21.

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Mein Kopf schwirrte und meine Sicht war von Tränen vernebelt. Orientierungslos war ich zurück in die Kolonie getaumelt. Ich wusste nicht nach was ich suchte, wo ich hinwollte oder was ich als nächstes tun sollte.

Ich wollte unbedingt zurück nach Hause. Mein altes Leben zurück als ich all diese schrecklichen Gefühle des Verrats nicht kannte, sowie Quinn.
Ich wollte zurück zu meiner Mutter und zu meinen Freundinnen.

Auf einmal kam es mir wie ein schrecklicher Verrat vor, sie verlassen zu haben, um nach einem Mann zu suchen, der mich offensichtlich nicht dahaben wollte.

Ich hätte einfach vermuten sollen, dass ich verrückt sei. Dann hätte ich Bailey irgendwann ignoriert und er hätte mich vielleicht in Ruhe gelassen.

Vielleicht könnte ich ja wieder zurück in die Oasis kehren und so tun, als wäre all dies niemals geschehen. Als hätte ich niemals diese Reise unternommen, niemals Quinn kennengelernt, mich niemals in ihn verliebt und wäre niemals von ihm verletzt worden. Ich hätte Florence, Bailey und Lavy niemals kennengelernt und nie in meinem Leben von meinen Kräften erfahren, sodass ich auch nie würde böse werden können.

Ich schüttelte diese Gedanken aus meinem Kopf und versuchte klar zu denken. All dieses wenn und hätte brachte mir nichts. Es war geschehen und unveränderbar. Jedoch wollte ich tatsächlich zurück in die Oasis. Möglicherweise würden dort einige unschöne Überraschungen auf mich warten, aber das war mir egal. Ich wollte zurück zu meiner richtigen Familie, allerdings wollte ich nicht einfach so aufbrechen.

Ich wollte weder unverabschiedet meinen Vater hinterlassen noch Lavy. Also beschloss ich zuerst mit William zu reden. Ich lief auf die Hütte zu, die ich für seine hielt, und klopfte dreimal an. "Herein", ertönte seine Stimme aus dem Inneren des Häuschens.

Plötzlich zögernd öffnete ich die schwere Holztür und trat ein. Mein Vater saß wieder in dem gleichen Sessel, wie das erste Mal als ich in dieser Hütte stand. "Setz dich", er nickte auf das Sofa zu, langsam folgte ich seiner Aufforderung. Er verschränkte die Hände in seinem Schoß und musterte mich mit schiefgelegtem Kopf eingehend. "Was ist los?", fragte er ahnungslos, doch mich beschlich das Gefühl, dass er doch wusste was mein Anliegen war.

Ich hatte den Kopf gesenkt und blickte auf meine Finger, da er mich auf eine seltsame Art und Weise einschüchterte. "Ich möchte zurück nach Hause", platzte ich auf einmal heraus, womit weder er noch ich gerechnet hatten. Zuerst blieb William still, doch nach einem Augenblick begann er zu nicken. "Ich verstehe."

Ich hob meinen Kopf und sah ihn das erste Mal direkt an. Mir blieb ein Keuchen in der Kehle stecken. Seine linke Gesichtshälfte war zerkratzt und multiple Schnittwunden übersäten seine Arme. Das Hemd war eingerissen und blutige Streifen waren darauf zu sehen. "Was?", brachte ich hervor, doch dann fiel mir eine Schramme an seinem Kopf auf, die sicherlich nicht harmlos war. "Was ist passiert?", beendete ich meine Frage.

Meine Augen waren weit aufgerissen und ich war instinktiv ein Stück vorgerutscht, um ihn besser betrachten zu können. Ein kaltes Lächeln erschien auf Williams Gesicht als er zugab: "Dein Bruder."

Entsetzt schnappte ich nach Luft. Ich hatte mich gewundert, wie Bailey es schaffte zu entkommen, doch hatte ich nicht damit gerechnet, dass er unseren Vater verletzte um dies zu tun. "Wie das denn? Er war gefesselt und hatte die Augen verbunden."

William fuhr sich mit der großen Hand übers Gesicht und seufzte. "Sagen wir es mal so: Bailey ist sehr einfallsreich." Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen, doch ich fragte nicht weiter nach.

Stille legte sich über uns und ich bekam das plötzliche Gefühl diese durchbrechen zu müssen, also platzte ich heraus: "Ich hab es geschafft eine Flamme zu bewegen, ohne wütend zu sein." Einen kurzen Augenblick sagte William nichts, doch dann hob sich einer seiner Mundwinkel. "Das ist ein guter Fortschritt", sagte er mit ein wenig Anerkennung in der Stimme.

Oasis- Kein EntkommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt