19. Kailey

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Ein Gähnen verließ meine Lippen. Ich hatte am Abend zuvor noch lange wachgelegen und über meine Auseinandersetzung mit Quinn nachgedacht. Der Schlaf war erst sehr viel später gekommen, als die Sonne schon beinahe wieder aufgegangen war.

Nun saß ich auf dem Sofa und dachte schon wieder über den Streit nach. Ich hatte früh das Bett verlassen, nachdem ich nachts kaum geschlafen hatte. Quinn und Lavy waren beide noch im Schlafzimmer und schliefen, während ich nachsah, ob es hier irgendetwas zu essen gab.

Als ich meine Niederlage eingesehen hatte, saß ich mich auf die Couch und hatte mich seitdem nicht mehr von der Stelle bewegt.

Schließlich beschloss ich, dass ich nicht mehr tatenlos herumsitzen konnte, sondern irgendwie aus dieser Hütte herausmusste.

Mein erster Versuch galt der Tür. Ich stand auf und lief darauf zu, in der Hoffnung sie sei nicht mehr verriegelt. Als ich daran zog, ließ die schwere Holztür sich tatsächlich öffnen und ich konnte ins Freie treten. Zu meiner Linken und Rechten standen zwei schwer bewaffnete Männer, die grimmig drein guckten.

"Darf ich mich frei bewegen?", fragte ich die beiden aus Höflichkeitsgründen. Ich wollte meinem Vater nicht an meinem zweiten Tag hier direkt einen Grund geben mich zu hassen. Der Mann zu meiner Linken warf mir einen bösen Seitenblick zu und nickte dann knapp.

"Wisst ihr wo Bailey ist? Ich würde gerne mit ihm reden."
Ich hatte keine Ahnung, ob sie mir antworten würden, doch ein Versuch war es definitiv wert.

Der Rechte ließ ein leises Schnauben hören, als könne er nicht glauben, dass ich tatsächlich zu Bailey wollte. "Ich zeige es dir", der Linke zeigte sich kooperativer als sein Freund. Kaum hatte er seine Worte ausgesprochen, lief er auch schon los, sodass ich mich beeilen musste, wenn ich ihm folgen wollte.

Er führte mich über den großen Versammlungsplatz und zwischen ein paar Häusern hindurch. Am abgelegensten Teil der Kolonie angekommen, blieb er vor einer kleinen Hütte, ohne Fenster oder sonstige Fluchtwege, stehen.

"William hat gesagt du würdest mit ihm reden wollen. Ich würde mich allerdings an deiner Stelle in Acht nehmen. Lass ihn bloß nicht die Augenbinde abnehmen. Dein Vater wird später ebenfalls dazustoßen", mit diesen Worten öffnete er die schwer verriegelte Tür und ließ mich eintreten.

Zögernd machte ich ein paar Schritte in das Innere, das dunkel vor mir lag. Die Wache schmiss die Tür hinter mir wieder ins Schloss. Auf einmal bestieg mich ein unsicheres Gefühl, ob ich das tatsächlich tun sollte.

Vor weniger Zeit hatte ich mich mit Quinn darüber gestritten, dass ich nicht alleine mit Bailey sein sollte, und nun stand ich hier in einer dunklen Hütte ohne Fenster mit ihm in einem Raum. Falls er überhaupt hier war. "Bailey?"

Langsam hatten sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt und ich konnte etwas erkennen. Die Hütte bestand nicht wie unsere aus drei Räumen, sondern aus einem einzigen. Es standen keine Möbel darin und es gab auch keine Lampen, Kerzen oder Kronleuchter, die das Zimmer hätten erhellen können.

Mein Blick wanderte durch die Dunkelheit, bis er an einem Schatten in der hintersten Ecke hängen blieb. Wie ein Häufchen Elend saß Bailey auf dem Boden und hatte den Kopf gesenkt. "Bailey!" Mit schnellen Schritten eilte ich auf ihn zu.

Es war schon merkwürdig, wie schnell ich jegliche Warnungen und meine schlechten Gefühle vergessen hatte, sobald ich ihn hilflos am Boden sitzen sah.
Er war in schrecklicher Verfassung. Schweißperlen lagen auf seiner Stirn, die Augen mit dem gleichen Tuch verbunden, wie am Vortag und die Arme über seinem Kopf zusammengebunden.

Ich fiel vor ihm auf die Knie und nahm seinen Kopf in beide Hände. "Geht es dir gut? Wieso bist du hier eingesperrt und warum haben sie dich festgebunden?" Die Fragen sprudelten nur so aus mir heraus, ohne dass ich sie stoppen konnte.

Oasis- Kein EntkommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt