Neue Spiele

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Er kam nicht besonders schnell voran, zog humpelnd immer das rechte Bein nach. Y/n machte ihre Drohung nicht wahr. Statt ihn zurücklassen, drosselte sie ihr Tempo tatsächlich. Sie wusste, dass ihm das wieder Material geben würde, um sie auszulachen. Doch zu seinem Glück hielt er den Mund. Wahrscheinlich hatte er genug damit zu tun, überhaupt voran zu kommen.

"Wir können auch eine Pause machen", schlug sie gnädig vor. Sie waren auf halber Strecke, standen ihm Gras, zwischen dem abgebrannten Haus und den ersten Häusern der Stadt. Erst zögerte er, doch dann nahm er das Angebot stumm nickend an. Er stützte sich auf die Knie um zu Atem zu kommen. Y/n trank erst selbst etwas, dann reichte sie ihm das Wasser weiter.

"Du bist nicht so hart, wie das gern wärst." Er grinste schon wieder, als er ihr das Wasser zurückgab. Sie wollte ihm Wiedersprechen, aber er hatte ja Recht. "Und wenn schon. Es hat nichts mit die zu tun. Bild die mal nichts ein."

"Mit was dann?", er schien ernsthaft neugierig.

"Meinem Gewissen", erklärte sie vage, aber ehrlich, weil Yumas Tod ihn absolut nichts anging. Ihr Begleiter grinste wieder. "Was hast du getan, böses Mädchen?"

Sie presste die Kiefer zusammen, entschlossen sich nicht von der unangebrachten Bezeichnung provozieren zu lassen. Aber das brauchte sie auch gar nicht. Etwas ganz anderes zog in diesem Moment ihre Aufmerksamkeit auf sich und damit war ihr Gespräch sofort beendet.

"Ach du heilige Scheiße!", stieß sie ungläubig aus. Ihr Blick war auf die Stadt Gerichte, viel mehr die Dächer Tokyos. Noch genauer das, was dicht über den Dächern schwebte.

"Du siehst das auch, oder?", fragte sie ihren Mitläufer. Dabei gelang es ihr nicht den Blick von dem riesigen Luftschiff zu nehmen, an dessen Unterseite die Karte des Pik Königs hing.

"Die anderen Karten." Er sah es also auch. "Das bedeutet neue Spiele."

"Wir müssen schnell in die Stadt. Wir dürfen nichts verpassen, falls irgendwelche Regeln verkündet werden." Hastig schulterte y/n ihren Rucksack. Jetzt ging sie schnelle, ohne Rücksicht auf ihn. Das durfte sie nicht verpassen, das war gigantisch.

Doch als sie die Satz erreichten, fanden sie dort kein spektakuläres Spielfeld vor. Im Gegenteil. Die Straßen waren ein einziger Friedhof. Wer auch immer hier gewütet hatte, keiner schien seinem Gewehr davongekommen zu sein.

Y/n schluckte beunruhigt. Die Gesichtskarten >mit Dame, König und Bube< standen in der Rangordnung über den nummerierten. Es war nicht verwunderlich, dass so auch der Schwierigkeitsgrad der Spiele gestiegen war. Aber das hier sah nicht aus wie ein Spielfeld, sondern wie ein Massaker. Sie sollten irgendwo unterkommen, wo sie in Sicherheit warten konnte, bis sie wieder spielen mussten. Nicht das sie auf offener Straße abgeknallt wurden. weil sie unvorsichtig waren.

"Na komm, wir müssen uns verstecken. Das ist gar nicht gut." Sie sah zu ihrer Rechten, wo ihr Gefährte gerade noch gestanden hatte, doch er war weg. Y/n drehte sich einmal im Kreis, da entdeckte sie ihn. Der schwarzhaarige junge Mann kniete einige Meter weiter, in einer Blutlache am Boden, und zupfte an der zugehörigen Leiche herum.

"Lass das sein! Wir müssen hier weg", energische ging sie zu ihm und zog ihn in die Höhe.

"Seh ich auch so. Irgendwohin mit verdammt dicken Wänden", gab er einverstanden zurück. Sie wollte sich schon über den recht normalen Satz, ohne feindlichen oder provokanten Kommentar, wundern. Doch dafür hatte sie keine Zeit. Zu groß war die Angst, Ziel des unbekannten Schützen zu werden.

Ein paar Häuserblocks weiter fanden sie schließlich, was sie suchten. Ein leerstehendes Restaurants, dessen abgeschalteter Kühlraum aus dicken Metallwänden bestand und von innen verschließbar war.

"Kuschlig", murmelte y/n während sie den Innenraum beäugte. Einige Lebensmittel waren durch die ausgefallene Kühlung zwar längst verdorben. Aber hier und da sah sie noch was abgepacktes essbares.

"Ich hab schon besseres gesehen", gab der junge Mann, der über ihrem Kopf ebenfalls in den Raum lugte, seine abtuende Meinung. Dabei lies er es sich nicht nehmen, sich von hinten etwas gegen sie zu lehnen.

"Ja, verbrannt unter einem Haufen Steinen zu liegen, war wahrscheinlich tausendmal komfortabler", entgegnete y/n und drückte ihn etwas von sich. "Es ist doch nur für heute Nacht, dass wir sicher schlafen können. Jetzt brauchen wie noch nicht rein zu gehen. Sobald wir die Tür zu machen, wäre es da drin stockfinster."

Nun kam er ihr wieder näher und sie hörte ein Raunen hinter sich. "Und dabei passieren im Dunkeln doch die schönsten Sachen."

Warnend fuhr sie ihren Ellenbogen nach hinten aus, sodass der junge Mann einen unterdrückten Schmerzenslaut von sich gab. "Miststück!"

"Wag es mich anzufassen und du wirst was erleben", drohte sie ihm.

"Vielleicht sollte dich mal wer anfassen. Dann wärst du nicht so spaßbefreit", brummte er, bevor er sie aus dem Weg stieß. "Wie auch immer, ich hab Hunger."

Er ging in den Kühlraum und arbeitete sich durch die Vorräte. Eigentlich hatte sie schon wieder keine Lust mehr auf seine Gesellschaft. Aber schließlich half sie ihm die Sachen einzusammeln, die noch gut waren.

Caught in Borderland (German Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt