Ein unausstehlicher Verbündeter

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Geweckt wurde y/n von einem Rascheln. Sie brummte, was für ein nerviges Geräusch. Aber schlimmer noch war das harte Gefühl an ihrem Kopf. Als würde sie auf dem blanken Boden... Sie schoss in die Höhe, wie von Blitz getroffen. Sofort war sie hellwach. Ihr Rucksack war weg. Und dieses Rascheln... Jemand bediente sich an ihren Vorräten!

"Hey!", schrie sie und entriss dem Dieb, der etwas weiter weg stand, ihr Eigentum. Als Antwort erklang ein schmerzerfülltes Kreischen. Erst jetzt erinnerte sie sich wieder an den Verwundeten und das abgebrannte Haus. Wie lang hatte sie geschlafen, dass sie das hatte vergessen können?

"Entschuldigung." Schuldbewusst sah y/n, dass die Hände >die den Rucksack gehalten hatten< noch sehr rosig und empfindlich aussahen. Trotzdem konnte sie dieses Verhalten nicht dulden. "Das Essen gehört mir. Du kannst es nicht nehmen ohne zu fragen."

Zur Antwort erhielt sie nur ein Knurren. Doch y/n blieb dabei. "Hör auf mich anzuknurren. Wenn du darum bittest, geb ich dir was. Aber du kannst dich nicht einfach bedienen. Das ist das mindeste, nachdem ich die versorgt habe."

Nun trat die Person auf sie zu und baute sich in aller Größe vor ihr auf. Y/n war nicht allzu klein, aber sie wusste, wäre dieser Typ nicht verwundet, würde sie sich nicht mit ihm anlegen. Allein von Körpersprache und Stimmlage her, war y/n sich mittlerweile sicher, dass es sich um einen Mann handelte. Einen ziemlich großen Mann, auch wenn er nicht unbedingt älter als sie schien.

Doch weil er eben schwer verwundet war, wagte sie es und gab nicht nach. "Jetzt hör mir mal zu. Entweder du benimmst dich wie ein normaler Mensch, oder ich erinnere dich daran, was für Schmerzen du hattest, als ich dich gefunden habe. Ich hab dir immerhin geholfen, etwas Respekt ist wohl kaum zu viel verlangt."

Die schwarzen Augen des Fremden ruhten auf ihr und funkelten wütend. Y/n wollte von ihm wegtreten, sie hatte Angst sich einen Feind gemacht zu haben. Aber sie wollte sich auch keine Blöße geben. Also standen sie eine Weile so da und starrten sich gegenseitig böse an. Doch dann zuckte der Typ nur die Schultern und streckte die Hände aus. "Bitte?"

Argwöhnisch warf y/n ihm noch einen letzten Blick zu. Aber dann hielt sie ein, was sie gesagt hatte und lies ihn einen Snack nach seiner Wahl, aus ihrem Rucksack ziehen. Es war nicht klug es sich mit dem Typ zu verscherzen. Wie sie schon festgestellt hatte, stand sie ohne Yuma vor einer ernstzunehmenden Sprachbarriere. Und der Fremde verstand immerhin Englisch und Japanisch, das konnte ihr helfen.

"Was ist hier passiert", versuchte sie also ein Gespräch zu starrten. Der dunkelhaarige Verbrannte antwortete nicht.

"Sprichst du kein Englisch?", hackte sie nach, obwohl sie die Antwort ja bereits wusste. Sie wollte nur sein schweigen nicht akzeptieren. 

"Doch", kam es jetzt einsilbig zurück, wobei er sie nicht einmal ansah. Schnell kam sie zu dem Schluss, dass er sich nicht mit ihr unterhalten wollte. Energisch verschränkte sie die Arme vor der Brust.

"Was ist dein Problem?" Nun drehte er sich doch zu ihr um und klang zudem noch reichlich genervt.

"Mein Problem?", stieß sie aus und ihre Stimmlage sprang vor Fassungslosigkeit mehrere Oktaven in die Höhe. "Ich habe dies Trümmer von dir gerollt. Ich habe stundenlang nach deiner Medizin gesucht. Ich habe dich verarztet. Jetzt lass ich die von meinen Vorräten fressen. Du hingegen schaffst es nicht einmal mit eine Frage zu beantworten. Was ist also dein Problem?"

Kurz sah er perplex aus. Dann zuckten seine Mundwinkel, die wie der Rest seines Gesichts mit einer Kruste überdeckt waren, belustigt. 

"Was?", fuhr sie ihn giftig an. Sie fand daran nichts zum Lachen. Amüsierte ihn seine Undankbarkeit etwa?

"Ich versteh schon", er kam jetzt wieder auf sie zu. Diesmal aber weniger einschüchternd. Er schlenderte mehr und spielte anzüglich mit der Zunge an seinem linken Mundwinkel. "Du hast dir von deiner Rettungsaktion mehr erhofft. Gib mir noch zwei, vielleicht drei Tage, dann..."

"Ich glaub du tickst nicht mehr ganz richtig!" Ihr dämmerte, vorauf er anspielte.

"Ach ja?", nun grinste er von einem Ohr bis zu anderen. Doch sie lies sich davon nicht beeindrucken. "Ja, ganz sicher. Hast du dich mal angesehen? Dich wird so schnell niemand mehr anfassen wollen."

Sie wusste, dass es nicht gerade freundlich war, ihm das unter die Nase zu reiben. Aber ihre anfänglichen Hoffnungen, in ihm einen Verbündeten zu haben, hatte sie ohnehin schon vor ein paar Minuten aufgegeben. Mit einem derartigen Ekel wollte sie nichts zu tun haben. Die Beleidigung schien ihn tatsächlich etwas getroffen zu haben, denn er stellte das Grinsen ein.

"Ich mein, es wird schon irgendwann heilen", setzte sie also hinterher, weil sie sich ein bisschen schlecht fühlte. Seine Verletzungen waren schlimm genug, auch ohne, dass sie noch Nachtrat. Doch er nahm ihre Worte nicht an.

Etwas unschlüssig stand y/n nun herum. Eigentlich hätte sie einfach gehen können. Sie mochte diesen Typen nicht und er mochte sie nicht. In dieser abgebrannten Ruine habe es kaum noch etwas, das einen Nutzen hatte. Die sollte zurück in die Stadt gehen, wo die meisten Spiele stattfanden, damit ihr Visa nicht auslief. Zwar hatte sie noch ein paar Tage, aber warum es riskieren? 

Y/n setzte gerade ihren Rucksack auf die Schultern, bereit aufzubrechen, da sprach er sie doch wieder an. "Wir gehen schon?"

"Wir?", überrascht hob sie die Brauen.

"Stell dich nicht dümmer, als du bist. Ich hab kein eigenes Essen und du sprichst kaum die Sprache, in der die Spiele veranstaltet werden." Abwägend neigte sie den Kopf hin und her. Er mochte ein Unsympathischer sein, aber in diesem Zustand war er ihr keine Gefahr. Ein Schlag auf die verbrannte Haut und er würde wieder vor Schmerzen schreien, da konnte y/n sich sicher sein. Zwar war seien Haut etwas angeheilt, aber empfindlich war sie dennoch.

"Na schön. Wenn du mithalten kannst, komm mit. Aber ich werd keine Rücksicht auf dich nehmen, nur weil du verletzt bist."

"Natürlich." Er grinste schon wieder, verspottete sie. Na super. An was für ein Prachtexemplar war sie denn da geraten...


Caught in Borderland (German Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt