16. Bailey

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Ich konnte es kaum glauben. Ich war tatsächlich mit Quinn, Kailey und einem Mädchen, das ich gerade erst kennengelernt hatte, auf dem Weg zu einem Ziel, das ich nicht einmal kannte.

Die beiden Mädchen liefen voran und unterhielten sich aufgeregt über die verschiedensten Dinge, während Quinn und ich ihnen schweigend folgten.
Wie war es bloß so weit gekommen?
Der blonde Junge neben mir starrte stur geradeaus und weigerte sich auch nur ein Wort mit mir zu wechseln.

Ich konnte es ihm nicht verübeln, immerhin wollte ich genauso wenig mit ihm reden, wie er mit mir. Also verblieben wir in der seltsamen Stille, die bloß unterbrochen wurde durch Kaileys glückliche Lache oder Lavys aufgeregtes Quietschen.

Ich musterte Kailey, sie wirkte auf einmal sehr viel glücklicher als in all der Zeit vorher. Selbst damals, noch in der Oasis bei den Menschen die ihr etwas bedeuteten, schien sie nicht glücklicher gewesen zu sein als jetzt.

Ich konnte mir vorstellen, dass sie Annabelle, Crystal und auch ihre Mutter vermisste, aber die Außenwelt schien sie viel zu sehr zu begeistern, als dass sie zu viel Zeit mit Heimweh verbrachte. Allein bei dem Gedanken, dass Kailey möglicherweise wieder zurück in die Oasis gehen wollen würde, wurde mir schlecht.

Ich hatte, dank Quinn, erst wenig Zeit mit ihr verbringen können und sie noch nicht wirklich kennengelernt. Ich hatte sie in ihrem Verhalten und ihre Angewohnheiten beobachtet, doch das war etwas anderes als sie tatsächlich zu kennen.

Ich wollte, dass sie unsere Verbindung ebenfalls spürte. Das Band zwischen uns das nichts und niemand kaputt machen konnte, nicht jetzt und auch nicht irgendwann anders. Wenn sie das erst einmal begriffen hatte, würde sie für immer bei mir bleiben.

Falls sie doch in die Oasis zurückkehrte, würde ich der Einzige sein, der übrig blieb. Schon bald würde Quinn ihr das Herz brechen und ich würde da sein, um es aufzuheben und wieder zusammenzusetzten.

Vielleicht zog sie Quinn mir noch vor, doch schon bald würde sie zu mir kommen und mich all ihre Tränen trocknen und all den Schmerz lindern lassen. Er sah nicht, was er da hatte und wie dringend er sie hätte halten müssen.

Möglicherweise dachte er ja auch, er könne sie halten, aber in Wirklichkeit hatte er sie nie wirklich gehabt.

"Bailey?" Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können und sah in Kaileys Richtung. "Ja?" Ein kleines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, offensichtlich dass ich eben in meiner eigenen kleinen Welt gewesen war.

"Findest du wir brauchen eine Pause oder sollten wir weitergehen?", fragte sie vermutlich zum zweiten Mal. Ich überlegte eine Sekunde. Wahrscheinlich wollte Quinn weitergehen, also antwortete ich nur um ihn zu nerven: "Ich finde wir sollten wenigstens kurz mal anhalten."

Kaileys Lächeln wurde zu einer nachdenklichen Miene, dann erwiderte Quinn: "Siehst du, habe ich doch gesagt." Und schon sank meine Laune, da ich soeben der Person die ich am Meisten verabscheute, unbewusst zugestimmt hatte.

Kailey zuckte mit den Achseln und lief zu Lavy, um ihr die Neuigkeit mitzuteilen.
"Gute Entscheidung, dann können wir später länger gehen, wenn wir nicht mehr im Schutz der Bäume sind", sagte Quinn zu mir. Er schien nicht wirklich überrascht, dass ich ihm zugestimmt hatte.
"Sicher", erwiderte ich genervt.

Die beiden Mädchen kamen wieder zurück zu uns und setzten sich auf den Boden, gegen einen Baum gelehnt. Kailey klopfte mit einem Lächeln auf den freien Platz neben sich und bedeutete mir so, dass ich mich neben sie setzten sollte. Ich erwiderte ihr Lächeln mit einem Zwinkern und setzte mich zu ihr.

Mit einem Seufzen ließ ich mich nach hinten fallen und legte den Kopf gegen die raue Rinde. Ich öffnete meine Augen und sah Quinn direkt in die Augen. Er starrte zurück und fragte dann: "Lavynia, hast du Lust dir mit mir die Gegend anzugucken und zu sehen wo wir am besten langgehen?"

Oasis- Kein EntkommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt