24. ℤ𝕦 𝔹𝕖𝕤𝕦𝕔𝕙 𝕓𝕖𝕚 𝕕𝕖𝕟 𝕄𝕚𝕪𝕒𝕤

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Mein Herz schlug laut, als er wieder ins Zimmer kam. "Hier." Er reichte mir eine Flasche Wasser und eine Tablette gegen die Schmerzen. Ich bedankte mich, nahm sie in den Mund und spülte sie mit ausreichend Wasser herunter. Kenma drehte die Tube der Salbe auf und schaute mich an. "Darf ich?" Ich schluckte, dann nickte ich. Vorsichtig ließ er sich hinter mir nieder und schob das Shirt etwas hoch. Er zischte leise. Sorgsam trug er die kühlende Salbe auf die betroffene Stelle auf. Sofort ließ der Schmerz etwas nach. Ich seufzte wohlig. "Das sieht echt schlimm aus." Er zog mein Shirt wieder herunter und drehte die Tube zu. Ich zuckte mit den Schultern. "Was soll ich machen? Jetzt ist es eh zu spät." Er nickte und stellte die Salbe auf den Nachttisch, ehe er seine Arme öffnete. "Komm her, Kätzchen."

Ich rollte mich in seinen Armen zusammen, während er die Decke über uns zog. Müdigkeit überkam mich. "Schlaf jetzt." Seine Hand strich über mein Haar. "Kenma?" Ich schaute zu ihm hoch. "Hm?" Seine braunen Augen musterte mich neugierig. "Ich habe meine Cousins gefunden." Freude trat in seine Augen. "Ich habe davon gehört. Osamu hat es mir erzählt." Ich nickte. "Jetzt wird endlich alles besser." Er nickte. "Ganz bestimmt." Ich schloss meine Augen. Kenmas Atmung beruhigte mich. Unsere Herzen schlugen im selben Takt. "Ich wecke dich heute früh, damit du rechtzeitig wieder in dein Zimmer kommst, okay?" Verschlafen nickte ich, dann schwand ich ins Land der Träume.

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Die nächsten Tage verliefen ruhiger als die ersten Zwei. Es gab keinerlei Zwischenfälle in Hinsicht auf die Social-Media-Panne, was mich positiv stimmte. Zwar wurde noch immer heftig im Internet über mich diskutiert, jedoch stand ich nicht mehr komplett im Rampenlicht. Auch Kageyama und Oikawa-san schafften es, sich gegenseitig in Ruhe zu lassen. Atsumu und Osamu hatten es sich zur Aufgabe gemacht, jede halbe Stunde nach mir zu sehen, was mich einerseits nervte, andererseits aber auch unendlich glücklich machte. Ich hatte endlich wieder das Gefühl, dass ich eine Familie hatte, die sich um mich sorgte. Tief im Inneren wusste ich, dass es ab jetzt nur noch besser werden würde. Es konnte nur noch besser werden, oder?

"Izumi-chan." Atsumu legte seinen Arm um meine Schulter. Ich schaute zu ihm auf. "Tsumu." Er grinste frech. Ich lächelte über sein kindliches Verhalten. "Was gibt es?" Er zog mich auf die Füße. "Mama möchte dich kennenlernen." Mama? Damit meinte er wohl meine Tante... Papas Schwester. "Heute?" Nervös knabberte ich auf meiner Lippe. "Ya. Sie hat uns zum Abendessen eingeladen." Das kam früher als erwartet. "Geht das denn klar?" Atsumu nickte. "Was denkst du denn, ya! Morgen ist Sonntag, da ist eh frei." Leise stieß ich die Luft aus. "Okay." Atsumu gab einen erfreuten Ton von sich. "Wir brechen um 18 Uhr auf, Cousinchen." Damit verschwand er aus meinem Sichtfeld. 18 Uhr? Das waren nur noch zwei Stunden. Ich musste mich beeilen, wenn ich vor den anderen in die Gemeinschaftsduschen wollte.

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Atsumu und Osamu warteten vor dem Schultor der Inarizaki-Schule auf mich. Ich hatte vorher noch einen kurzen Abstecher zu Kenma gemacht, um ihn über meine abendlichen Pläne zu informieren. Nachdem ich ihn versprochen hatte, ihn zu schreiben, sobald ich zurück kam oder wenn es irgendwelche Probleme gab, wünschte er mir viel Spaß und umarmte mich einmal kurz. Er wusste, wie viel mir dieses Treffen mit meiner Tante bedeutete. "Da bist's ya." Atsumu winkte. Ich lächelte. "Los, bis nach Hause ist es nicht weit." Zusammen liefen wir die asphaltierte Straße hinunter. Die herbstliche Briese strich mir meine blonden Strähnen aus dem Gesicht. "Wir sind gleich da." Osamu deutete auf eines der niedlichen Häuser im japanischen Stil. Nervös spielte ich mit dem Saum meines Kleides. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwarten würde.

"Samu, Tsumu, da seid ihr ja!" Die Frauenstimme hallte durch den kleinen Flur des Hauses. Man konnte Schritte hören, die immer näher kamen. "Und Izumi ist auch dabei, wie schön." Eine Frau mittleren Alters schaute um die Ecke. Ich keuchte leise. Sie war meinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. "Kommt rein, es gibt gleich Abendessen." Immer noch vollkommen überwältigt streifte ich meine Schuhe ab und folgte dann den Zwillingen in die kleine Küche. Ein Mann saß am Küchentisch. Er legte die Zeitung beiseite, als er uns sah. "Hallo." Ich deutete eine kleine Verbeugung an. Der Mann lächelte mich an. "Du bist Kyos jüngste Tochter, richtig? Freut mich, dich endlich kennenzulernen. Mein Name ist Miya Yuma."

Ich lächelte schüchtern. "Du siehst ihm so ähnlich, Kind. Er wäre so stolz auf dich, wenn er dich jetzt sehen würde. Du bist so ein starkes Mädchen." Kazuko legte mir eine Hand auf den Rücken. "Setz dich doch bitte." Langsam ließ ich mich neben Atsumu fallen. Mir fehlten die Worte. Alles war so... komisch. Es fühlte sich fremd an, in einen so liebevollen Haushalt zu sein. Das letzte Mal hatte ich diese Art von Zuhause erfahren, als ich noch mit Papa in New York gelebt hatte. Meine Tante servierte die Speisen. "Guten Appetit allerseits!" Wir bedankten uns für das Essen, ehe Kazuko mich fragend anschaute. "Und nun erzähl mir, Kind. Wie ist es dir in den letzten Monaten ergangen? Ich möchte alles wissen. Alles, was du für den kommenden Prozess als wichtig ersiehst."

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Wir saßen bis nach Mitternacht in der Küche zusammen. Ich erzählte ihnen von meiner lieblosen Mutter, den Horror, den ich seit Papas Tod erleben musste. Den verrückten Ansichten, die meine Mutter und meine Schwester vertraten, aber auch von meinen unüberlegten Taten, die ich teils bereute. Meine Tante hörte aufmerksam zu und tröstete mich von Zeit zu Zeit. Irgendwann fühlte ich mich komplett leer und ausgelaugt. Atsumu und Osamu waren ebenfalls schon halb am schlafen. "Was sagt ihr dazu, wenn ihr drei heute Nacht hier übernachtet. Es ist schon so spät. Außerdem hatten Yuma und ich morgen vor, Kanjas Grab zu besuchen, um es für seinen Todestag herzurichten. Du möchtest bestimmt mal deinen Vater besuchen, oder Izumi? Sein Grab ist direkt neben Kanjas."

Ich schluckte. Mein Herz wurde schwer. Ich würde endlich in der Lage sein, mich richtig von ihm zu verabschieden... Ich würde endlich wissen, wo mein Vater begraben lag. "Ich... ich würde sehr gerne mitkommen." Kazuko lächelte mich warm an. "Das freut mich. Kyo würde sich sicherlich freuen, wenn du dich um sein Grab kümmerst." Mir wurde warm ums Herz. "Na los Kinder, ab ins Bett." Sie weckte die Zwillinge, die schon halb schliefen und schickte uns hoch. Während ich in bequeme Kleidung schlüpfte, die mir Osamu bereitstellte, kümmerte sich meine Tante darum, dass das Gästebett mit frischer Bettwäsche bezogen wurde.

Ich schrieb Kenma eine Nachricht, dass ich die Nacht bei den Miyas verbringen würde und schlüpfte dann ins Bett. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, dieser Tag hatte mir viel Energie gekostet. Und doch bereitete mir der nächste Tag viel mehr Angst als der Heutige. Ich wusste nicht, wie bereit ich für diesen Schritt war. Das Einzige, was ich wusste, war, dass der nächste Tag so verdammt wichtig für meine verletzte Seele und mein gebrochenes Herz sein würde.



~𝒟𝒶𝓇ℯ 𝓉ℴ 𝒟𝓇ℯ𝒶𝓂~ Kenma x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt