30. 𝔾𝕖𝕗𝕒𝕟𝕘𝕖𝕟 𝕫𝕨𝕚𝕤𝕔𝕙𝕖𝕟 𝕃𝕚𝕔𝕙𝕥 𝕦𝕟𝕕 𝔻𝕦𝕟𝕜𝕖𝕝𝕙𝕖𝕚𝕥

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A/N: Die Trigger-Warnung aus dem vorherigen Chapter gilt weiterhin für dieses Chapter. Sei dir dies bitte bewusst, bevor du dich dazu entschließt, weiterzulesen.
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Osamu brauchte nur knapp 20 Minuten bis zu mir nach Hause. Ich wartete währenddessen mit meinem Rucksack zitternd vor der Haustür. Mein Handy hielt ich dabei fest umklammert. Als das Auto auf die Auffahrt fuhr, atmete ich erleichtert auf. Osamu sprang aus dem Auto und lief auf mich zu. Meine Unterlippe begann zu zittern, dann schluchzte ich erneut auf. "I-ich kann das nicht m-mehr." Er zog mich in eine etwas unbeholfene Umarmung. "Alles wird gut." Ich hörte, wie die Haustür hinter uns aufging. "Hey Tetsuro." Schnell wischte ich mir über die Wangen. "Alles okay bei dir Izumi?" Er trat zu uns hinaus in die kühle Herbstnacht. "Keine Ahnung..." Sein Blick wurde kalt. "So ein perverses Arschloch." Osamu pflichtete ihm bei.

Kuroo schaute in die Ferne. "Diese Familie ist so verdorben. Nichts gegen dich, Izumi, du bist unschuldig und leidest am meisten darunter." Seine Worte überraschten mich. Neugierig versuchte ich seinen Gesichtsausdruck zu deuten, doch ich erkannte nichts außer Kälte und Verschlossenheit. Ich fragte mich, was Kuroo wohl erlebt haben musste, um so über diese Familie zu denken. "Du leidest auch, oder?" Sofort bereute ich, ihm diese Frage gestellt zu haben, denn seine Gesichtszüge verhärteten sich. "Ihr solltet jetzt gehen. Je schneller Izumi von hier ferngebracht wird, desto besser erholt sie sich von dem ganzen Scheiß hier." Osamu hatte den plötzlichen Wandel ebenfalls bemerkt, doch anders als ich ging er nicht darauf ein. Ich gab mir selbst das Versprechen, dass ich ihm helfen würde. Ich würde dahinter kommen, warum er so über meine Familie dachte...

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Wir fuhren zum Onigiri-Laden von Osamu. Seine Wohnung, die er sich mit Atsumu teilte, befand sich direkt über dem kleinen Restaurant. Leise stiegen wir die Treppen hoch in den ersten Stock, ehe er die Tür aufschloss und mich in die gemütliche Wohnung hineinließ. "Atsumu ist heute Nacht nicht hier. Er schläft mit seinen Teamkameraden im Vereinshaus." Osamu nahm mir meine Jacke ab und schaltete das Licht ein. Ich wagte es, mich etwas umzuschauen. Die Tapeten waren in einem lehmfarbenen Kaffeebraun gestrichen und an den Wänden hingen bunte Bilder von irgendwelchen Blumen. Topfpflanzen hingen in Pflanzenaufhängern aus Makramee von der Decke und verströmten einen angenehmen erdigen Geruch. Vom Eingang konnte man in die offene Küche und das Wohnzimmer schauen, welche in farblich passenden Grautönen eingerichtet wurden. Es war einfach nur urgemütlich. "Fühl dich wie zu Hause." Mein Cousin lief lächelnd an mir vorbei.

Ich folgte Osamu zu einer Tür, vor der er stehen blieb. "Hier ist ein freies Zimmer. Bettwäsche findest du im Schrank." Er schaute auf die Wanduhr im Wohnzimmer. "Es ist erst kurz nach zwei. Du solltest versuchen, noch etwas zu schlafen. Ich werde so gegen sechs runter ins Restaurant gehen, um alles für den Verkauf vorzubereiten. Wenn du Hunger hast, kannst du gerne den Kühlschrank durchforsten oder einfach runter kommen." Er lächelte leicht. "Mein Zimmer ist dort drüben. Wenn etwas ist, kannst du gerne zu mir kommen." Ich bedankte mich bei meinem Cousin, der mir darauf versicherte, dass er es gerne tat. Dann wünschte er mir eine gute Nacht und verschwand in seinem eigenen Zimmer. Lange schaute ich ihm noch hinterher, dann betrat ich das Gästezimmer. Zuerst bezog ich das Bett, dann griff ich nach meinen Rucksack und öffnete ihn. Langsam und sorgsam zog ich einen gesprungenen Bilderrahmen heraus und stellte ihn auf den Nachttisch. Das Bild meines Vaters lächelte mich an. Liebevoll strich über die kaputte Glasscheibe. Niemand würde meinen großartigen Vater ersetzen können. Niemand. Niemals.

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Ich schlief kaum. Der Vorfall hatte sich tief in meinen Knochen verankert und wollte mich nicht loslassen. Jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, hatte ich das Bild vor mir, wie der Perversling sich über mich beugte. Ich bildete mir ein, seinen Atem zu hören. Mehrere Male, wenn ich es tatsächlich geschafft hatte, einzuschlafen, schreckte ich hoch, weil ich schlecht geträumt hatte. Um sieben Uhr hielt ich es nicht mehr aus und quälte mich dann aus dem Bett. Mein Handy zeigte mehrere verpasste Anrufe an, darunter drei von meiner Mutter. Ich ignorierte sie und schnappte mir stattdessen ein Handtuch und meine Duschsachen. Eine warme Dusche würde mir sicherlich helfen. Da ich allerdings nicht genau wusste, wo sich das Badezimmer befand, brauchte ich zwei Anläufe, bis ich die richtige Tür öffnete. Ich nahm mir Zeit, um mich gründlich zu waschen. Nach und nach schrubbte ich das ekelhafte Gefühl von meiner Haut herunter. Nach eineinhalb Stunden verließ ich das Badezimmer wieder. Draußen war es mittlerweile hell. Ich nahm erneut mein Handy in die Hand.

Kenma hatte mich angerufen. Ich drückte auf seinen Kontakt und wählte die Nummer. Er nahm direkt beim ersten Klingeln ab. "Wo bist du?" Er klang gehetzt. Unruhe machte sich in mir breit. "Bei Osamu. Ist etwas passiert?" Mein Herz wurde schneller. "Etwas passiert?" Er lachte sarkastisch. "Wenn ich das Schwein in die Finger kriege, dann..." Er wusste es. Kuroo musste es ihm erzählt haben. "Ich komme zu dir." Mit diesen Worten legte er auf. Ich schaute auf den Bildschirm meines Handys. Dann legte ich es wieder beiseite und ging dann zum Kühlschrank. Osamu hatte mit einem Magneten einen kleinen bunten Zettel an die Tür geheftet. Im Reiskocher ist noch Reis und im Kühlschrank steht eine Miso-Suppe. Bediene dich. Osamu Ich lächelte leicht. Es fühlte sich gut an, wenn jemand etwas für dich übrig ließ und an dich dachte.

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Fünfzehn Minuten vergingen, ehe es an der Tür klingelte. Ich schaute durch die kleine Kamera und erkannte Kenma, der am Türrahmen lehnte. Schnell öffnete ich die Tür. Er zog mich sofort in eine Umarmung. Der Duft von Vanille stieg mir in die Nase. Ich liebte seinen Geruch einfach. Er ließ mich jedes Mal erneut dahinschmelzen. "Wie geht es dir, Kätzchen?" Ich schaute zu ihm hoch. "Geht so." Langsam löste ich mich aus seinen Armen. "Können wir bitte nicht darüber reden?" Kenma nickte, allerdings wirkte er dabei ziemlich unglücklich. Es gab aber andere Dinge, die ich mit ihm besprechen wollte. Schnell zerrte ich ihn zum Sofa. "Ich würde mich gerne mit dir über Kuroo-san unterhalten..." Neugierig schaute er mir in die Augen. "Über Tetsuro?" Ich nickte nachdenklich, ehe ich ihm schilderte, was Kuroo heute Nacht gesagt hatte.

"Das bestätigt meine Vermutung." Kenma griff nach meiner Hand und fuhr mit seinem Daumen über meinen Handrücken. "Welche Vermutung?" Er seufzte und schaute dann aus dem Fenster. "Es muss etwas mit seiner Beziehung zu Hikaru zutun haben. Bevor sie zusammengekommen sind, hat er deine Familie in höchsten Tönen gelobt. Aber als er dann schließlich anfing, Hikaru zu daten, hat er sich komplett verändert. Jedes Mal, wenn wir ihren Namen erwähnen, wechselt er das Thema oder gibt nur wage Antworten." Das hatte ich auch gemerkt. Wenn er bei uns war, sprach er nur selten mit mir. Er verhielt sich im Vergleich zu anderen Situationen, in denen ich mit ihm zutun gehabt hatte, komplett anders.

"Jetzt wo du es sagst fällt es mir auch auf." Ich ließ mich nach hinten fallen. Kenmas Gesichtsausdruck wurde dunkel. "Da ist noch etwas anderes, was du wissen solltest." Fragend schaute ich zu ihm. "Seit kurzem hat er jedes Mal, wenn er mit Hikaru zusammen war, mehrere neue blaue Flecken und Blutergüsse an den Armen und Beinen. Was mit dem Rest seines Körpers los ist kann ich nicht sagen, aber so häufig kann man sich nicht verletzen. Es ist nur eine Vermutung, aber..." Mir entwich ein erschrockener Laut. Ungläubig schaute ich ihn an. Ich wusste, was er dachte. Misshandelte meine Schwester etwa ihren Freund?!

~𝒟𝒶𝓇ℯ 𝓉ℴ 𝒟𝓇ℯ𝒶𝓂~ Kenma x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt