Kapitel 32

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Clays PoV

Ich stand vor dem Studentenwohnheim an der Türe und rauchte. Nachdem was George mir erzählt hatte brauchte ich einfach kurz Abstand, um diese ganzen Informationen überhaupt verarbeiten zu können. Wenn er nur wüsste, dass das nicht nur ein Traum, sondern wirklich eine verlorene Erinnerung zu sein scheint. Denn genau so war es passiert.

Ich sollte mich freuen, dass er wohl die ganze Zeit wusste, dass etwas nicht stimmte und nun wusste oder zu ahnen schien, dass es da noch eine Person gab, doch es brachte auch tatsächlich Nachteile mit sich.

Sollte George sich im Laufe der Zeit wirklich an noch mehr erinnern können und dadurch wissen sollte, dass wir uns bereits kannten und eigentlich auch viel mehr als nur das, wüsste ich nicht, wie er darauf reagieren würde.

Selbst wenn er sich langsam wieder an mich erinnern können sollte, musste das nicht heißen, dass er sich an alles erinnern konnte oder seine Gefühle für mich noch dabei existierten. Er würde mich mit anderen Augen sehen.

Zudem er mich vermutlich zur Rechenschaft ziehen würde, warum ich ihm die ganze Zeit nichts gesagt hatte. Aber konnte mir man das denn wirklich übel nehmen? Was würde es ihm bringen von uns zu erzählen, wenn er zu dem Zeitpunkt wie jetzt noch keinerlei Ahnung hat, wer ich eigentlich war?

Dass George wieder in mein Leben geschickt wurde war wie eine zweite Chance. Zwar eine, nach der ich nie verlangt hatte, da es nie Probleme zwischen ihm und mir gegeben hatte, doch dennoch eine zweite nach dem Unfall.

Oder war ich einfach nur feige?
Feige, dass er mich nicht mehr lieben würde?
Feige, dass er sich von mir abwenden würde?
Ja, war ich.

Seit George am College war, dachte ich nur noch über ihn nach. All meine Gedanken, all meine Gefühle - einfach alles drehte sich um ihn. Ich wollte ihn glücklich machen, zum Lachen bringen, beschützen...lieben.

Vorhin war ich so kurz davor einfach alle Karten auf den Tisch zu legen.
Eine Entscheidung, die ich womöglich bereut hätte. Weshalb? Ich log ihm seit seiner Ankunft schon ins Gesicht. Ich tat so, als wäre er ein Fremder für mich. Dabei wusste ich einfach alles über ihn.

Schließlich waren wir zum Teil miteinander aufgewachsen, beste Freunde und zusammen gewesen. Damals hatte ich nicht einmal ansatzweise auch nur darüber nachgedacht ihn je wegen irgendetwas anzulügen. Was war nur aus mir geworden? Handelte ich eigentlich wirklich seinem Interesse wegen oder meinem?

,,Hey'' ertönte plötzlich eine Stimme hinter mir, während ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Ich erschreckte mich so sehr, dass mir selbst die Zigarette aus der Hand gefallen war. Als ich mich umdrehte, sah ich George vor mir stehen.

Während ich ihm in seine so verlockenden Schokoladen braunen Augen starrte, spielten meine Gedanken und Gefühle verrückt. Sag es ihm, sag es ihm!

,,Ich wollte dich nicht an etwas erinnern, was du vermutlich schon verdrängt hast. Tut mir leid'' kam es von ihm. Irritiert musterte ich ihn. Nun gab er sich auch noch die Schuld für das alles oder wie?

,,Es ist nicht deswegen'' entfuhr es meine Lippen, bevor ich mich selbst stoppen konnte. George schaute mir in die Augen, nachdem er seinen Blick gesenkt gehalten hatte.
,,Weshalb bist du dann so herausgestürmt?'' fragte er.

Ich biss mir bereits auf das Innere meiner Wange, um mich von dem aufbrausendem Stechen in meiner Brust abzulenken. Es waren keine Schmerzen, nein. Es waren Schuldgefühle, die in mir wieder hervorstachen. Schuldgefühle, weil ich ihm dermaßen ins Gesicht log. Und nicht nur ihm, auch mir selbst. Einfach jedem.

,,Für heute ist Schluss'' entfuhr es mir nun.
,,Tut mir leid'' war alles was ich sagte, ehe ich ihn dort einfach stehen ließ und dabei war den Campus zu verlassen. Es war mir im Augenblick egal, ob sich meine Sachen noch bei ihm befanden. Ich musste hier weg, um durchatmen zu können.

Man sollte meinen, dass es schon ein Grund zum Feiern gewesen wäre, dass er wohl langsam Erinnerungen an mich zurückgewann, doch irgendwie schien es das Gegenteil gewesen zu sein. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich mir nichts mehr als das gewünscht, doch da lebte ich die aufgebaute Lüge auch noch nicht.

Was, wenn er mir die Schuld für den Unfall geben würde? Das aus seinem Mund zuhören, würde mich zerstören. Jedoch nicht mehr, als wenn er mir sagen würde, dass er mich nicht mehr lieben würde und sich währenddessen vielleicht sogar an alles wieder erinnern konnte.

In mir spielte alles so verrückt, dass ich nur einen Ort kannte an dem ich all das betäuben konnte. Mir war bewusst, dass es noch immer keine Lösung gewesen war, doch in Momenten wie diesen kam es mir dennoch wie eine Erlösung von mir selbst vor.


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Ich kann Clay schon nachvollziehe, nur ist Weglaufen auch keine Lösung. Zudem er George einfach stehen lassen hat, was es auch nicht unbedingt besser macht 👀

Missing PartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt