„Wunderschön, findest du nicht?“
Ich erwische mich dabei, wie ich sie anstarre, während sie auf den See schaut und tief, fast genießerisch, Luft holt.
„Absolut“, murmle ich.
Sie schaut mich irritiert an und wird rot.
„Was... Wieso siehst du mich dabei so an?“, fragt sie und schaut verlegen weg.
Ich schnappe erschrocken nach Luft.
„I-ich... wollte damit natürlich nicht sagen, dass du... Ich meine, es sah eben vielleicht so aus, dass ich meinte... Aber... ich würde nie sagen, dass du...“
Sie sieht mich wieder an und wirkt irritiert – und auch ein bisschen gekränkt?
„Die Landschaft hier, sie ist einfach...“, stottere ich weiter, und ihr Blick fällt wieder zu Boden.
„Ich habe nicht gemeint, dass...“
Und dann purzeln die Worte einfach aus mir heraus.
Soll sie es nachher doch scheiß Weaselbee erzählen.
„Aber eigentlich ist es so“, sage ich. „Ich finde nicht nur die Landschaft schön.“
Glückwunsch, Draco.
Würde es Punkte für die peinlichsten Auftritte geben, würde das Hauspunkte-Stundenglas von Slytherin jetzt vermutlich überlaufen oder einfach platzen.
Und der Hauspokal geht dieses Jahr an Slytherin! Dank Draco Malfoy für seinen peinlichen Auftritt vor Hermine Granger bei einem Spaziergang am See, da dieser Auftritt dem Haus eine Million Punkte gebracht hat!
Theo war in der Sechsten so verknallt in ein Mädchen (das erste Mal, waren seine bisherigen Freundinnen doch nur Mittel zum Zweck gewesen), dass er ständig anfing, zu stottern und über seine eigenen Füße gestolpert ist. Wäre mein Kopf damals nicht mit vollkommen anderen Dingen und Sorgen gefüllt gewesen, hätte ich mich vermutlich über ihn totgelacht und ihn ständig aufgezogen.
Gerade kann ich ihn absolut verstehen.
Und dann sehe ich, dass sie lächelt.
Sie lächelt, aber es ist kein Belächeln, es hat nichts Spöttisches, sondern eher etwas Geschmeicheltes.
„Du hast dich so verändert“, sagt sie leise.
Ich schlucke.
Salazar, Weasley wird mich schocken und fesseln und dann, wenn ich wieder wach bin, nach und nach ein Körperteil nach dem anderen von mir mit einem stumpfen Messer abtrennen, angefangen mit den kleinen Fingern, und sie dem Riesenkraken vorwerfen, wenn sie ihm von unserem Gespräch erzählt.
Aber vermutlich ist es das wert.
„Eigentlich nicht“, sage ich. „Ich glaube, mein Geist ist nur endlich klar.“
Mein Geist ist klar? Wohl eher nicht.
Was zur Hölle rede ich für einen Doxymist?
Wieder lächelt sie.
„Vielleicht“, sinniert sie.
Eine Weile gehen wir schweigend nebeneinander her.
Fast hoffe ich, sie fängt nicht wieder an zu reden, einfach nur, weil ich Angst habe, noch mehr gequirlten Eulendreck von mir zu geben.
„Weißt du“, sagt sie genau in diesem Moment. „Es ist nicht einfach mit Ron.“
Oh nein, falsches Thema.
Halt bloß deinen Mund, Draco!
Ich beiße mir auf die Zunge, um ihr nicht zu sagen, was ich von dem rothaarigen Versager halte.
„Tut mir leid“, sagt sie rasch. „Ich sollte dich nicht mit so etwas belasten.“
„Hey“, sage ich. „Dafür sind Freunde doch da, oder?“
Sie wirft mir einen merkwürdigen Seitenblick zu.
„Ich meine“, ergänze ich schnell. „das hast du doch gesagt, oder? Dass wir Freunde sind?“
„Ja“, bestätigt sie freundlich und in neutralem Ton.
„Also, was ist mit Weaselb- Mit Weasley?“
Sie seufzt.
„Vermutlich sollte ich nicht mit dir darüber reden“, beginnt sie. „Aber mit Harry ist es schwierig, er und Ron sind beste Freunde, also steht er natürlich zwischen den Stühlen. Und Ginny... Sie hält zu mir, aber sie ist trotzdem seine Schwester.“
„Mhm“, mache ich zustimmend und schaffe es, dabei total ernsthaft und aufmerksam zu klingen.
Worauf will sie hinaus?
„Weißt du... Ron... Er engt mich irgendwie ein, verstehst du? Ich... habe manchmal das Gefühl, ich kriege keine Luft mehr durch ihn.“
Wow. Das kapiere sogar ich und ich bin eine totale Beziehungsniete.
„Er vertraut dir nicht“, stelle ich nüchtern fest.
Erstaunt sieht sie mich an.
„Ja“, bestätigt sie begeistert.
„Er denkt, du würdest dich auch nach anderen umschauen“, rede ich weiter und hoffe, mich nicht zu sehr aus dem Fenster zu lehnen.
„Ja“, kommt es wieder, ähnlich euphorisch, von ihr. „Ich darf kaum mit einem anderen Jungen reden und er rastet fast aus. Er ist eifersüchtig. Merlin, als ob ein Junge Hintergedanken hat, nur, weil er mich nett auf einer Party anquatscht.“
Hast du eine Ahnung, Kleines, denke ich, aber laut mache ich nur: „Mhm.“
„Ich meine, wie stellt er sich das für die Zukunft vor? Soll ich nie wieder mit einem anderen männlichen Wesen reden dürfen?“
„Naja, eigentlich müsstest du ihn verstehen“, höre ich mich sagen.Moment, was bitte?
„Was?“, entfährt es auch Hermine völlig entgeistert.
„Ach komm“, sage ich und beschließe, einfach mal rauszuhauen, was ich denke. „Das, was da bei euch abläuft, ist ganz normal in einer Beziehung, in der man einfach nicht in der gleichen Liga spielt.“
„Nicht in der gleichen Liga?“
„Ja. Es ist, als würde man einen Sauberwisch mit einem Feuerblitz vergleichen.“
„Was?“
Ok, schlechter Vergleich.
„Sieh mal“, sage ich. „Jungs wie Weasley... Also, wenn ein Typ wie Weasley ein Mädchen wie... Naja, wenn er eben dich bekommt, dann will er dich auch halten. Mit allen Mitteln. Auch, wenn er in Kauf nehmen muss, dich... wegzusperren, sozusagen. Wie... Ja, wie ein wertvolles Schmückstück, das er in ein Kästchen schließt und dann nur für sich herausholen kann, um sich in dem Glanz zu sonnen.“
Sie runzelt die Stirn.
„Du meinst, er schirmt mich lieber vor allem und jedem ab, damit er mich nicht verliert?“
„Richtig.“
„Aber warum glaubt er, dass das nötig ist?“
Ich unterdrücke das Bedürfnis, fassungslos den Kopf zu schütteln.
Klügste Hexe des Jahrhunderts, keine Frage, aber über ihre eigene Außenwirkung weiß sie null.
„Hermine, er denkt, jederzeit könnte jemand Besseres aufkreuzen und du wärst weg.“
„Aber... er müsste doch wissen, dass ich sowas nicht einfach tun würde!“
„Und da wären wir wieder am Anfang. Ich sagte eben doch, er vertraut dir nicht.“
„Er denkt, ich würde fremdgehen oder ihn einfach austauschen?“, empört sie sich.
„Vermutlich.“
„Aber das ist... Es ist keine vernünftige Grundlage für eine Beziehung!“
Ich möchte sie umarmen, in der Luft herumwirbeln und sie als Belohnung für die Erkenntnis auf ein Butterbier einladen.
„Vermutlich nicht“, bestätige ich nur neutral.
Genau genommen ist Weasley ein armes Würstchen. Er weiß genau, wie er neben ihr wirkt und wie groß die Konkurrenz ist.
Moment, ich bekomme doch nicht etwa Mitleid mit Ronald Weasley?
„Das erklärt auch, warum er jetzt schon ständig vom Heiraten redet.“
Ich kann das Würgegeräusch, das mir entweicht, gerade noch so mit einem vorgespielten Hustanfall tarnen.
„Wie bitte?“
Gut, kein Mitleid für den Schwachkopf. Der Typ hat nicht mehr alle Besen in der Kammer! Er will sie nicht wegschließen wie das schöne Schmuckstück, das sie tatsächlich ist, er will sie an sich ketten!
„Ja, der Gedanke ist ein wenig gruselig für mich.“
„Ich... weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll“, murmle ich fassungslos.
Sie bleibt stehen und lächelt mich an.
„Du brauchst nichts mehr zu sagen“, sagt sie. „Du hast mir schon sehr geholfen.“
Habe ich das?
„Es tat gut, mal mit jemandem darüber zu reden. Danke, Draco.“
Sie hebt die Hand, umschließt damit mein Handgelenk und drückt es kurz.
Die Stelle, an der sie mich berührt hat, scheint zu brennen, nachdem sie ihre Hand wieder weggezogen hat.
Ich starre sie an und mein Blick fällt gegen meinen Willen auf ihre Lippen.
Salazar, ein einziger Kuss! Nur ein einziger, damit sie merkt, was sie verdammt noch mal verpasst!
Ich weiß, ich würde sie nicht wegsperren und nicht anketten, wenn sie zu mir gehören würde.
Ich würde sie jeden Tag aufs Neue davon überzeugen, dass sie keinen anderen braucht. Einfach, indem ich ihr zeige, dass auch ich keine andere brauche, nur sie.
Sie muss meinen Blick bemerkt haben, denn leichte Röte ziert ihre Wangen.
„Wir... sollten zurück gehen“, sagt sie.
Sie macht sofort eine Kehrtwende und geht raschen Schrittes zurück zum Schloss.
Ich beeile mich aufzuholen und halte dann leicht mit ihr Schritt, obwohl sie immer noch sehr schnell geht, aber sie ist viel kleiner und ihre Beine sind kürzer, so dass ich mich nicht einmal anstrengen muss.
Im Schloss verabschiedet sie sich mit einem flüchtigen, aber sehr warmen Lächeln von mir und unsere Wege trennen sich.
Es ist Zufall, dass mein Blick nach rechts gleitet und ich einen Rotschopf an einem der unteren Fenster stehen sehe. Und der Statur nach ist es Ronald Weasley. Er starrt mich an, ich merke es sogar über die Entfernung.
Das stinkt gewaltig nach Ärger.
Soll er sich doch zum Hampelmann machen. Seine Freundin ist eine eigenständige Person und kann tun und lassen, was sie will. Und ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen.
Also rucke ich nur provokativ und vermutlich auch ein wenig arrogant mit meinem Kinn in seine Richtung, ehe ich mich umdrehe und gehe.
Theo kommt mir auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum entgegen.
„Merlin sei Dank, da bist du ja endlich!“, sagt er. „Komm mal schnell mit. Es geht um Greg.“
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Friendship and other Disasters (Dramione)
FanfictionFreundschaft ist immer etwas Wunderbares - denkt man. Aber es gibt auch die Freundschaften, die nur in einer Katastrophe enden können. Oder in etwas anderem. // Dramione // Scharf gewürzt - und mit einer Prise Humor...