22. 𝔻𝕒𝕤 𝔾𝕝ü𝕔𝕜 𝕕𝕚𝕖𝕤𝕖𝕣 𝔼𝕣𝕕𝕖

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Kenma stellte das Tablett mit dem Mittagessen vor mir ab. "Sie wollen kein Risiko eingehen, solange die Person, die deine Daten veröffentlicht hat, noch frei rumläuft." Unsicher schaute ich zu ihm hoch. "Und was machst du dann hier?" Kenma ließ sich neben mir fallen. "Dir Gesellschaft leisten, würde ich mal sagen." Er gab mir die Essstäbchen. "Du solltest unbedingt mehr essen. Heute morgen hast du auch nur ein paar Früchte gegessen." Er hatte mich beobachtet? Stille füllte den Raum, als ich den Löffel in die Hand nahm, um die dampfende Nudelsuppe zu essen.

"Ich möchte mich bei dir entschuldigen." Kenma brach die Stille. Unsere Blicke begegneten sich. "Das alles wäre nicht so ausgeartet, wäre ich vorsichtiger gewesen. Ich habe nicht nachgedacht, welche Folgen sich daraus ergeben." Seine Ohren verfärbten sich und wurden hellrosa. "Ich wollte in diesem Moment einfach nur für dich da sein..." Ich wusste, dass alles, was passiert war, nicht seine Schuld war. Dinge geschahen zu einem unglücklichen Zeitpunkt am falschen Ort, ich konnte es ihm nicht übel nehmen, egal wie sehr ich mich anstrengte. "Ich weiß..." Mein Herz drohte aus meiner Brust zu springen. Ich hatte ihn die letzten Tage so sehr vermisst.

"Kenma?" Ich legte mein Besteck beiseite. Er musterte mich mit halb geschlossenen Augen. "Hm?" Mein Blick richtete sich aus dem Fenster. "Bist du sauer auf mich?" Nachdenklich legte er den Kopf schief. "Habe ich denn einen Grund, sauer auf dich zu sein?" Es gab tausend Gründe. "Wegen mir stehst du jetzt negativ im Rampenlicht. Ich habe dir so viele Probleme bereitet und ich habe dich...nach unserem Kuss von mir weggeschoben. Es gibt so viele Gründe, sauer auf mich zu sein." Kenma seufzte leise. "Ich bin nicht sauer auf dich. Ich war auch nie sauer auf dich. Ich weiß nur nicht, wie ich mich in deiner Gegenwart verhalten soll."

Was meinte er damit? "Wie du dich verhalten sollst?" Kenma lehnte sich zurück und lachte leise. Seinen Arm hatte er über seine Augen gelegt. "Verdammt. Eigentlich wollte ich dir nur etwas zu essen bringen... Eigentlich hatte ich noch nicht vor, dir meine Gefühle zu gestehen." In meinem Bauch erwachten die Schmetterlinge. Kenma warf mir einen Blick zu. Seine Wangen hatten mittlerweile die selbe Farbe wie seine Ohren. "Aber anscheinend bleibt mir nichts anderes übrig. Anders würdest du mir nicht glauben." Er richtete sich auf. "Ito Izumi, du bist mir in den letzten zwei Monaten ziemlich ans Herz gewachsen. Du lässt mein Herz laut schlagen, du geisterst jede Sekunde in meinem Kopf herum. Ich bin dir hoffnungslos verfallen."

Mein Herz setzte einen Schlag aus. Hatte ich es richtig verstanden? Dieses Gefühl... Er verspürte es auch. "A-aber warum?" Kenma lächelte leicht. "Muss Liebe einen Grund haben?" Liebe. War ich bereit für diesen Schritt? Unsicher schaute ich zu ihm. "Ich erwarte keine Antwort. Ich weiß, dass du es dir momentan noch nicht zutraust, den nächsten Schritt zu gehen. Aber ich werde auf dich warten. So lange, bis du bereit bist. Mach dir keinen Stress. Kümmere dich erst einmal darum, deine Sorgen abzuarbeiten." Erneut schossen mir die Tränen in die Augen. Ich war echt ein emotionales Wrack. "Egal, wie lange es dauert, ich bin für dich da, okay?" Meine Sicht war verschwommen. Ich nickte heftig. "Komm her." Ich ließ mich von ihm auf die Beine in seine Arme ziehen. "Tut mir leid, dass ich dir diese Gedanken in den Kopf gesetzt habe, Kätzchen. Das wollte ich nicht." Seine Umarmung fühlte sich an wie eine warme, kuschelige Decke, die mich einhüllte und mir Sicherheit gab. "D-danke. Du bedeutest m-mir wirklich viel." Ich spürte, wie er lächelte. "Das freut mich, Kätzchen."

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Nachdem ich aufgegessen hatte, brachte Kenma das Tablett davon. Mein Herz schlug noch immer schnell in meiner Brust. In mir machte sich der Drang breit, mich zu bewegen. Glücklicherweise wurde mein stiller Wunsch erhört. Kurz nachdem Kenma gegangen war, waren Kita-san, Osamu und Kuroo-san zu mir gestoßen, um mir mitzuteilen, dass sie die Übeltäterin gefunden hatten.

"Es handelt sich um ein Mädchen aus der Inarizaki Oberschule, eine Erstklässlerin*. Sie ist ein Fan von Kenmas YouTube-Channel. Anscheinend gehört sie zu seinen Hardcore-Fans." Wir verließen den Aufenthaltsraum. "Ihre Eltern wurden bereits kontaktiert. Sie wird fortan vom Trainingscamp ausgeschlossen." Eine Spur von Mitleid machte sich in mir breit. Das Trainingscamp war eines der besten im ganzen Land. Letztendlich hatte sie aber selbst Schuld. Sie hatte nicht nur mir, sondern auch Kenma geschadet. Ihr Fehlverhalten durfte nicht ohne Konsequenzen bleiben, ansonsten würde sie nicht daraus lernen. "Du kannst wieder am Training teilnehmen. Wenn es weitere Zwischenfälle gibt, kümmern wir uns darum. Es wurde beim Mittagessen mitgeteilt, dass jeder, der sich nicht an die neuen Regeln hält, nach Hause geschickt wird." Oh wow. Damit hatte ich nicht gerechnet.

"Es gibt aber auch ein paar Regeln, an die du dich halten musst, Izumi." Kuroo-san tauchte neben mir auf. "Du darftst das Gelände nicht alleine verlassen. Zudem sollten Kenma und du vermeiden, öffentlich miteinander zu kommunizieren. Wir wollen nicht, dass noch mehr Öl ins Feuer gegossen wird." Zustimmend nickte ich. Er beugte sich etwas zu mir herunter. "Ich habe es deiner Schwester nicht erzählt. Mach dir deswegen keine Gedanken." Erleichterung machte sich in mir breit. Hikaru nutzte die sozialen Medien zum Glück nicht, weswegen sie vorerst nichts von der ganzen Sache erfahren würde. Und solange Hikaru es nicht wusste, würde meine Mutter nichts davon erfahren.

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Nach der Mittagspause nahm ich wieder am Training teil. Atsumu empfing mich mit offenen Armen. "Izumi-chan, da bist's ya wieder." Ich lächelte ihn an. Oikawa rümpfte die Nase, bevor er das Wort erhob. "Wir beginnen jetzt mit dem Training unserer Spielposition, dem Zuspieler. Vorher möchten wir uns gerne ein Bild davon machen, wie es um eure Spielerfahrung steht." Er stellte die Übung vor, die wir absolvieren sollten. "Spielt den Ball bitte erst zu Kozume-san. Dieser wird den Ball annehmen und euch zurückspielen. Danach passt ihr den Ball direkt zu Miya-san, er wird ihn dann über das Netz spielen."

Ich fokussierte mich auf meinen Körper. Während ich den anderen bei ihren Versuchen zuschaute und ihre Schritte analysierte, überlegte ich, in welchem Winkel ich stehen musste, um den Ball bestmöglich spielen zu können. "Izumi, du bist dran." Ich warf den Ball hoch und lief los. Kenma nahm ihn problemlos an und spielte ihn zurück. Er zwinkerte mir kaum merklich zu. Der Ball landete perfekt in meinen Händen. Ein kurzer Blick reichte, um auszumachen, wo sich Atsumu befand. Als er hochsprang, spielte ich ihn in seine Hände. "Woahhh, der war gut, ya." Atsumu rieb sich zufrieden die Hände. Ich bedankte mich für sein Kompliment.

Danach ging es weiter. Oikawa-san hatte sich Notizen gemacht, woran wir in den nächsten zwei Wochen arbeiten sollten. Während wir uns gegenseitig einige Bälle zuspielten, unterhielten sich Kenma, Atsumu und er miteinander, um den weiteren Verlauf zu besprechen. "Kommt mal bitte zusammen." Neugierig versammelten wir uns. "Wir haben beschlossen, wie wir weitermachen werden. Wir werden uns in drei Gruppen aufteilen und dann individuell an euren Stärken und Schwächen arbeiten. Die Gruppen wurden durch Ähnlichkeiten im Spielverhalten gebildet." Oikawa-san lächelte herausfordernd. "Kato Ruri und Sato Sakura: Ihr bildet ein Team. Miya-san wird euch unterstützen. Tamahiko Teshiro und Shuichi Anahori, ihr arbeitet mit Kozume-san zusammen. Und ihr beide..." Er presste seine Lippen zusammen. "Ihr habt die Ehre, meine Großartigkeit zu eurem Nutzen zu machen." Oh nein, auch das noch.

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* In Japan geht die Oberschule drei Jahre. Wenn man von der Mittelschule in die Oberschule kommt, spricht man davon, dass man im ersten Jahr der Oberschule ist, hat man das erste Jahr abgeschlossen, ist man im zweiten Jahr und so weiter...Deswegen Erstklässlerin. Izumi wäre in diesem Fall eine Zweitklässlerin.

~𝒟𝒶𝓇ℯ 𝓉ℴ 𝒟𝓇ℯ𝒶𝓂~ Kenma x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt