„Mr Malfoy?“
Ich sehe von meinem Mittagessen auf und blicke in das strenge Gesicht von McGonagall.
Ich bin noch etwas müde, sind wir doch tatsächlich erst vor einer Stunde aufgestanden.
Es ist Samstag, und es ist mein Geburtstag.
Die Jungs fanden es unfassbar witzig, mich um null Uhr mit einem Tischfeuerwerk zu wecken, nachdem sie den Raum mit einem Stillezauber belegt hatten.
Man kann sich vorstellen, dass ich kerzengerade im Bett saß.
Nachdem ich derbe geflucht und mein Kopfkissen nach den anderen geworfen habe, fand ich die ganze Sache dann doch lustig, und als ich mir eine gemütliche Hose und ein T-Shirt übergezogen hatte, setzten sich Theo, Greg und Blaise zu mir auf meine Bettdecke und stießen mit mir mit Butterbierflaschen auf meinen Geburtstag an.
Als sie schließlich auch noch so etwas Kindlich-albernes wie Schokofrösche, Gummischnecken und Lakritz-Zauberstäbe auspackten, musste ich lachen, und als wir später mit Pfefferminzbonbons unsere Ohren sowie mit Pfefferkobolden unsere Münder rauchen ließen, fühlte ich mich an vergangene, unbeschwerte Zeiten erinnert, von denen ich geglaubt hatte, sie vergessen zu haben.
In den frühen Morgenstunden haben wir uns noch einmal hingelegt und sind dementsprechend spät aus unserem Zimmer gekommen.
„Ja?“, frage ich leicht beunruhigt, kann ich mir doch beim besten Willen nicht vorstellen, was die Direktorin von mir möchte.
„Es tut mir leid, dass ich Sie beim Essen störe“, sagt McGonagall. „Haben Sie einen kleinen Augenblick für mich Zeit?“
Mein Blick trifft kurz auf den von Blaise, ehe ich mich erhebe und der Professorin ein paar Schritte folge.
„Erstmal: Alles Gute zum Geburtstag“, sagt McGonagall distanziert.
„Danke“, erwidere ich daher in eher kühlem Ton.
„Mr Malfoy, Ihre Eltern baten mich, Ihnen über Flohnetzwerk gratulieren zu dürfen. Ich finde es zwar äußerst bedenklich, dass die Familie Malfoy wohl nach wie vor der Meinung ist, hier Sonderrechte zu haben, aber grundsätzlich spricht nichts dagegen, also: Finden Sie sich bitte in fünfundvierzig Minuten in meinem Büro ein, ja?“
Ich knirsche kurz mit den Zähnen, sowohl, weil McGonagalls Worte mich ärgern als auch deshalb, weil mir absolut nicht danach ist, mit meinen Eltern zu sprechen.
Sie sehen mich doch schon in ein paar Wochen wieder, warum jetzt dieser Aufwand? Hätten sie nicht eine Eule mit einem Brief senden könnte, so wie früher auch?
„In Ordnung“, sage ich und die Direktorin verschwindet mit einem flüchtigen Nicken.
„Was wollte sie?“, zischt Blaise, kaum, dass ich wieder am Tisch sitze.
„Meine Eltern wollen mich via Floh sprechen, wohl um mir zu gratulieren“, erkläre ich.
„Aha“, macht Blaise und Theo guckt skeptisch.
Ich teile die Vorbehalte der beiden.
Was zur Hölle wollen meine Eltern?Mit einem unguten Gefühl im Bauch betrete ich kurze Zeit später das Büro der Schulleiterin.
Im Kamin warten bereits die Köpfe meiner Eltern und McGonagall erklärt mir, dass ich nach Beenden des Gesprächs einfach das Büro verlassen soll, wir aber maximal fünfzehn Minuten Zeit haben.
Ich nicke und setze mich in den Sessel vor dem Kamin.
Als die Schulleiterin das Büro verlassen hat, ergreifen meine Eltern das Wort.
„Liebling“, kommt es von meiner Mutter. „Alles Gute zum Geburtstag!“
Und mein Vater ergänzt: „Glückwunsch, Draco.“
„Danke“, entgegne ich knapp.
„Hattest du bisher einen schönen Tag?“, fragt Mutter.
Ok, scheinbar wollen sie tatsächlich so tun, als wäre dies hier ein belangloses Gespräch, obwohl ich mir sicher bin, dass es um etwas anderes geht. Aber ich spiele erstmal mit.
„Ja, ich war mit den Jungs zusammen“, sage ich.
Das stimmt.
Bisher hatte ich keine Chance, Hermine zu sehen, da ich so lange geschlafen habe und beim Mittagessen habe ich sie nicht gesehen, aber an den Wochenenden essen auch nicht alle gleichzeitig, es gibt lediglich ein vorgegebenes Zeitfenster für die Mahlzeiten.
„Wie schön. Unternehmt ihr heute noch etwas zusammen?“
„Ja, vermutlich... Warum wolltet ihr mich sprechen?“
„Wir wollten dir gratulieren, Liebling“, sagt meine Mutter verständnislos.
Früher hätte sie mich perfekt täuschen können. Genau genommen habe ich ihr aus der Hand gefressen, aber das ist schon lange vorbei.
Ich habe immer meinem Vater nachgeeifert, obwohl ich im Grunde genommen mehr ein kleines Muttersöhnchen gewesen bin (was ich niemals zugegeben hätte).
Durch den Krieg ist meine Mutter zuerst wieder mehr in meiner Achtung gestiegen, während ich plötzlich Vaters Fehler und Schwächen so abstrus deutlich gesehen habe, dass von heute auf morgen das Bedürfnis, ihm nachzueifern, gestorben ist. Das Verhältnis zu Mutter wurde vorerst enger, so eng, wie es vor Hogwarts gewesen war, denn nach meiner Einschulung begann ich, mich ein wenig von ihr zu distanzieren, einfach, um nicht verweichlicht rüberzukommen.
Doch auch das enge Verhältnis zu ihr bekam in der Endphase des Krieges und in der Zeit danach einen leichten Knacks, erkannte ich doch plötzlich an ihr noch viel manipulativere Züge als an meinem Vater – sie weiß diesen Charakterzug nur besser zu verschleiern. So gut, dass es selbst meinem Vater bis heute nicht aufgefallen ist, dass sie uns geschickt zu beeinflussen und zu lenken weiß. Ja, sie hatte ihre beiden Männer jahrelang im Griff, und bei Vater ist das sicherlich auch immer noch so. Das Geschickte bei Mutter ist nämlich, ihn glauben zu lassen, er hätte die Kontrolle und würde über alles bestimmen.
„Und das ging nicht wie früher per Eule weil...?“
„Draco, sicher verstehst du, dass sich die Dinge verändert haben“, erklärt Mutter und klingt halb gekränkt, halb aufgewühlt. Alles Theater, ich bin mir sicher. „Wir hätten dich fast verloren. Da tut es uns gut, dich endlich wieder zu sehen, damit wir uns vergewissern, dass es dir gut geht. Wir haben uns seit Weihnachten nicht mehr gesehen. Das haben wir auch Direktorin McGonagall so erklärt.“
„Ist klar“, schnaube ich.
„Rede nicht so mit deiner Mutter“, mischt sich nun mein Vater ein.
„Oh, ja, Entschuldigung“, sage ich und versuche, so ruhig es geht zu sprechen, wobei ich nicht wirklich so klinge, als würde ich mich tatsächlich entschuldigen. „Danke auf jeden Fall für eure Glückwünsche. Es ist schön, euch mal wieder zu sehen, und in wenigen Wochen sehen wir uns ja auch endlich richtig wieder. Falls es das von eurer Seite aus war...“
Ich lasse den Satz unbeendet in der Luft hängen.
„Nun, tatsächlich wollten wir mit dir über deine Rückkehr sprechen“, erklärt Vater.
Aha, wir kommen der Sache näher.
„Ja?“
„Deine Mutter und ich haben uns Gedanken gemacht. Nach der... etwas schwierigen Zeit möchten wir deine Rückkehr nach Hause und deinen Schulabschluss angemessen würdigen. Wir haben uns erlaubt, eine kleine Feierlichkeit für kurz nach deiner Ankunft zu planen. Es soll außerdem eine nachträgliche Geburtstagsfeier werden. Wir dachten, das würde dich freuen, insbesondere, da es nicht wirklich möglich war, deine letzten beiden Geburtstage zu feiern. Dies ist besonders traurig, da dein siebzehnter Geburtstag und somit dein Übergang in die Erwachsenenwelt nicht vernünftig gewürdigt werden konnte.“
Ich unterdrücke das Bedürfnis, bei Vaters geschwollener Redensweise die Augen zu verdrehen.
„Im Klartext: Ihr habt eine der typischen Veranstaltung wie in alten Zeiten geplant“, spezifiziere ich.
Ich weiß, dass man nicht wirklich von „kleiner Feierlichkeit“ reden kann, auch wenn meine Eltern die Veranstaltungen im Manor gerne immer runtergespielt haben.
„So kann man es ausdrücken. Wir haben uns gedacht, dass es Zeit wird... Nun, sagen wir, den Namen Malfoy wieder aufleben zu lassen.“
„Verstehe.“
„Die Veranstaltung wird aus offensichtlichen Gründen allerdings nicht im Manor stattfinden“, ergänzt Vater.
Das kommt überraschend.
„Ach?“
„Ja. Verständlicherweise wird das Manor immer noch negativ verknüpft. Daher würden wir die Feier im Stadthaus ausrichten lassen.“
Das Stadthaus ist eins unserer Ferienhäuser, nicht unweit von London entfernt.
„Ich muss gestehen, dass mir nicht nach großen Partys zumute ist“, sage ich ehrlich. „Aber meinetwegen. Warum gerade im Stadthaus?“
„Nun“, antwortet Vater. „Deine Mutter und ich haben uns in diesem Jahr viel dort aufgehalten. Wir überlegen tatsächlich, dort dauerhaft zu wohnen. Es würde unseren Ruf sicher zugute kommen, dem Manor eine Weile den Rücken zuzukehren.“
„Hm“, mache ich.
Unser Ruf, unser Name, unser Ansehen, unsere Reinblütigkeit.
Immer geht es nur darum.
„Und“, fährt Vater fort. „deine Mutter hatte die Idee... Möchtest du selbst?“
Der letzte Satz ist an meine Mutter gerichtet.
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Friendship and other Disasters (Dramione)
Fiksi PenggemarFreundschaft ist immer etwas Wunderbares - denkt man. Aber es gibt auch die Freundschaften, die nur in einer Katastrophe enden können. Oder in etwas anderem. // Dramione // Scharf gewürzt - und mit einer Prise Humor...