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Das Meer begrüßte sie mit einer frischen Brise, und die Herbstsonne schien ungewöhnlich warm für die Jahreszeit. Als die Gruppe endlich den Strand erreichte und sie den weiten Ausblick auf das schäumende Wasser und die majestätischen Klippen vor sich sah, strahlte Amia vor Freude. Die Jungs indessen stürmten voller Tatendrang los, um ihre eigenen Abenteuer zu suchen, und verschwanden in der Ferne in den versteckten Felsspalten.

Melissas Aufmerksamkeit kehrte zu Amia zurück, die bereits mit dem Sammeln von Muscheln und Steinen am Sand beschäftigt war. »Komm, Amia! Zeig mir mal, was dir hier besonders gefällt!« Fröhlich gesellte Melissa sich zu dem kleinen Mädchen und ließ sich von ihr allerhand Schätze zeigen, die im Sand zu finden waren, stets darauf bedacht, sich nicht von einer zu großen Welle erwischen zu lassen, um trockene Schuhe zu behalten. Amia planschte hingegen unbekümmert mit ihren quietschgelben Gummistiefel an der Wasserlinie.

Doch während sie sich amüsierten, konnte Melissa ihren Blick nicht von den imposanten Klippen abwenden. Sie übten eine ungeahnte Anziehungskraft auf sie aus, und sie beschloss, hinzugehen und sie aus der Nähe zu betrachten. »Amia, ich werde mal die Klippen erkunden, okay? Bleib solange hier und später zeigst du mir deinen besten Fund, versprochen?«

Das Mädchen nickte ernst, während ihre braunen Locken im Wind tanzten. »Versprochen. Aber sei vorsichtig! Adam sagt, die Klippen können gefährlich sein. Ich darf da nicht rauf.«

»Ebenfalls versprochen. Ich werde aufpassen.«

Amia nickte und widmete sich wieder ihren Spielen im Sand. Mit aufgeregtem Herzklopfen machte sich Melissa auf den Weg zu den Klippen und kletterte diese Stück für Stück hinauf, um die versteckten Winkel und Höhlen zu erkunden.

In der Zwischenzeit ließ sich Amia am Strand nieder und vertiefte sich erneut in ihr Spiel. Sie sammelte weiter Muscheln und Steine, begeistert von jedem Fund. Zwischendurch warf sie immer wieder einen Blick auf Melissa und winkte ihr fröhlich zu.

»Wow, das ist atemberaubend!«, flüsterte Melissa zu sich selbst, als sie eine beeindruckende Aussicht auf das endlose Meer und einige schroffe Felsen unter ihr erblickte. Die Wellen rollten sanft an den Strand, der vor den Klippen lag, und die salzige Meeresluft erfüllte Melissas Lunge.
Vorsichtig richtete sie sich auf und näherte sich dem Klippenrand auf wenige Zentimeter. Der Wind ließ ihre Haare ausgelassen tanzen und strich ihr über das Gesicht. Melissa war schon immer schwindelfrei gewesen und sie genoss das Gefühl der Freiheit, welches sich bei dem weiten Blick über das Meer von so weit oben ausbreitete. Eine Freiheit, die sie aus dem Leben mit ihrem Vater schon lange nicht mehr kannte.

Eine Freiheit, die jede Einsamkeit schluckte.

Sie war sich sicher, dass der felsige Untergrund auch so nah am Abgrund stabil war, dennoch stellte sie sich für einen Moment vor, was mit ihr passieren würde, wenn sie hinunterstürzte.
Sofort breitete sich Gänsehaut über ihren gesamten Körper aus und kurz schwankte sie und machte einen winzigen Schritt nach vorne.

Ohne das sie es hatte kommen sehen, schoss ein schwarzer Schatten auf sie zu und riss sie nach hinten. Entsetzt schrie sie auf. Ihr Handrücken schürfte hart an einer rauen Steinkante hinter ihr entlang und sie landete unsanft auf ihren Hintern. Verwirrt und heftig atmend saß sie auf der Klippe, ihre Hände zu beiden Seiten neben sich auf den felsigen Untergrund gepresst, in ihrem Rücken die aufsteigende Felswand. Zitternd rutschte sie ein Stück zurück, lehnte sie sich gegen den Felsen und rieb sich fassungslos ihren schmerzenden Handrücken. Neben ihr hockte der schwarze Schatten und blickte sie finster aus Nicolas Augen an.

»BIST DU IRRE?«, fauchte sie ihn, vom Adrenalin durchflutet, an.

»Ob ich irre bin? Wer war denn gerade im Begriff, sich die Klippen runterzustürzen?«

♥︎Bad Salvation♥︎ - The Girl With The VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt