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Sollte Tara doch tun, was sie für richtig hielt. Sie würde die Hütte mit dem noch glimmenden Lagerfeuer auch ohne seine Hilfe rasch finden und die Fremde auflesen. Dazu brauchte seine Schwester ihn nicht.

Nach der langersehnten Dusche zog er sich in das Gästezimmer des Hauses zurück, das er insgeheim als seinen persönlichen Raum betrachtete, da er der Einzige war, der hin und wieder hier nächtigte.

Endlich von all dem Schmutz und Staub befreit und noch dampfend vom heißen Wasser, holte Nicolas sich bequemere und vor allem intakte Sachen aus der dunklen Eichenkommode. Er verbrachte in solcher Regelmäßigkeit einige Nächte bei Adam und Amia, dass er mittlerweile einen Grundstock an Kleidung und anderer Utensilien hier lagerte. Er hasste es, auf frische Garderobe oder eine nötige Rasur verzichten zu müssen, wenn er es nicht zurück in seine Wohnung schaffte.

Die angesengte Kleidung würde er später in den Ofen werfen, so würde sie ihn nicht weiter an den Vorfall erinnern. Alle Prellungen, Kratzer und Verbrennungen, die er sich zugezogen hatte, waren längst vor seinem Eintreffen in Adams Haus verheilt. Einer der großen Vorteile seiner besonderen Natur: Verletzungen heilten rasant. Trotzdem verursachten sie ihm zunächst die gleichen Schmerzen, wie jedem anderen auch, eine Tatsache, die ihm während der wenigen Sekunden in den Flammen eindrucksvoll vorgeführt wurde. Wäre sein Körper dazu in der Lage gewesen, hätte er gellend aufgeschrien. Nicolas gab es ungern zu, aber der Abend hatte ihn zermürbt. Er brauchte dringend Ruhe und Zeit seine Gedanken zu sortieren. Dann könnte er vielleicht auch die Erinnerungen an die Fremde loswerden.

Das Wummern ihres Herzens in der Dunkelheit und ihr keuchender Atem.

Ihre weit aufgerissenen Augen, als er sie ansah.

Der Duft ihrer roten Haare, die sich nach ihrem Zusammenbruch über ihn ergossen. Noch immer spürte er ihre heißen Atemzüge, die seine Haut zum Prickeln brachten und ihre vor Anstrengung geröteten Wangen glühten in seiner Halsbeuge. Ihr Pyjama verdeckte deutlich zu wenig ihrer wunderbar weißen Haut. Es hatte ihm seinen ganzen Willen gekostet, ihr das nicht zum Verhängnis werden zu lassen. Hastig schob er sie von sich, kontrollierte, dass sie genug Abstand zum Feuer hatte – er war schließlich kein Monster – und floh regelrecht.

Die Erinnerung ließ ihn aufstöhnen.

Als er nach seiner Hose griff, um sie überzustreifen, hielt er inne. Was war das an seinem Knöchel, das sich bis unter seine Fußsohle wand? Die Haut dort zeigte sich deutlich gerötet, fast wund. Er strich mit einem Finger über die Stelle. Es schmerzte nicht, kribbelte aber unangenehm. Nicolas Stirn legte sich in Falten. Doch er war zu müde, um weiter über dieses Rätsel nachzudenken. Vermutlich dauerte die Heilung einfach länger, als er es gewohnt war. Alles würde wieder in Ordnung kommen. Sobald Tara die Fremde in einem Krankenhaus abgeliefert hatte, wäre das Thema erledigt.

♥︎Bad Salvation♥︎ - The Girl With The VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt