Y/n zögerte ihre Zelle zu verlassen. Chishiya stand bereits draußen. Sie hatte gehört, wie er seine Tür geöffnet hatte.
"Schüchtern passt nicht zu dir", hörte sie ihn schließlich sagen. Warum war er noch da? Das Spiel war vorbei. Hatte das was mit Niragi zu tun? Wollte er nun von ihr wissen, was sie wusste? Dann währe es wohl schlauer sich einfach tot zu stellen und in ihrer Zelle zu bleiben, bis er weg war. Aber er wusste, dass sie nicht tot war. Er wusste, dass sie ihm vertraut hatte und er hatte ihr immerhin das richtige Symbol gesagt. Also trat sie ebenfalls aus ihrer Zelle.
"Was willst du? Das Spiel ist vorbei." Die Frage war ernst gemeint.
"Du hast das mit den Keksen rausgefunden, ganz allein", erklärte er, was y/n aber nur weiter verwirrte.
"Da war ich doch nicht die Einzige."
"Stimmt. Das heißt aber nicht, dass es leicht war, darauf zu kommen. Vor allem wenn man kaum Japanisch spricht." Y/n war dennoch nicht klar, worauf er hinaus wollte. Vielleicht hatte sie sich mittlerweile oft genug darüber beschwert, dass keiner anerkannte, dass auch sie Enji durchschaut hatte.
"Ich wäre früher nie auf die Idee gekommen sowas in Erwägung zu ziehen, aber wir sollten uns zusammen tun."
"Hä?", stieß sie aus, als wäre sein Vorschlag das Abwegigste, was sie je gehört hatte. Er legte den Kopf schief und sah sie an, als wäre auch er überhaupt nicht begeistert von seiner eigenen Idee. "Glaub mir, wenn ich andere Möglichkeiten hätte, würde ich diese wahrnehmen. Du bist unglaublich anstrengend und aufmüpfig. Aber dumm bist du nicht, im Gegenteil. Weißt du, ich könnte Hilfe gebrauchen, so schwer es mir fällt, das zuzugeben."
"Wobei?", sie wollte es ihm nicht so leicht machen und sich sofort entscheiden. Immerhin ging er ihr auf die Nerven, seitdem das Spiel des Herzbuben begonnen hatte. Soeben hatte er es geschafft ihr ein Kompliment zu machen und sie gleichzeitig zu beleidigen. Sie schätzte zwar Ehrlichkeit, aber er hatte eindeutig keine Ahnung, wie man Menschen für sich einnahm. Obwohl... Das erschien ihr recht abwegig. Er war doch ziemlich schlau. Stellte er sich also mit Absicht so blöd an? Aber warum sollte er das tun?
"Ich hab meine Freunde verloren..."
"Du hast Freunde?", platzte es ungläubig aus ihr heraus, womit sie ihn unterbrach. Tadelnd hob er die Brauen, ging aber nicht auf ihren Ausruf ein. "In diesem Spiel wäre alles einfacher gewesen, wenn ich jemanden gehabt hätte, dem ich vertrauen kann."
"Du hattest Ippei", erinnerte sie ihn.
"Er war für sowas nicht gemacht, er war zu gut", Chishiya klang fast ein wenig traurig, als er das sagte. Doch dann sah er y/n wieder an und sofort wurde sein Gesicht wieder missbilligend. "Du hingegen hast genau das richtige Maß an Trotz und Überheblichkeit um in dieser Welt bestehen zu können."
"Na schönen Dank auch", zischte sie ihm beleidigt entgegen. Von Überheblichkeit brauchte er ihr überhaupt nichts erzählen, denn darin war er unangefochtener Vorreiter. Auch jetzt blieb er wieder unbeeindruckt von ihrer Reaktion, als hätte sie rein gar nichts mit ihm zu tun.
"Du bist doch ohnehin allein", stellte Chishiya dann plump fest. Y/ns erster Drang war zu widersprechen. Aber hatte er wirklich Unrecht? Der einzige Name, der ih einfiel, war Niragi. Und auch wenn sie leider zugeben musste, dass der irgendetwas an sich hatte, was y/n ansprach, war ihre Angst vor ihm größer. Sie hatte nicht vergessen, wie sie sich gefürchtet hatte, als er sie ihn den Kühlraum gedrängt hatte.
Also nickte sie schließlich, zwar nur kurz und knapp, doch sie gab Chishiya ihr Einverständnis.
So gingen sie zusammen los. Y/n hätte beinahe ihren Rucksack vergessen, sodass sie nochmal zurückgehen musste, um ihn aus seinem Versteck zu holen. Chishiya quittierte das nur mit einem genervten Seitenblick auf sie.
"Aber", während sie nebeneinander das Gebäude verließen, regten sich in y/n plötzlich Zweifel. "Auch wenn es in diesem Spiel hilfreich war, können wir nicht mehr zusammen spielen. Nie wieder!"
"Warum?", er klang nicht besonders interessiert. Y/n antwortete ohnehin nicht direkt. Gerade waren sie nach draußen getreten. Sie genoss für einen Moment die frische Luft und die Sonnenstrahlen, bevor sie sich erklärte. "Ganz einfach. Du bist verdammt clever. Ich sag es ungern, aber im Ernstfall hättest du wohl das Zeug mich zu töten."
Chishiya entgegnete nichts. Wahrscheinlich kam er sich jetzt blöd vor. Erst willigte sie ein mit ihm zu gehen, zusammen zu arbeiten. Dann sagte sie aber doch, sie würde nicht mehr demselben Spiel beitreten wie er.
"Immerhin habe ich dann etwas Gesellschaft, während ich meine Gruppe suche", sagte er schließlich, doch wieder schnitt sie ihm unwirsch das Wort ab. "Klar, dass hast ausgerechnet du auch so unglaublich gern."
Doch auch wenn sie nicht glaubte, dass er ihre Anwesenheit wirklich genoss, so wollte sie ihn ungern verlassen. Nicht weil er ihr besonders ans Herz gewachsen war. Aber will sie plötzlich Angst bekam. Angst davor allein zu sein. Denn wenn sie allein war, würde sie an Yuma denken. Sie hatte sich mit dem Tod ihres Freundes noch nicht auseinandergesetzt. Sie hatte den Herzbuben gespielt und davor war Niragi... Oh nein! Niragi!
Plötzlich blieb sie stehen, als wäre sie gegen eine unsichtbare Wand geprallt. Wenn Niragi rausfinden würde, dass sie Chishiya kennengelernt hatte, mit ihm zusammengearbeitet hatte, wo Niragi doch einen solchen Groll gegen ihn hegte... Würde Niragi ihr das übel nehmen? Y/n schätzte jedenfalls ja. Tatsächlich glaubte sie sogar, er würde verdammt wütend werden. Und sie war sich unsicher ob sie das überleben würde. Immerhin hatte Niragi auch gesagt, er wolle Chishiya umbringen. Wer wusste dann schon was er y/n antun würde, wenn er herausfand, dass die sich mit seinem Feind zusammengetan hatte? Y/n wusste zwar, dass sie Niragi nichts schuldig war, aber mit Sicherheit sah er das aber anders. Er würde es bestimmt so drehen, dass er am Ende der Verratene war. Ja, genau so schätzte y/n den Schwarzhaarigen ein. Deswegen konnte sie nicht zurück zu Niragi gehen.
"Y/n?", Chishiya rüttelte an ihrer Schulter.
"Ich will deine Gesellschaft auch!", rief sie vielleicht etwas zu bestimmt, als sie sich aus ihren Gedanken befreit hatte. Chishiya sah sie so befremdlich an, als hätte sie sich aufdringlich stürmisch an ihn geklammert. Sie überlegte ihm das mit Niragi zu erklären, um ihre Worte zu rechtfertigen. Immerhin hatte Chishiya ohnehin schon eins und eins zusammengezählt und wusste, dass er Niragi mit dem Feuer nicht getötet hatte. Doch es wollte y/n nicht über die Lippen. Sie konnte nicht einschätzen, was sie bei Chishiya auslöste, wenn sie Niragis Namen aussprach. Und da er das Thema bis jetzt nicht mehr selbst angesprochen hatte, wollte y/n ihn nicht wieder daran erinnern.
"Du hast Recht, ich bin allein. Und ich bin nicht gern allein", verkündete sie also stattdessen.
"Wirklich? Ist mir nicht aufgefallen, du bist immer so in dich gekehrt", entgegnete Chishiya sarkastisch.
"Hey!", fuhr sie ihn erzürnt an. "Ich komm gut allein zurecht, wenns sein muss."
Er quittierte das nur mit einem vielsagenden Zucken. Sie stöhnte, er ging ihr unglaublich auf die Nerven. Aber wenigstens hatte sie vor ihm keine Angst.
Damit ihre Diskussion nicht doch noch ausartete, verzichtete sie darauf auf die provokante Geste einzugehen. Also gingen sie schweigend weiter.
Gerade als sie das Tor, welches das Gelände des Teio Gefängnis abgrenzte, passiert hatten, tat es einen heftigen Schlag. Chishiya zuckte kaum zusammen, doch y/n wand sofort erschrocken den Kopf gen Himmel. Das Luftschiff, an dem die Karte des Herzbuben gehangen hatte, ging über ihnen in Schall und Rauch auf.
"Ach du heilige...", beeindruckt sah y/n zu, wie immer wieder Teile von oben auf das Gefängnis hinabstürzten. Weil Chishiya aber schon ungerührt weitergegangen war, musste sie sich schließlich von dem unglaublichen Anblick losreißen und rannten ihm nach.
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Caught in Borderland (German Version)
FanficGeplant war eine normale Reise nach Japan. Y/n sollte endlich die Eltern ihres Freundes Yuma kennenlernen. Doch gleich nach ihrer Ankunft in Tokyo, passiert etwas unerklärliches. Die Stadt ist wie leergefegt und y/n ist dazu gezwungen an tödlichen S...