33. 𝕋𝕙𝕖 𝕊𝕦𝕟 𝕚𝕟 𝕥𝕙𝕖 𝔻𝕒𝕣𝕜

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"Ist das überhaupt legal?" Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe, während ich mich auf Kenmas Gaming-Stuhl abstützte. Er tippte seelenruhig auf der Tastatur herum. Unmengen von Codes schwirrten über seinen Bildschirm. "Solange wir damit eine Straftat beweisen können ja. Außerdem wird niemand bemerken, dass ich Zugriff auf ihren Computer habe." Er lächelte mir verschmitzt zu. "Mach dir keine Gedanken. Ich werde nicht auf ihre persönlichen Daten zugreifen, solange es nicht für unseren Fall notwenig ist." Mir war die ganze Sache trotzdem nicht geheuer. Unruhig stieß ich mich sanft ab und ließ mich auf seinem Bett fallen. Ich fragte mich immer noch, wie meine beste Freundin auf diese Idee gekommen war.

"Und wie ist das Gespräch mit Kuroo-san gelaufen?" Ich hörte Kenma leise seufzen. Das gleichmäßige Geräusch seiner Tastatur hallte durch den Raum. "Genau so wie ich es vorhergesehen habe. Wir haben fast vier Stunden miteinander geredet. Es hat eine Weile gedauert, bis er sich mir gegenüber vollständig geöffnet hat, was komplett normal ist. Es tut so unglaublich weh, meinen besten Freund so zu sehen..." Seine Stimme wurde leiser. Am Telefon hatte er bereits erwähnt, dass Kuroo-san uns sein Einverständis gegeben hat, seinen Fall in meinen mit aufzunehmen. Er hatte sich auch bereiterklärt, einige Beweise preiszugeben. Ich war ihm so unglaublich dankbar, konnte es ihm aber nicht persönlich sagen. Ich mied jeden Kontakt zu ihm. Nicht, weil ich auf der Seite meiner Schwester stand, sondern weil ich mich vor mir selbst ekelte. Vor meinem Familiennamen und unserer äußeren Ähnlichkeit. Ich sah Hikaru zwar nur ein wenig ähnlich, aber es schmerzte trotzdem. Ich wollte ihn nicht an meine Schwester erinnern.

Kenma hatte meine Stille bemerkt, ging aber nicht weiter darauf ein. Er wusste, was in meinem Kopf vorging und er wusste, dass ich momentan noch nicht darüber reden wollte. Nachdenklich malte ich mit meinem Zeigefinger Kreise auf meinem Bauch. "Ich bin drin." Kenmas Stimme holte mich zurück in die Gegenwart. Schnell rappelte ich mich auf und gesellte mich zu ihm. Er klickte sich gerade durch einen Ordner mit der Aufschrift Geldanlangen. Neugierig beugte ich mich vor, welches Kenma als Einladung sah. Innerhalb von Sekunden hatte er mich auf seinen Schoß gezogen. Leichte Röte stieg mir ins Gesicht, was Kenma mit einem rauen Lachen kommentierte. Ich warf ihm böse Blicke zu, dann konzentrierte ich mich auf den Bildschirm.

"Was ist das?" Ich zeigte auf eine Datei. Kenma klickte darauf und studierte den Inhalt. "Das sind Rechnungen. Alle unbezahlt." Merkwürdig. Am oberen Rand war ein Datum abgedruckt. "Das ist schon über sechs Monate alt!" Die Summe war auch nicht gerade niedrig. Langsam wurde mir klar, warum meine Mutter so scharf auf das Erbe war. Sie wollte ihre Schulden begleichen! Mein Herz wurde schneller. Ich wollte aufspringen, doch Kenma hielt mich zurück. "Warte. Da ist noch eine Datei. Sie trägt deinen Namen." Er öffnete sie. Sofort machte sich Übelkeit in mir breit. "Heilige Scheiße..." Kenma begann zu fluchen. Ich konnte meinen Augen nicht trauen.

Innerhalb von Sekunden brach meine Welt erneut in sich zusammen. Vor mir war meine Geburtsurkunde abgebildet. Alle Daten stimmten überein, bis auf eine Sache. Dort, wo eigentlich der Name meiner Mutter stehen sollte, stand ein anderer: Satō Nanami. Meine angebliche Mutter war nicht meine leiblich Mutter. Auf einmal ergab alles einen Sinn. Deswegen wollte sie mich loswerden. Deswegen sah ich ihr überhaupt nicht ähnlich. Deswegen mochte sie mich nicht. Wie ein Puzzle setzte sich alles neu zusammen. Erleichterung machte sich in mir breit, darüber, dass wir nicht das selbe Blut in uns trugen. Doch die Erleichterung wich der Wut, die durch jede einzelne Ader floß. Warum hatte man mich belogen? Warum... Wie konnte diese Frau es wagen, mir alles zu nehmen, was mir noch blieb?

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Aufgebracht lief ich durch das Zimmer. Ich verspürte diesen unaufhaltbaren Drang, auf etwas einzuschlagen. Ich musste all diese Scheiße ertragen, nur um dann zu erfahren, dass ich noch nicht einmal mit dieser Frau, die sich meine Mutter nannte, verwandt war? Am liebsten würde ich laut schreien. Kenma war gerade dabei, die Dateien auszudrucken. Er würde sie später bei einem Internetcafé einscannen und anonym an meinen Anwalt schicken. "Ich muss raus an die frische Luft!" Der Drang wurde immer stärker. "Warte kurz, ich komme mit." Er verstaute die Sachen in einer Mappe, die er in eine Tasche steckte, dann öffnete er seinen Schrank und holte etwas heraus. Meine Augen wurden groß, als er mir seinen alten Volleyball zuwarf. "Komm, wir sind nur ein paar Minuten vom Park entfernt. Lass uns ein paar Bälle passen."

~𝒟𝒶𝓇ℯ 𝓉ℴ 𝒟𝓇ℯ𝒶𝓂~ Kenma x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt