18. 𝔻𝕒𝕤 𝕊𝕔𝕙𝕚𝕔𝕜𝕤𝕒𝕝 𝕚𝕤𝕥 𝕖𝕚𝕟... 𝕞𝕚𝕖𝕤𝕖𝕣 𝕍𝕖𝕣𝕣ä𝕥𝕖𝕣?

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Kenma lud meinen Koffer in den Kofferraum seines Autos, während ich vorne auf der Beifahrerseite einstieg. Tausend Fragen schwirrten durch meinen Kopf. Wie hatte er mich gefunden? Was machte er hier? Mein Herz schlug noch immer ungleichmäßig. Ich hatte mich noch nicht ganz vom Schreck erholt. Kenma stieg auf der Fahrerseite ein und startete den Motor. "Bist du angeschnallt?" Ich nickte nur. Langsam rollte das Auto los. Mühelos hatte sich Kenma in den fließenden Verkehr eingeordnet und zuckelte nun hinter der langen Schlange von Autos her. Sein Blick war auf die Straße gerichtet. "Was machst du hier." Ich schaute ihn von der Seite an. "Na was wohl. Ich sammle die verlorene Katze wieder ein." Diese Antwort reichte mir nicht. "Das meine ich nicht, Kenma." Er seufzte leicht. "Ich wollte dich überraschen. Kuroo hat mich gefragt, ob ich bei der Organisation des Trainingscamps helfen kann." Er warf mir einen Seitenblick zu. "Aber dann ist ja einiges passiert und dann hast du auch noch die Station verpasst... Und jetzt bin ich hier." Mit Einiges meinte er wohl die Sache mit dem Kuss. Sofort holte mich mein schlechtes Gewissen ein.

"Es tut mir leid." Die Worte kamen mir leicht über die Lippen. Kenma sah mich kurz an. "Was tut dir leid?" Mein Blick richtete sich auf das Auto vor uns. "Wie ich nach unserem Kuss reagiert habe. Ich war überfordert und wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte und..." Ich verhedderte mich in meinen Worten. Mein Gesicht verfärbte sich und wurde zartrosa. "Ich weiß. Mach dir keine Gedanken. An jenem Tag habe ich dich ziemlich überrumpelt. Du musst dich nicht entschuldigen, okay?" Vorsichtig spähte ich in seine Richtung. "Dann ist zwischen uns also alles wieder so wie vorher?" Er warf mir einen weiteren kurzen Blick zu. "Wenn du es so möchtest, kann ich nichts dagegen einwenden."

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Auch wenn wir uns ausgesprochen hatten, war es nicht wie vorher. Es herrschte ein unangenehmes Schweigen zwischen uns, das keiner von uns brechen wollte und einen Kloß in meiner Kehle auslöste. Nichts war so wie vorher. Und es würde auch nicht mehr so wie vorher sein, nie wieder. Niedergeschlagen schaute ich aus dem Fenster und beobachtete die vorbeiziehende Landschaft. In der Ferne ging bereits die Sonne unter und tauchte die grünen Felder in sanftes, goldenes Licht. Ich dachte an meinen Vater, an die zahlreichen Abende, an denen wir am Meer gesessen hatten, um den Sonnenuntergang zu bewundern. An seine verrückten Geschichten, an sein Lachen, an seine warmen Umarmungen... Ich vermisste ihn so sehr. Mein Herz wurde schwer. Wann würden diese Erinnerungen endlich nicht mehr wehtun? Würde ich jemals mein Leben wieder genießen können? Ohne Stress, ohne Sorgen?

Eine Träne löste sich aus meinen Augenwinkeln. Schnell wischte ich sie weg. Ich wollte nicht mehr weinen. Nicht, solange nicht alles geklärt war. Kenma tippte mich an, ohne die Augen von der Straße zu nehmen. "Hier." Er reichte mir eine Packung Taschentücher. Ohne ihn anzusehen nahm ich sie und zog eines der Tücher heraus, um meine Nase zu putzen. "Danke." Ich legte die Packung zurück. Mein Blick fiel auf mein Handy und mir fiel ein, was ich eigentlich machen wollte, bevor das ganze Desaster passiert war. Ich griff danach und suchte nach meinem Übersetzer, ehe ich die Schriftzeichen eingab. "M...j...a" Leise murmelte ich die Buchstaben vor mich hin, doch sie ergaben keinen Sinn. Ich fluchte leise und versuchte es erneut, sie zusammenzusetzen. "M...i...a" Kenma schaute kurz zu mir herüber. "Meinst du Miya? Wie die Miya-Zwillinge?" Ich zuckte zusammen. Miya? Nein, das konnte nicht sein, oder?

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Als wir auf die Inarizaki-Highschool zufuhren, war ich noch immer tief in meinen Gedanken versunken. Was, wenn ich wirklich mit den Miya-Zwillingen verwandt war? Was sollte ich ihnen sagen? Ich konnte doch nicht einfach auf sie zugehen und sie fragen, ob sie das Erbe für mich annehmen konnten. Es war aussichtslos. Das Auto stoppte. "Wir sind da." Kenma schnallte sich ab und stieg aus. Ich blieb noch ein paar Sekunden sitzen. Ich war so nah dran. Jetzt, wo das Ende in Sicht lag, wusste ich nicht, wie ich handeln sollte. "Izumi, kommst du?" Ich schaute zu Kenma. Er hatte mich nicht Kätzchen genannt... Eigentlich sollte das mich nicht stören, schließlich hatte ich den Spitznamen nie wirklich gemocht, dennoch tat es weh. Mehr als ich zugeben wollte.

Ich stieg aus dem Auto und folgte Kenma, der mit meinem Koffer vorgegangen war. Unruhig nahm ich die Umgebung in Augenschein. "Izumi!" Maru-chan kam auf mich zugelaufen und schloss mich in ihre Arme. Ich erwiderte ihre Umarmung. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie sehr ich das gerade gebraucht hatte. "Geht es dir gut? Hat dir irgendwer etwas angetan, als du alleine warst?" Ich konnte Tränen in ihren Augen erkennen. Beruhigend nahm ich ihre Hand. "Mir geht es gut, Maru-chan. Ich war nur etwas... überfordert und geschockt." Sie nickte heftig. "Dann komm und ruh dich aus, es gibt gerade Abendessen. Danach bringe ich dich in unser Zimmer."

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Nach ein paar Worten mit meiner Trainerin während des Abendessens und einer Begrüßung von einem Mann namens Kita-san durfte ich dann mein Zimmer beziehen. Der Tag hatte mir all meine Energie geraubt. Außerdem musste ich dringend Nachdenken und weiter recherchieren. Nachdem ich meine Sachen im Schrank verstaut hatte, schnappte ich mir meinen Laptop und setzte mich an den kleinen Schreibtisch. Erneut gab ich die Suchworte Ito Kanja und Hyōgo ein, ehe ich die Traueranzeige aufrief und die Schriftzeichen der Namen der Angehörigen in die Suchleiste kopierte. Mein Atem stockte. Das erste Bild, was erschien, war ein Familienbild. Atsumu-san und Osamu-san standen in ihren Schuluniformen mit ihren Eltern und Großeltern zusammen und präsentierten stolz ihr Abschlussdiplom. Ich schluchzte, als ich das Gesicht von Miya Kazuko erkannte. Sie sah meinem Vater so ähnlich.

Es klopfte an der Tür und Maru-chan betrat den Raum. Ich klappte meinen Laptop zu und setzte ein Lächeln auf. "Hinata-san und Kageyama-san sind auch da. Und Tsukishima-san und Yamaguchi-san glaube ich auch." Sie hüpfte auf der Stelle. "Das wird richtig spannend. Ich freue mich, dass wir mit so vielen talentierten Spielern zusammen trainieren dürfen. Wir können viel lernen!" Sie schmiss sich auf ihr Bett. Ich nickte abwesend. "Das ist wirklich eine große Chance." "Ach ja, das habe ich fast vergessen! Ein paar Profispieler sind auch schon da! Kennst du MSBY Black Jackals? Sakusa-san und Atsumu-san sind gekommen und auch Oikawa-san von CA San Juan ist extra aus Argentinien angereist. Ist das nicht cool? Und soweit ich gehört habe, soll Osamu-san auch hier sein. Endlich werde ich die Miya-Zwillinge mal live sehen!" Aufgeregt rollte sie hin und her. Ich schluckte. Die Miya-Zwillinge... Das Schicksal mochte es, mit meinem Leben zu spielen.

~𝒟𝒶𝓇ℯ 𝓉ℴ 𝒟𝓇ℯ𝒶𝓂~ Kenma x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt