34. 𝔸𝕦𝕗 𝕕𝕖𝕣 𝕊𝕦𝕔𝕙𝕖 𝕟𝕒𝕔𝕙 𝔹𝕖𝕨𝕖𝕚𝕤𝕖𝕟

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Manchmal kommt es nunmal anders als geplant. Nie im Leben hatte ich damit gerechnet, dass so etwas passieren würde. Aber genau deswegen waren diese ungeplanten Dinge manchmal die besten Ereignisse, die passieren konnten. Es war mittlerweile spät geworden. Eng umschlungen lagen wir in Kenmas Bett, ohne irgendein Geräusch von uns zu geben. Es gab nur ihn und mich, nichts dazwischen. Müde lehne ich meinen Kopf gegen seine Brust. Ein Hauch von Vanille umspielte meine Nase. Wie sehr ich seinen Geruch liebte. Seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Er schlief bereits tief und fest. Doch ich konnte einfach nicht einschlafen. Positive Erlebnisse hin oder her, ich konnte nicht zur Ruhe kommen. Der Gerichtstermin rückte immer näher und es fehlte uns noch immer an Beweisen, die wir gegen meine "Mutter" verwenden konnten. Es graute mir vor dem nächsten Tag. Auch wenn ich nicht alleine war, ich hatte schließlich die Hilfe meiner Freunde, machte es mir Angst. Was würden wir wohl herausfinden?

Kenmas Hand fing an, Kreise auf meinem Rücken zu ziehen. Ich schaute hoch. Mit halb geschlossenen Augen musterte er mich. "Warum schläfst du noch nicht, Kätzchen?" Er gähnte. Ich verzog das Gesicht. "Ich kann nicht einschlafen. Meine Gedanken halten mich wach." Verschlafen drückte er mir einen Kuss auf die Stirn. "Lass uns ein Spiel spielen." Neugierig sah ich ihm in die Augen. "Was für ein Spiel?" Kenma lächelte leicht. Sein zweifarbiges Haar war vom Schlafen leicht zerzaust. "Ich male dir etwas auf den Rücken und du musst erraten, was es ist", flüsterte er mir leise ins Ohr. Ich nickte nur. "Erste Runde Kätzchen." Sein Finger strich sanft über meinen Rücken. Aufmerksam folgte ich seiner Berührung. "Das ist Yuki, deine Katze." Er nickte. Ich hörte das weiße Fellknäuel leise maunzen. "Du bist dran." Vorsichtig legte ich meine Hand auf seinen Rücken und begann, etwas zu zeichnen. Lange Zeit blieben wir still. "Eine Blume?" Ein Nicken meinerseits. Mittlerweile fühlten sich meine Augen schwer an. Ich schloss sie und folgte nun wieder Kenmas Berührungen. Und ehe ich dagegen ankämpfen konnte war ich eingeschlafen.

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Den Tag darauf traf ich mich mit Rose in einem kleinen Café in der Innenstadt. Sie wollte mir ein paar der Sachen, die die anderen herausgefunden hatten, überbringen. "Du siehst müde aus." Rose legte ihre Hand auf meine Stirn. Sie wollte sich wohl vergewissern, dass ich nicht krank war. Erleichtert zog sie ihre Hand zurück. "Keine Sorge, ich habe nur nicht so viel geschlafen." Sie nickte verständnisvoll. Dann schaute sie mich verschmitzt an. "Ich habe gehört, du hast gestern bei Kenma übernachtet." Schnell legte ich ihr die Hand auf den Mund, um sie zum Schweigen zu bringen. Nervös schaute ich mich um. "Nicht so laut." Sie nickte, dann nahm ich meine Hand wieder zurück. "Ja, habe ich. Aber das tut jetzt gerade nichts zur Sache. Ich erzähle es dir später, okay. Momentan sind meine Gedanken woanders." Das war nicht zu hundert Prozent korrekt. Meine Gedanken waren auch bei ihm. Meinem ersten festen Freund.

Rose zog eine Mappe hervor. "Deine Freunde sind echt zuverlässlich. Das sind die Sachen von Tsukishima-san und Yamaguchi-san. Und das hier sind die Informationen von Akaashi-san und Bokuto-san. Lev und Yuki suchen gerade nach dieser Frau namens Satō Nanami. Wir haben ihren Namen entdeckt, als Sakusa-san und ich einige Zeitungsartikel durchgegangen sind." Gänsehaut machte sich auf meinem Körper breit. "Sagtest du gerade... Satō Nanami?" Mir lief es kalt den Rücken herunter. "In welcher Verbindung stand sie zu meiner Familie?" Rose schaute mich komisch an. "Das untersuchen wir gerade... Kennst du sie?" Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. "Sie... Ihr Name steht auf meiner Geburtsurkunde." Rose riss die Augen auf. "Du meinst, sie könnte deine leibliche Mutter sein? Und deine Mutter ist gar nicht deine Mutter?" Ich nickte. "Heilige Scheiße." Sie zog ihr Handy hervor und schrieb eine Nachricht. "Warum ist das bloß alles so kompliziert?" Da konnte ich ihr nur zustimmen.

Rose legte ihr Handy beiseite. "Ich kümmere mich darum. Hier sind die anderen Sachen." Langsam öffnete ich die Mappe. Akaashi-san und Bokuto-san hatten wirklich gute Arbeit geleistet. Sie waren meiner Mutter gefolgt und hatten alles festgehalten, was für sie wichtig erschien. Das Blut gefror in meinen Adern. Jedes der Fotos zeigte meine Mutter mit ihrem neuen Freund. Ein Foto ließ mich besonders erschaudern. Es zeigte eine Szene, in welcher meine Mutter auf eine alte Frau einschlug. "W-was ist das?" Rose senkte den Blick. "Sie wollte ihnen kein Geld geben. Anscheinend arbeitet ihr Freund für einen Kredithai*. Als die alte Frau nicht bezahlen wollte, sind sie ausgerastet und haben auf sie eingeschlagen. Keine Sorge, Akaashi-san und Bokuto-san haben die Polizei gerufen, aber sie konnten vorher fliehen." Mir war schlecht. "Hinata-san und Kageyama-san folgen gerade noch Hikaru. Tsukishima-san und Yamaguchi-san haben ein wenig bei ihren Arbeitgebern geschnüffelt und Informationen gesammelt. Bald haben wir alles zusammen."

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Mit geschlossenen Augen lag ich auf meinem Bett in der Wohnung der Miya-Zwillinge. Rose war vor zwei Tagen zurück in die USA geflogen und bis zum Gerichtstermin waren es nur noch vier Tage. In zwei Tagen würden wir Rose folgen und zurück nach New York fliegen. Ich sollte mich freuen, dorthin zurückzukehren, doch ich tat es nicht. Ich fürchtete mich. Es war das erste Mal seit dem Tod meines Vaters, dass ich wieder dort war. Ich hatte furchtbare Angst vor den ganzen Erinnerungen, die zurückkehren würden, sobald ich ankam. Es klopfte an der Tür. "Izumi-chan. Alles in Ordung bei dir, ya?" Ich lächelte Atsumu zu. "Mir geht's gut Tsumu." Er kam hinein und schloss hinter sich die Tür. "Spuck es aus. Was geht in dir vor. Dein Gesicht verrät mir etwas anderes, ya." Leise stieß ich die Luft aus. Er setzte sich auf den Schreibtischstuhl. Wir hatten kurz vorm Schulbeginn meine Schulsachen und mein Eigentum aus dem Haus meiner Familie herausgeholt, damit ich nicht dorthin zurück musste. Seither lebte ich bei meinen Cousins.

Atsumu hörte mir still zu, während ich ihm von meinen Gedanken und Gefühlen über unsere Reise berichtete. "Du brauchst keine Angst zu haben, ya!" Er warf mir ein strahlendes, aufmunterndes Lächeln zu. "Wir sind ja auch noch da. Du kannst so viel weinen wie du willst, wir werden dich nicht verurteilen, ya." Seine Worte waren wie bittersüßer Honig auf meiner Seele. Genau so musste Familie sein. Verständisvoll, liebevoll und immer für einen da. "Danke Tsumu. Das habe ich gerade gebraucht." Er grinste. "Gut. Dann kannst du jetzt bestimmt mit mir Volleyball spielen. Mein doofer Zwilling hat keine Zeit für mich, ya." Das brachte mich zum Lachen. "Gerne. Ein bisschen Bewegung kann nicht schaden."

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*Für diejenigen, die nicht genau wissen, was ein Kredithai ist:

Was versteht man unter Kredithai?Kredithai. Bedeutungen: [1] umgangssprachlich, abwertend: Geldgeber, der Schuldnern Geld zu besonders nachteiligen Kreditbedingungen, das sind meist extrem hohe Zinsen, anbietet.


~𝒟𝒶𝓇ℯ 𝓉ℴ 𝒟𝓇ℯ𝒶𝓂~ Kenma x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt