Im Kopf wiederholte y/n die Aufgabenstellung. Das Spiel hieß zwei Lügen und eine Wahrheit. Jeder Mitspieler musste drei Dinge über sich erzählen. Davon waren zwei gelogen, ein Sache war wahr. Ziel war es die Wahrheit herauszufinden. Man durfte pro Aussage nur einen Verdacht äußern und insgesamt nicht öfter raten als seine Mitspieler, oder zweimal im Spiel bei derselben Person falsch liegen. Wenn man also sagte, Aussage eins war wahr und man lag damit falsch, durfte man sich kein zweites Mal irren, sonst wurde man eliminiert. Und eliminiert zu werden war eine nette Umschreibung dafür, dass einem ein explosives Halsband den Kopf zerfetzte.
Um alle Wahrheiten zu enttarnen hatten sie zwei Stunden Zeit. Erst schien ihr das nach wenig Zeit um Rätsel von Fremden zu lösen, über die sie keinerlei Informationen hatte. Doch umso öfter sie die Aufgabenstellung durchging, desto klarer wurde ihr, dass es womöglich eine einfache Lösung gab, um zu gewinnen. Sie musste nur bis zuletzt durchhalten, und sie durfte niemandem eine Frage stellen. Doch dann wurde ihre Idee unschön. Denn zum Schluss würde sie etwas zum müssen, das ihr zutiefst widerstrebet.
Als y/n das begriff, war sie unfähig sich zu bewegen. Naja, sie bewegte sich schon. Ihr ganzer Körper bebte vor Angst. Nur konnte sie die Bewegungen ihrer Gliedmaßen eben nicht kontrollieren.
Dieses Spiel war anderes als die Spiele, die sie zuvor gespielt hatten. Und das nicht ur, weil sie diese seltsamen elektronischen Halsbänder um die Kehlen trugen. Bisher hatten sie alle Spiele zusammen bewältigen können, im Team. Dabei hatten Yuma und sie gelernt, was die Symbole auf den Karten bedeuteten. Pik stand für die Spiele, in denen man fit sein musste. Oft bedeutete das Anstrengung in einem sportlichen Wettkampf. Wurde das Spiel durch eine Karokarte symbolisiert, hieß das, man musste seinen Verstand einsetzen. In einem Kreuzspiel spielte man im Team. Diese Spiele fielen Yuma und ihr besonders leicht. Auch wenn sie mit anderen zusammenspielen mussten, auf einander hatten sie sich bis jetzt immer verlassen können.
Doch in diesem Spiel war dem nicht so. Das hier war ein Herzspiel. Ihr erstes Herzspiel. Als Belohnung erhielt man die Herz 5 Karte. Doch y/n war sich sicher, dass überhaupt niemand diese Karte bekommen würde. Die Spieler wurden nämlich langsame unruhig, niemand dachte mehr klar. Auch wenn die Aufgabe nicht sonderlich schwer war.
Zwei Wahrheiten und eine Lüge, nur umgedreht. Ein Spiel, dass y/n von früher kannte. Sie hatte es manchmal mit ihren Freundinnen gespielt. Passender Weise war die Location, in der das Herzspiel stattfand, eingerichtet wie das Jugendzimmer eines Teenagermädchens. Klischeehaft mit rosa Teppichboden, bunten Lichterketten, Schminktisch und Postern von Boybands an den Wänden.
Y/n hatte zwei Wahrheiten und eine Lüge auch schon mal mit Yuma gespielt. Damals auf der Uni-Party, auf der sie sich kennengelernt hatten. Auch wenn es weniger ein ernst gemeintes Ratespiel gewesen war, sondern vielmehr ein angetrunkener Flirtversuch von ihm. Klang vielleicht einfallslos, doch es hatte hingehauen. Nach dieser Party hatte es nicht einmal mehr einen Monat gedauert und sie waren ein Paar geworden. Das war jetzt drei Jahre her.
Vor ein paar Wochen hatte er sie dann schließlich gebeten, die Semesterferien mit ihm in Tokyo zu verbringen, damit sie seine Familie kennenlernen konnte. Doch dazu war es nie gekommen. Was genau passiert war, als sie in der Stadt angekommen waren, konnte y/n nicht sagen. Sie wusste nur was sie gesehen hatte, oder vielmehr, was sie nicht mehr gesehen hatte. Kurz nachdem sie die Bahn am Shibuya Crossing verlassen hatten, war es still geworden. Totenstill. Y/n hatte erst Angst gehabt taub geworden zu sein. Anders hatte sie sich das Verschwinden aller Geräusche nicht erklären könne. Doch dann hatte sie Yumas Stimme neben sich gehört und gemerkt, das einfach nur alles, was zuvor Lärm gemacht hatte, weg war. In dieser seltsamen Parallelwelt gab es nicht viele Menschen, keinen Strom, keine lauten Maschinen.
Auch jetzt hörte y/n wieder Yumas Stimme, dicht neben ihrem Ohr. Sie hatte etwas aufgehört zu zittern. Doch der Gedanke, der sie in solche Angst versetzt hatte, war noch da. Aber sie dränte ihn erstmal zurück und konzentrierte sich auf ihren Freund, der neben ihr stand. Doch Yuma klang ganz anders, eher wie ein Fremder. "Wenn das so weiter geht, habe die sich alle gegenseitig abgemurkst, bevor wie noch irgendwas rausfinden können."
Y/n überlegte, was wohl passieren würde, wenn sie einfach aufhörten zu spielen, wenn keiner mehr versuchte die Wahrheit der Mitspieler herauszufinden. Sie hatten das Spiel zu acht gestartet, vier waren bereits ausgeschieden, weil die anderen ihre Wahrheiten enttarnt hatten. Einer der Übrigen, ein fülliger Herr mittleren Alters, stürzte sich nun auf die andere verbliebene Mitspielerin, eine relativ alte Frau. "Sagen Sie mir sofort, was Ihre Wahrheit ist. Ich werde es sonst aus Ihnen herumprügeln. Glauben Sie mir, das tue ich."
"Hey!", y/n hatte unüberlegt gehandelt. Bei genauerem Nachdenken sollte sie sich wohl nicht mit dem Typen anlegen. Er war mindestens doppelt so breit, wie sie. Doch nun war es schon zu spät.
"So spielt man das Spiel nicht", setzte sie also hinterher. Erst war sie nicht sicher, ob der Mann ihr Englisch verstanden hatte. Durch Yuma verstand sie zwar einige japanische Worte, aber sprechen konnte sie die Sprache kaum. Vor allem nicht in einer solch nervenaufreibenden Situation, da fiel es ihr ja schon schwer überhaupt zu sprechen. Sich an irgendwelche Vokabeln zu erinnern, die ihr Freund ihr mal zum Spaß beigebracht hatte, das konnte sie gleich vergessen.
"Von dir lass ich mir nichts sagen, Göre", entgegnete der Mann und kurz darauf schlug seine Hand auf die Wange der alten Frau, die er grob am Kragen gepackt hatte. Die kreischte unter Schmerzen, gab aber nicht die verlangte Antwort. Also schlug der Mann erneut zu, diesmal mit der geballten Faust. Hilfesuchend drehte y/n sich zu Yuma. Doch schon als sie ihn ansah, wusste sie, dass es umsonst war. "Er hat vielleicht gar nicht so unrecht."
"Yuma! Nicht!" Mit entsetzt affenstehendem Mund, beobachtete y/n, wie Yuma neben den Mann trat.
"Sagen Sie uns Ihre Wahrheit!", brüllte nun auch ihr Freund die Alte an. Seine Stimme verfiel dabei in einen Ton, wie y/n es noch nie von ihm gehört hatte. Dann schlug er die Frau ebenfalls. Doch die sagte weiterhin nichts. So sackte sie schließlich regungslos zu Boden. Anschließend begannen Yuma und der Mann die Wahrheit auseinander heraus zu prügeln.
Y/n hatte währenddessen wieder angefangen zu zittern. Zum einen weil sie Angst vor dem Fremden Mann hatte, Angst vor Yuma, der geholfen hatte diese wehrlose alte Frau totzuschlagen. Aber auch weil ihr der Gedanke von vorhin wieder in den Sinn gekommen war. Wie eine friedvolle Melodie hatte er sich erneut in ihr Bewusstsein geschlängelt und flüsterte ihr zu. Sie wusste genau, dass sie das Spiel gewinnen konnte. Vorausgesetzt die beiden Schläger brachte sich nicht gegenseitig um. Dann würde sie überhaupt nichts mehr tun müssen.
Doch schließlich fiel nur einer, und das war der massige Fremde. Y/n wurde übel, als sie Yuma blutüberströmt auf sich zu taumeln sah. Kurz glaubte sie er würde auch gegen sie die Faust erheben. Dann kam er zu sich.
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Caught in Borderland (German Version)
FanfictionGeplant war eine normale Reise nach Japan. Y/n sollte endlich die Eltern ihres Freundes Yuma kennenlernen. Doch gleich nach ihrer Ankunft in Tokyo, passiert etwas unerklärliches. Die Stadt ist wie leergefegt und y/n ist dazu gezwungen an tödlichen S...