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"Na komm. Probiere es doch wenigstens einmal", Quinn hielt mir ein Stück seines angebratenen Rehs hin. Vehement schüttelte ich den Kopf: "Auf keinen Fall. Ich esse keine Tiere."
Quinn machte einen Schmollmund und streckte mir das Fleisch noch weiter entgegen. "Warum denn nicht? Ach komm. Bitte, für mich."

Letztendlich ließ ich mich doch erweichen und nahm ihm sein Fleisch ab. Ich biss einmal ab und kaute ihm etwas vor. Tatsächlich schmeckte es hervorragend. Das Fleisch war zarter, als ich gedacht hatte und hatte einen leckeren Eigengeschmack, den ich vorher so noch nie gegessen hatte.

Allerdings wollte ich das vor Quinn nicht zugeben und tat so, als wäre es ungenießbar. Mit einem Lachen sagte Quinn: "Na dann kannst du es mir ja wiedergeben." Er griff danach, doch ich zog es schnell weg und meinte: "Ich habe so großen Hunger, da muss ich irgendetwas essen. Und wenn der Rattenfraß hier das einzige ist, was ich momentan zur Auswahl habe, muss ich wohl damit vorliebnehmen."

Quinn musste noch mehr lachen, er hatte wohl bemerkt, dass mir das Fleisch besser schmeckte, als ich zugeben wollte. Er lehnte sich an einen Baumstamm und genoss sein eigenes Essen.

Es musste eine extrem lange Zeit gewesen sein, seit er das letzte Mal etwas gegessen hatte, denn er verschlang das Fleisch förmlich, sah danach aber immer noch nicht gesättigt aus. Ich reichte ihm mein Stück, doch als er es ablehnte fügte ich hinzu: "Ich bin satt. Für mich ist das erstmal genug Fleisch für einen Tag."

Er grinste mich an, aber ich konnte die Dankbarkeit in seinen Augen erkennen. Ich sah Quinn eine Weile beim Essen zu, jedoch wurde es nach einiger Zeit unangenehm, weswegen ich mich meiner Verletzung am Finger widmete. Ich wickelte den Stofffetzen ein Stückweit ab und begutachtete die Wunde.

Bei meinem beinahe Sturz hatte sie sich wieder geöffnet und jetzt sickerte ein dünnes Rinnsal Blut daraus hervor. Plötzlich saß Quinn neben mir, er streckte die Hand nach meinem Finger aus und meinte: :Lass mich mal gucken."

Nicht gerade behutsam packte er meine Hand und sah sich die Wunde genauer an. Er hielt sie ins Sonnenlicht und drückte ein wenig an den Seiten herum. "Autsch!", rief ich, als er an einer heiklen Stelle herumdrückte. "Nun sei doch nicht so empfindlich", sagte Quinn. Beleidigt zog ich meine Hand zurück und wickelte das T-Shirt wieder drum.

"Wir sollten weitergehen. Wir haben noch eine lange Reise vor uns und wenig Zeit bis zum Abend", erklärte er mir mit in die Ferne gerichteten Blick. Das Feuer wurde gelöscht und die Überreste des Rehs vergraben.

Wir liefen durch den Wald, allerdings konnte ich nicht sagen, in welche Richtung wir gingen.
Wir liefen schweigend nebeneinander her, jeder hing seinen Gedanken nach.

Ich wusste nicht wie lange wir schon unterwegs waren, aber meine Füße begannen höllisch wehzutun. Ich wurde immer langsamer und zerstörte so den gemeinsamen Laufschritt und das Tempo, das wir ohne zu reden gefunden hatten.

Quinn drehte sich zu mir um, als er merkte, dass ich stehen geblieben war. Er kam die paar Schritte zurück und fragte mich was los wäre. Ich stütze mich an einen Baumstamm und hob einen Fuß an. Es hatten sich an der Ferse und zwischen den Zehen kleine Blasen gebildet, die inzwischen aufgegangen waren und bluteten. Meine Füße waren braun vor Dreck und silbern vor Blut.

Quinn machte ein mitleidiges Gesicht, wusste jedoch auch nicht wie er mir hätte helfen können. Er klopfte mir steif auf die Schulter und wir gingen weiter. Es begann bereits dunkler und kälter zu werden. Ich hob meinen Blick und entdeckte etwas. "Guck mal Quinn! Die Bling-Bling Dinger sind wieder da", sagte ich aufgeregt.

Er schmunzelte mir zu und nickte. "Wir sollten uns bald etwas suchen, wo wir die Nacht verbringen können", sagte er mit in den Himmel gerichteten Blick. "Es wird schon spät."

Oasis- Kein EntkommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt