter Ausdruck lag in ihrem Gesicht, Tränen kullerten ihr über die Wangen. »H-hallo«, sagte sie leise.

»Darf ich?«, fragte ich und nickte zu Harry.

Paperplanes || l.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt