Als y/n wieder zu sich kam dröhnte ihr Schädel, als würde ein kleiner Bulldozer donnernde Runden darin drehen. Stöhnend versuchte sie sich aufzusetzen. Es gelang ihr nicht. Was war passiert? Es dauerte einige Sekunden, bis sie sich an Niragi erinnerte, daran, dass er sie bewusstlos geschlagen hatte. Sie tastete ihren Kopf ab. An der rechten Schläfe fand sie eine große klebrige Stelle. Sie hielt sich die Finger vor die Augen, sie waren rot gefärbt. Blut! Wahrscheinlich hatte sie eine Platzwunde von dem Aufprall auf den Buzzer davongetragen.
Y/n versuchte sich erneut in die Höhe zu stemmen, ihre Arme waren ungewöhnlich schwach. Erst beim dritten Versuch gelang es ihr. Beim Aufstehen wurde ihr furchtbar schwindelig. Taumelnd sah sie sich um. Niragi war nicht mehr da. Außer ihr waren nur die drei Leichen ihrer Mitspieler... Moment mal! Soweit sie sich erinnern konnte, hatten nur zwei ihrer Gegenspieler den Raum mit dem roten Knopf erreicht. Wer war die dritte Tote? Y/n kannte die Frau mit den langen rötlichen Haaren nicht. Aber als sie näher an ihren leblosen Körper herantrat, löste sich das Rätsel um ihre Identität schnell. Da stand eine geschmierte Botschaft auf den Boden. Geschrieben waren die Worte mit Blut, genauer dem Blut, das aus dem kleinen Loch im Kopf der Frau floss.
Schon bevor y/n las, wusste sie, von wem die Nachricht war und was sie ihr vermutlich mitteilen würde.
Ich habe die Kreuzdame besiegt.
Deswegen war das Spiel nicht zu Ende gewesen, nachdem sie den Buzzer gedrückt hatten. Deswegen die vage Beschreibung, dass das Spiel gewonnen werden konnte, wenn man seinen Rätselraum verlassen hatte. Die Kreuzdame zu besiegen war wohl eine gemeine Extraaufgabe gewesen. Und Niragi hatte sie >wie es aussah, nach seinen Vorstellungen< bewältigt.
Dank mir später. Ich werde dafür sorgen, dass wir uns wiedersehen y/n. Aber zuerst werde ich das Geschenk benutzen, dass mir die Dame, wenn auch nicht ganz freiwillig, gemacht hat. Ich verrate nicht was es ist. Aber wenn du dir die Tote vor dir genau anschaust, kannst du es vielleicht erahnen. Jedenfalls wird dein neuer Freund bald ein ebenso hübsches Loch in seinem schlauen Köpfchen haben.
Y/n wurde schlecht. Sie wusste ganz genau, wo Niragi hin verschwunden war. Und wenn er sein Ziel erreichen würde, hatten Chishiya und seine Freunde nichts mehr zu lachen. Ihr wurde klar, dass sie ihn aufhalten sollte. Vielleicht schaffte y/n es Niragi einzuholen. Sie wusste zwar nicht, wie lange sie hier gelegen hatte. Aber auch Niragi selbst war in keiner guten Verfassung, er war wohl kaum besonders schnell unterwegs. Vielleicht fand sie ihn, bevor er Chishiya aufspüren konnte.
Also taumelte y/n los. Es kostete sie viel Kraft das Gleichgewicht zu halten. Ihr Kopf hämmerte bei jedem Schritt fast unerträglich schmerzhaft.
Als y/n die Spielhalle verließ, in der sie die Kreuzdame bezwungen hatten, stutzte sie erstmal. Die Straßen kamen ihr grüner von. Lag das an ihrem Sturz? Bildete sie sich das ein, oder waren innerhalb weniger stunden unendlich viele Pflanzen gesprießt? Egal. Einbildung oder nicht, dass tat nun nichts zur Sache.
Glücklicherweise führte erstmal nur ein Weg von der Spielhalle weg, sodass y/n sich gleich für diesen entschied. Sie glaubte nicht, dass Niragi >der ohnehin schon Blut spuckte< noch viel Anstrengung auf sich genommen und einen schwereren Pfad querfeldein gewählt hatte.
Schließlich stand y/n vor einer düsteren Unterführung, die wenig einladend aussah. Da das scheinbar nicht genug war, nahm sie plötzlich noch eine gruselige Bewegung im Schatten der überdachten Straße wahr. Sie zuckte zusammen und trat sofort einige Schritte zurück. Bei genauerem Hinsehen war es aber nur ein älterer Mann, er wirkte schwach, fast tot.
"Hallo?", traute y/n sich also doch auf ihn zuzugehen. Sie bekam keine Antwort. Als sie vor dem Fremden zum stehen kam, sah sie auch wieso. Y/n drehte sich sofort der Magen um. Der Hals des Mannes war blutüberströmt, neben ihm lag ein Messer auf dem Boden. Er musste versucht haben sich die Halsschlagader aufzuschlitzen. Allerdings lebte er noch. Dass sah sie an seiner unruhigen Atmung und dem vereinzelten Blinzeln.
"Guten Tag", sie kniete sich vor ihm auf den Boden. Dabei war ihr wohl klar, dass höfliche Begrüßungen keinem von ihnen etwas brachten. Doch sie brauchte seine Hilfe und wollte ihn nicht verschrecken.
"Bitte", krächzte der Halbtote jetzt und neigte den Kopf etwas in Richtung des Messers. Y/n schluckte. Sie begriff sofort, was er von ihr verlangte. Dass sie das nicht tun wollte, wusste sie auch direkt. Aber würde sie ihm den Wunsch nicht erfüllen, würde er langsam sterben und leiden. Auch das war mit einem schlechten Gewissen verbunden.
"Ich helfe Ihnen", nickte sie also und sah auch umgehend Erleichterung in den Augen des Mannes aufblitzen. Doch bevor sie ihm den Gefallen tat, hatte sie noch eine Frage. "Ist hier jemand vorbeigekommen? Vor mir? Ein junger Mann mit schwarzem Haar, die Haut verbrannt und wahrscheinlich ist er gehumpelt?"
Der Mann vor ihr nickte gleich, obwohl er dabei sehr verängstigt aussah. Aber wer konnte es ihm verdenken. Niragi war jemand vor dem man sich fürchten konnte, wahrscheinlich sogar fürchten sollte. Allerdings war y/n gerade eher besorgt, was Niragi als Nächstes anrichten würde, als das sie Angst vor ihm hatte.
Nun kam doch ein Krächzen aus der Kehle des Mannes. Y/n verstand ihn aber nicht. Mit den Augen machte der Fremde ihr verständlich, sie solle näher kommen. Also rückte y/n mit ihrem Ohr dicht an die blutleeren Lippen des Mannes.
"Er hat gesagt, er würde dafür sorgen, dass man ihn bis zum Ende hasst. Und dann verpisse er sich erhobenen Hauptes in die Hölle." Die Worte kosteten den Mann viel Kraft. Y/n wusste er hatte sich das nicht ausgedacht, er war so schwach, das war keine Lüge wert. Und es klang ja auch irgendwie nach Niragi.
"Ist er in diese Richtung gegangen?", y/n deutete die Unterführung entlang. Der Mann bejahte die Frage flüsternd.
"Also gut", y/n griff sich das Messer, das neben ihm auf dem Boden lag. Sie hatte ihre Antwort, nun galt es sich zu revanchieren. "Ich danke Ihnen."
Dann tat sie, was er zuvor nicht geschafft hatte und schlitzte ihm die Halsschlagader endgültig auf. Es fiel ihr nicht so schwer, wie befürchtet. Vielleicht weil sie ihm den letzten Schritt erleichterte. Vielleicht weil sie ihn aus seinem Elend befreite. Vielleicht weil sie ihn nicht kannte. Oder alles zusammen. Letztendlich hatte sein Tod hatte keine Auswirkung auf ihr Dasein. Wessen Tod ihr aber nahe gehen würde, dass war Chishiyas. Also sah sie zu, dass sie nicht lange Zeit verstreichen ließ und machte sich wieder auf, um Niragi zu verfolgen.
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Caught in Borderland (German Version)
FanfictionGeplant war eine normale Reise nach Japan. Y/n sollte endlich die Eltern ihres Freundes Yuma kennenlernen. Doch gleich nach ihrer Ankunft in Tokyo, passiert etwas unerklärliches. Die Stadt ist wie leergefegt und y/n ist dazu gezwungen an tödlichen S...